Die Stuttgarter Zeitung hat auf einer Podiumsdiskussion Experten zur Lage der Maschinenbaubranche befragt. Die Gesprächspartner blicken optimistisch in die Zukunft.

Stuttgart - Keine andere Branche in Baden-Württemberg beschäftigt mehr Mitarbeiter als der Maschinenbau. Und in keinem anderen Bundesland ist der Maschinenbau so wichtig wie im deutschen Südwesten. Davon profitiert das Land derzeit enorm – doch in der Krise 2009 zogen auch ausbleibende Aufträge für die Renommierbranche die Wirtschaft des Landes nach unten. „Ist das Land zu sehr auf Maschinenbau und Autoindustrie fixiert?“ fragte denn auch Joachim Dorfs, der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, zum Auftakt der Diskussion der Stuttgarter Zeitung und der Unternehmensberatung Roland Berger zum Thema „Maschinenbau – wie geht es weiter nach dem Höhenflug?“

 

Nils Schmid, Baden-Württembergs Finanz- und Wirtschaftsminister, sieht in der Orientierung auf den Maschinenbau keine Gefahr. „Wir müssen unsere Stärken pflegen, ich sehe kein anderes Wachstumsmodell.“ Auch dank des Maschinenbaus, so meint Schmid, stehe die Wirtschaft im Südwesten auf einer soliden Grundlage. Und auch wenn der Branchenverband VDMA damit rechnet, dass der Umsatz in diesem Jahr stagniert – konjunkturelle Sorgen plagen die Branche nicht. Für Furore dagegen, aber auch für Angst bei seinem Beschäftigten, hat Karl Schlecht, der Gründer des Betonpumpenherstellers Putzmeister, gesorgt. Der 79 Jahre alte Schlecht, der eine typisch mittelständische Erfolgsgeschichte schrieb, wartete zum Ende seiner Unternehmerkarriere mit einem Paukenschlag auf: Er verkaufte seine Firma an den chinesischen Baumaschinenkonzern Sany. Das, so meinte er auch gestern Abend, sei eine durchaus richtige Entscheidung: „Mit Sany hat Putzmeister eine gute Zukunft“. Das Reich der Mitte ist für Schlecht das Reich der Zukunft: „China kommt, die haben Hightech-Maschinen und Palmen in den Fabriken stehen“, so euphorisch berichtet er von seinen Reisen. Den einseitigen Vorwurf, die Chinesen kopierten einfach deutsche Technik, weist Schlecht entschieden zurück. Tatsächlich lernten die Chinesen eben von uns. „Wir müssen von unserer Überheblichkeit herunterkommen.“

„Wir bleiben vorne“

Gegen einen Verkauf wie den von Putzmeister hat auch Schmid prinzipiell nichts, aber „wichtig ist, dass die Arbeitsplätze und das Know-how bei uns im Land bleiben.“ Schließlich, so Schmid, „kaufen wir immer noch mehr Unternehmen im Ausland als dies umgekehrt der Fall ist. Wir sollten uns nicht abschirmen.“ Angst, dass die Chinesen Baden-Württemberg den Rang ablaufen könnten, hat Stefan Klebert, der Vorstandsvorsitzende des Göppinger Pressenherstellers Schuler, nicht: „Wir bleiben vorne, wenn wir unseren Wissensvorsprung halten.“ Lediglich zwei Prozent der Mitarbeiter bei dem weltweit führenden Pressenhersteller seien Ungelernte. Das deutsche Bildungssystem bietet nach Meinung von Martin Wittig gute Voraussetzungen, um im Wettbewerb zu bestehen. Er warnt aber auch vor falschen Experimenten: „Das deutsche Bildungssystem ist super, aber wir dürfen nicht jeden Blödsinn mitmachen.“ Als Beispiel nannte der Roland-Berger-Chef die Ausbildung der Ingenieure. „Die Angelsachsen haben die schlechteren Ingenieure“, sagte Wittig – und sprach sich gegen einen Bachelorabschluss in diesem Bereich aus.

So wenig wie in der Bildung gibt es offenbar eine Klemme bei den Finanzen. Generelle Probleme habe es nie gegeben „und solche sehe ich für Deutschland auch nicht,“ meinte Thomas Keller, Statthalter der Deutschen Bank in Württemberg. Dass Banken gerne möglichst risikolose Kredite vergeben möchten formulierte Klebert so: „Wenn Sie gesund und reich sind, bekommen sie Geld.“ Solches weiß der Schuler-Chef aus eigener bitterer Erfahrung: „2010 hatte Schuler nur noch eine Eigenkapitalquote von 15 Prozent. Wir galten als Risikokandidaten bei den Banken.“ Nach der Kapitalerhöhung 2011 seien die Kreditverträge neu verhandelt worden. Seitdem spart Schuler zehn bis 14 Millionen Euro im Jahr.“ Finanzprobleme dürften kein entscheidendes Problem für die Weiterentwicklung von Unternehmen sein. Dennoch aber hält Schmid auch finanzielle Anreize für richtig: Innovationsgutscheine des Landes sollen High-Tech-Firmen anspornen. Geplant sei zudem ein Risikokapitalfonds.

Um den unternehmerischen Nachwuchs im Lande ist Putzmeister-Gründer Schlecht nicht bange. So würden an der Universität Hohenheim unternehmerische Fähigkeiten von Studenten gezielt gefördert. Doch eines galt gestern und gilt nach Meinung von Wittig bis heute: „Ein Unternehmer muss fleißig sein. Und die meisten fleißigen Leute kommen aus diesem Bundesland. “ Damit hatte der Roland-Berger-Chef die Lacher auf seiner Seite - und die Veranstaltung der Stuttgarter Zeitung einen gelungenen Abschluss.