Was kreucht und wächst auf den Feldern und Wiesen um Baiersbronn im Naturpark Mittelschwarzwald? Eltern und ihre Kinder haben sich mit Experten von einer wunderschönen Landschaft und viel Fachwissen begeistern lassen.

Baiersbronn - Sieben Sterne auf knapp 15 000 Einwohner – Baiersbronn (Kreis Freudenstadt) ist vor allem für seine Spitzengastronomie bekannt. Im 19. Jahrhundert wanderten die Einwohner nach Amerika aus, um wegen Missernten nicht zu verhungern, heute pilgern jährlich etwa 800 000 Übernachtungsgäste in die Gemeinde im nördlichen Schwarzwald. Nicht allen Gästen geht es allein um den großen kulinarischen Genuss in den drei Sternerestaurants. Viele Urlauber kommen auch der Natur wegen in das Dorf, das deshalb als „Wanderhimmel“ bezeichnet wird.

 

20 Teilnehmer der StZ-Sommerferienaktion konnten sich von den Baiersbronner Vorzügen selbst überzeugen. Ausgestattet mit Entdeckerwesten, die alle wichtigen Exkursionsmaterialien wie Kompass, Hand- und Becherlupe, Pinzette sowie Bestimmungskarten für Pflanzen und Tiere enthalten, machten sich die Erwachsenen und Kinder auf eine multisensorische Entdeckungsreise durch einen Teil des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord. Begleitet wurden die Teilnehmer von den Naturpädagoginnen Dorothea Schulze und Heidi Bischoff sowie von Nicole Stichling von der Baiersbronn Touristik.

Fundiertes Wissen über Kräuter ist mitunter lebenswichtig

Auf dem Marsch in den Wald gilt es an diesem sonnigen Tag, am Wegesrand und auf den Wiesen essbare Pflanzen und Kräutern zu sammeln. Rasch füllen sich die Körbchen mit Rotklee, Schafgarbe, Spitzwegerich, Mädesüß, Löwenzahn und Frauenmantel. „Das riecht nach Vanille“, stellt der elfjährige Yash fest, als er am Mädesüß schnuppert. Frauke Rick aus Leonberg erinnert der Geruch eher an Marzipan. Heidi Bischoff weiß für das Mädesüß eine ganz besondere Verwendung: „Daraus kann man Gelee machen, das ganz wunderbar zu luftgetrocknetem Schinken passt.“

Wie beim Pilzesuchen komme es auch beim Kräutersammeln auf fundiertes Wissen an, sagt der Gastronom und Kräuterwirt Friedrich Klumpp, der die Wanderer zur Mittagszeit auf einer Waldlichtung in Empfang nimmt. Die Pflanzen, welche die Teilnehmer unterwegs gesammelt haben, sind jedoch alle genießbar und dienen deshalb zur Verfeinerung der Nudeln mit Gemüsebolognese, die Friedrich Klumpp während der Rast im Wald kredenzt. Zur Erfrischung reicht er Kräuterlimonade. Diese hat der Koch zwar schon einen Tag zuvor angesetzt, sie enthalte aber alle Kräuter, die auf dem Pfad gesammelt worden seien, versichert er.

Baiersbronn ist die waldreichste Gemeinde Baden-Württembergs, erfahren die Teilnehmer von der Naturpädagogin Schulze, während es sich alle bei der nächsten Pause auf dem weichen, moosbewachsenen Boden bequem machen. Der „Teppich des Waldes“, wie Schulze das Moos bezeichnet, reinige das Trinkwasser. Außerdem dienten manche Sorten – mehr als 100 gebe es im Schwarzwald – aufgrund ihrer antibiotischen Wirkung auch verletzten Tieren als Medizin.

„Städter wissen oft wenig über die Natur“

Neben der Erkundung der Pflanzenwelt interessieren die Kindern vor allem die Tiere, die Wald und Wiese als Lebensraum haben. Etliche Heuschrecken, Spinnen, Weberknechte und sogar ein kleiner Frosch werden gefangen und mit Hilfe der Becherlupe genau studiert. „Die Heuschrecke sieht irgendwie ein bisschen komisch aus“, stellt der neunjährige Armin bei der Betrachtung eines besonders großen Exemplars fest. Auch im Umgang mit Tieren gelte es, bestimmte Regeln einzuhalten, wie Schulze deutlich macht. „Das ist, wie wenn ich euch mit eurem größten Feind in ein Zimmer sperre und ihr könnt nicht flüchten“, erklärt sie, um den Kindern zu verdeutlichen, warum sich immer nur ein Insekt in dem Plastikgefäß befinden sollte.

Während die Kinder per GPS-Gerät den Rückweg finden, zieht Anna ihr ganz persönliches Fazit: „Ich habe viel Neues gelernt, zum Beispiel, dass man Schafgarbe essen kann“, sagt die Neunjährige. Als „sehr lehr- und abwechslungsreich“ bezeichnet auch der Rentner Ernst Schlack aus Calw die Wanderung. Und die Teilnehmerin Margot Meier aus Stuttgart-Rohr stellt fest: „Die Kinder und die Erwachsenen, die in der Stadt leben, wissen nicht viel über die Natur.“ Deshalb sei solch eine Aktion sehr sinnvoll. In Zukunft – so hat sich die Rentnerin vorgenommen – werde sie mit offenen Augen durch den Wald gehen.