Bei der Firma Ziehl-Abegg erfahren die Teilnehmer der Ferienaktion viel über Elektromobilität.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Künzelsau/Kupferzell - Die Herren sitzen am Tisch und fachsimpeln. „Ich habe vier Enkel“, sagt StZ-Leser Gerhard Burk, „wir alle zusammen haben 20 Enkel. Und die sollen eine gute Zukunft haben.“ Wie ein Teil davon aussehen könnte, erfahren die Teilnehmer der Sommerferienaktion der Stuttgarter Zeitung im Hohenlohekreis. Der Ventilatoren- und Elektromotorenhersteller hat vor zwei Jahren eine neue Fabrik im Gewerbegebiet zwischen Künzelsau und Kupferzell, direkt an der A 6, in Betrieb genommen. In dem Neubau produziert das Unternehmen elektrische Antriebe für Omnibusse. Elektromobilität, davon sind alle Teilnehmer des Ausflugs überzeugt, könnte das Leben lebenswerter machen, weil elektrisch betriebene Fahrzeuge keine lästigen, stinkenden Abgase ausstoßen.

 

Minus 25 Grad – und der Elektromotor funktioniert

Versuche mit dem alternativen Antrieb macht Ziehl-Abegg schon lange, konzentriert hat man sich auf eine Nische: „Unsere Zielgruppe sind die Hersteller von Stadtbussen“, sagt Rainer Grill, der Chef der Öffentlichkeitsarbeit. An etliche Busbauer wurden schon elektrisch betriebene Fahrzeuge geliefert, in Schweden der Beweis erbracht, dass auch Temperaturen von minus 25 Grad den Bussen nichts anhaben können. Auch Kommunalfahrzeuge könnten eines Tages mit solchen Antrieben ausgerüstet werden, meint Grill. Doch Autohersteller will Ziehl-Abegg nicht beliefern. „Wir bleiben in unserer Nische“, sagt der Öffentlichkeitsarbeiter.

Auch die Kunden sind eher kleine Hersteller – die großen Busbauer verhalten sich eher zögerlich, wenn es um Elektroantriebe geht, ist in Hohenlohe zu erfahren. Schon beim Rundgang am Vormittag stellen die Leser, teilweise pensionierte Ingenieure, Fragen, denen man anhört, dass sie vom Fach sind: „Welche Spannung ist auf den Antrieben drauf?“ lautet eine davon. „Man könnte damit schweißen“, sagt Max Munz, der Teamleiter mechanische Entwicklung. Munz steht vor einer gut 2,50 Meter langen Achse, an der auch die Antriebe und die Räder für einen Bus angebracht sind. Auch Ziehl-Abegg musste lernen: Als der Elektromotor entwickelt war, stellte sich heraus, dass dies nur ein erster Schritt sein konnte. „Wie bekomme ich den Motor in den Bus?“ lautete die entscheidende Frage. Des Rätsels Lösung war dann, neben dem Motor gleich die komplette Achse zu bauen, an der der Antrieb hängt.

StZ-Leser sind begeistert

„Ich finde es hochinteressant“, sagt StZ-Leser Karl-Heinz Strengert bei der Rundfahrt mit dem Elektrobus. Dieser fährt ganz leise, nur die Klimaanlage heult auf, wenn sie eingeschaltet wird: „Wir haben hier kein Motorgeräusch wie bei einem Diesel“, erklärt Grill, „deswegen hört man andere Geräusche etwas stärker.“ Busfahrer Günter Gutknecht, der die Besucher mit seinem Diesel aus Stuttgart nach Hohenlohe gebracht hat, meint „dafür muss man sich interessieren, wenn man vom Fach ist“. Elektrobusse seien zwar in der Anschaffung noch weit teurer als mit Sprit betriebene: „Aber man muss die Lebensdauer des Fahrzeugs ansehen.“ Zudem seien Elektrobusse beispielsweise wartungsfreier.

Natürlich ist das Gewicht der Batterie noch ein Problem, doch 200 Kilometer könnten die Busse schon zurücklegen – bis jetzt aber sind sie eher für den Stadtverkehr geeignet, weniger als Fernreisebusse. Das aber könnte sich ändern. „Die fossilen Brennstoffe sind endlich“, meint Herbert Staub, „deswegen ist die Elektromobilität für die Zukunft ganz wichtig.“ Nach Meinung von Gerhard Burk aber gibt es eben auch Bremser: „Die Unternehmen haben viel in den Dieselantrieb gesteckt, jetzt wollen sie ihre Pfründe verteidigen.“ Solche Hemmnisse aber müssten dringend überwunden werden, findet Heinz Stahl: „Elektroantriebe müsste man forcieren, bei Stadtbussen sind sie ein Muss.“

Vom Industriebau sehr angetan

Doch nicht nur die Elektromobilität ist Gesprächsstoff bei den Besuchern. „Ich bin überrascht, hier einen solch ästhetischen Industriebau zu sehen“, sagt Marianne Völker. Dieter Heinz findet noch etwas anderes positiv: „Dass die Firma sich nicht von Großkunden abhängig macht, sondern sagt, mit keinem wollen wir mehr als vier Prozent des Umsatzes machen.“ Rainer Seitz fasst seine Eindrücke von den Elektromotoren, aber auch vom Unternehmen insgesamt, so zusammen: „Von solchen Firmen müsste man mehr haben.“

Erst drei der Gäste haben vor der Fahrt schon mal von der Firma Ziehl-Abegg gehört. Heide Heinz freut sich, auch einmal einen Industriebetrieb von innen sehen zu können – für Privatleute eine eher seltene Chance. Und Reinhard Hoffmann bedauert zum Abschluss des Ausflugs, dass die Zeit so schnell verging: „Dem Herrn Grill könnte man gut noch einen halben Tag zuhören.“ Und Grill weiß natürlich auch, dass es dem Unternehmen nichts schaden kann, noch bekannter zu werden: „Wenn Sie einen guten Ingenieur kennen, der kann sich sofort bewerben.“ Aber vielleicht macht das ja auch mal einer der 20 Enkel.

Fakten zu Ziehl-Abegg

Geschichte:
Gegründet wurde das Unternehmen Ziehl-Abegg im Jahr 1910 von Emil Ziehl und Eduard Abegg, der aber bald wieder ausschied. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Werksanlagen von den Russen demontiert. Zum Neuanfang kam es 1947 in Künzelsau, auch weil der Stuttgarter Aufzugbauer Stahl im Krieg dort ein neues Domizil gefunden hatte.

Gegenwart:
Heute erwirtschaftet die Firma mit weltweit 3450 Mitarbeitern – davon 1900 in Hohenlohe – einen Umsatz von 447 Millionen Euro. Dazu trägt die Lufttechnik, also Ventilatoren und zugehörige Motoren, 388 Millionen Euro bei. 59 Prozent des Umsatzes kommen aus der Antriebstechnik.