Die Gustav-Jakob-Höhle und die Falkensteiner Höhle auf der Schwäbischen Alb sind zwei noch richtig wilde Höhlen – es gibt dort weder Beleuchtung noch angelegte Wege. 20 StZ-Leserinnen und -Leser wagten das große Abenteuer.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Grabenstetten - Es war wohl die abenteuerlichste Tour in der gesamten zehnjährigen Geschichte der StZ-Sommerferienaktion, manche sprachen hinterher von einer „großen Herausforderung“. Aber alle haben diese mit Bravour bewältigt: Gemeinsam mit der Höhlenführerin Johanna Böhringer wagten sich 20 Leserinnen und Leser in zwei wilde Höhlen bei Grabenstetten (Kreis Reutlingen). Die Gustav-Jakob-Höhle ist so eng, dass Menschen mit breiterem Becken Probleme bekommen. Und durch die Falkensteiner Höhle fließt ein Bach mit acht Grad kaltem Wasser. Ohne Neoprenanzug kommt man dort nicht weit.

 

Die Gustav-Jakob-Höhle liegt ziemlich versteckt in der Nähe der Burgruine Hofen bei Grabenstetten; nicht einmal ein Schild weist den Weg. Die Besonderheit der Höhle: man kann durch ein schmales Felsentor rechts unterhalb der Ruine einsteigen und gelangt nach etwa einer Stunde auf der anderen Seite wieder hinaus. Tatsächlich sollten sich alle an die Einbahnstraßen-Regelung halten, denn im Inneren gibt es nur wenige Stellen, die so breit sind, dass zwei Menschen aneinander vorbeikämen.

Die Enge ist tatsächlich die größte Herausforderung in dieser Höhle, Platzangst darf man nicht haben. Teilweise muss man sich seitlich zwischen Felsen hindurchquetschen oder flach auf dem Bauch vorwärtsschlängeln, und vor allem die letzten Meter fordern den Höhlengängern körperlich alles ab. Der Name, den die Forscher dieser Stelle gegeben haben, sagt eigentlich alles über die Schwierigkeit: Geburtskanal. Dennoch eignet sich die 430 Meter lange Gustav-Jakob-Höhle für fitte und gut ausgerüstete Menschen als Einstieg in die Höhlenwelt, denn es gibt nur einen Weg, man kann sich also nicht verirren. Und eine begleitete Gruppe von Kindern, die hinter den StZ-Lesern immer stärker aufholte, bewies eindrucksvoll, dass es große Vorteile im Leben bringen kann, klein zu sein.

Das wirkliche Ende der Falkensteiner Höhle kennt niemand

Die Falkensteiner Höhle oberhalb von Bad Urach, die die Leser am Nachmittag in Angriff nahmen, bildet einen gewaltigen Kontrast dazu. Sie ist riesig und, vom „Demutsschluf“ ganz am Anfang abgesehen, bis zum ersten Siphon nach 400 Metern immer so hoch, dass man aufrecht stehen kann. Aber teilweise reicht einem das Wasser bis zur Brust, und man muss über glitschige Felsen klettern. Das kostet Kraft, man kühlt trotz Neoprenanzugs allmählich aus, und man kommt nur langsam voran – für die 800 Meter lange Strecke hin und zurück benötigte die Gruppe zweieinhalb Stunden. Über den Leichtsinn von zwei jungen Männern, die die StZ-Leser überholten, schüttelte Johanna Böhringer deshalb nur den Kopf: Sie waren lediglich mit T-Shirt und Jogginghose bekleidet. Immerhin einen Helm hatten sie auf.

Schon vor 18 Jahren haben Johanna Böhringer und ihr Mann Peter sich selbstständig gemacht, zunächst mit Tauchtouren, später dann mit allen möglichen Outdoor-Angeboten. Die Falkensteiner Höhle kennen beide in- und auswendig. Oder doch auch nicht: Denn längst hat die Höhle nicht alle ihre Geheimnisse preisgegeben. Offiziell vermessen ist sie auf 3,4 Kilometern Länge; der legendäre Höhlenforscher Jochen Hasenmayer kam im April 1980 bisher als einziger bis zum 26. Siphon, der fünf Kilometer vom Eingang entfernt liegt. Das wirkliche Ende ist unbekannt.

Im 18. Jahrhundert wurde in der Höhle nach Gold gesucht

Die meisten Besucher, auch die StZ-Leser, gehen aber nur bis zum ersten Siphon – dort hat es zwischen Decke und Wasserspiegel noch zehn Zentimeter Luft, und auf dem Rücken liegend, könnte man sich an einem Seil hindurchziehen. So viel wollte sich die Gruppe denn doch nicht zumuten. Sie inspizierte statt dessen den direkt daneben liegenden kurzen Seitengang, der vor 200 Jahren von Menschenhand geschaffen worden ist: Zwischen 1719 und 1820 gab es immer wieder vergebliche Versuche, in der Falkensteiner Höhle Gold zu finden. Für die Leser war diese Erzählung dennoch eindrucksvoll: Denn die Arbeiter damals mussten mit mangelhafter Ausrüstung täglich bis zum Stollen gehen und dort in Kälte und Dunkelheit im felsigen Grund graben. Das war wahrlich kein Zuckerschlecken.

Wie gefährlich die Höhle in der Tat sein kann, demonstrierte die Führerin vom Unternehmen „Con la natura“ im sogenannten Sarggang. Alle machten ihre Lampen aus und sollten im Dunkeln keine hundert Meter bis zur nächsten Biegung gehen. Keiner schaffte es, denn in der absoluten Finsternis verliert man beängstigend schnell die Orientierung. „Die meisten würden aus eigener Kraft nicht mehr ans Tageslicht gelangen“ sagte Johanna Böhringer. Am Ende waren die Teilnehmer erschöpft, aber beeindruckt: „Es war eine unglaubliche Erfahrung“, sagten viele.

Die Schwäbische Alb ist ein Land der Höhlen:

Schauhöhlen:
Das Karstgebirge der Schwäbischen Alb weist mehr als 2000 Höhlen auf. Viele Schauhöhlen können bequem besichtigt werden, wie die Schertelshöhle, die Bärenhöhle, die Laichinger Tiefenhöhle oder die per Kahn befahrbare Wimsener Höhle.

Geführte Touren:
Wilde Höhlen sollten nur mit Erfahrung oder mit Führer befahren werden. Das Outdoor-Unternehmen „Con la natura“ mit Sitz in Gruibingen im Kreis Göppingen bietet begleitete Höhlentouren in die Gustav-Jacob- und/oder in die Falkensteiner Höhle an. Bei körperlicher Fitness können auch Anfänger daran teilnehmen. Mehr Informationen finden Sie unter www.con-la-natura.de.