Der Weindorfbesuch hat die Leser bei der STZ-Sommeraktion zunächst in die Tiefen des Alten Schlosses zur einzigartigen Glassammlung und dann in die VfB-Laube geführt.

Stuttgart - Was wäre der Wein ohne ein passendes Glas? Die Antwort haben wir so ganz direkt nicht bekommen beim Auftakt unseres Weindorfbesuches in den einst vom herzoglichen Weingut zur Lagerung der eigenen Tropfen genutzten Katakomben des Alten Stuttgarter Schlosses, wo sich ein Glasmuseum befindet. Aber immerhin eine kleine Ahnung beschleicht dort den geneigten Besucher davon, was die Altvorderen in Sachen Gläser, Glaskunst und Glasbehälter seit gut 3500 Jahren so alles zu bieten hatten. Ein gläserner Glücksfall quasi, diese Sammlung von Ernesto Wolf, dem gebürtigen Stuttgarter.

 

Die frühesten Zeugnisse der Glasverarbeitung in der Sammlung stammen aus dem zweiten vorchristlichen Jahrtausend und kommen aus Mesopotamien. Es sind kleinformatige Objekte wie Perlen und scheibenförmige Anhänger. Zeugnisse der hochentwickelten Glaskunst in Ägypten sind farbenfrohe Gefäße, Schmuckstücke und figürliche Darstellungen, die einst als Einlagen für Möbel, Sarkophage oder heilige Schreine dienten.

Mit dem, was wir als edle Weingläser im Sinn haben, hat dieser frühe Teil der weltweit einzigartigen Sammlung natürlich wenig zu tun. Aber auch diesen Übergang schafft die Weinerlebnisführerin Doris Schöpke-Bielefeld für die Lesergruppe spielend, und zwar im Bereich mit den seit dem Mittelalter gebräuchlichen Trinkgefäßen. Inklusive zum Beispiel jener Liegegläser, bei denen vorsätzlich kein Fuß das Abstellen ermöglicht. „Da konnte nur direkt in das in der Hand befindliche Glas eingeschenkt und dieses direkt ausgetrunken werden – zur Sicherheit, damit keiner womöglich Gift mit rein träufelt.“

Erstklassige Kulinarik beim momentanen Zweitligaclub

Jede Menge Glas und Gläser also, womit bei der 20-köpfigen Lesergruppe der Appetit auf Inhalte im Glas geweckt ist. Direkt vor dem Schloss führt die Weinerlebnisführerin die Leser in die VfB-Laube, wo glaubhaft versichert wird, dass der Stuttgarter Vorzeigefußballverein zwar vorübergehend zweitklassig kicke, die gastronomische Versorgung aber selbstverständlich erstklassig bleibe. Den Beweis tritt man in der rot-weißen Fußballlaube, die quasi zur Historie beim heuer zum 40. Mal gefeierten Weindorf gehört, zunächst mit einem nicht zu trockenen, dafür leicht fruchtigen Rieslingsekt brut vom Schloss Affaltrach an.

Die einstigen VfB-Gastronomen Schmieg gehörten einst mit zum Urgestein des Weindorfs. Und die Cannstatter Würstle mit Kraut beim heutigen VfB-Gastgeber  in der VfB-Laube, der Firma List & Scholz Genusswelten, sorgen jetzt für das richtige kulinarische Weindorf-Feeling. „Dia kammer essa“, heißt es aus der StZ-Gruppe in urschwäbischer Euphorie. Trotzdem schickt uns unsere Erlebnisführerin weiter auf Tour durch das Weindorf. „Da gibt’s noch einiges zu sehen und zu genießen“, verspricht sie. Unterwegs am Schillerplatz erfährt die Gruppe Grundlegendes über die Entstehungsgeschichte des 1976 erstmals und noch mit gebremstem Andrang veranstalteten Weindorfs – die heute vom Verein Pro Stuttgart getragene Veranstaltung, die dann, als vor allem die Wengerter richtig mitgezogen haben, zum echten und sogar nach Hamburg exportierten Erfolgsschlager geworden ist.

Besuch bei Fritz Currle im Dreimädleshaus

„Ja, die Geschichte mit Hamburg“, das sei natürlich zurzeit eine unbefriedigende Sache, berichtet an der nächsten Station Fritz Currle, ein Weindorf-Urgestein und CDU-Stadtrat . Er hat dafür gesorgt, dass es in Hamburg einen Wengert gibt, dessen Ertrag er zu Wein ausbaut, den die Hansestadt bei ehrenvollen Gelegenheiten ein- oder verschenkt. Und er hat auch mit dem jüngst gestorbenen Ex-Rathauschef Henning Voscherau jene Bedingungen ausgehandelt, unter denen lange Jahre das Stuttgarter Weindorf vor dem Hamburger Rathaus eine Attraktion war. In diesem Jahr sei die Sache schiefgelaufen, erzählt er, weil die Hamburger nichts mehr auf die Absprachen gegeben und plötzlich horrend viel Platzmiete gefordert hätten.

Aber zurück ins Hier und Heute. Die Currles haben in ihrem Dreimädleshaus auch einen nichtalkoholischen Trumpf im Ärmel, den herrlich eisig-erfrischenden Traubencrash. Und weiter geht es zum Uhlbacher Wengerter Hermann Zaiß, der seit 30 Jahren ein Teil des Weindorfs ist und den Gästen seinen Jubiläums-Chardonnay kredenzt. Nach dem ein oder anderen Schluck ist das Süßigkeitenhäusle von Melanie Weber neben dem Rathaus die Endstation. Bei den selbst bestückten Schoko-Fruchtspießen ist Eigeninitiative gefragt. Die StZ-Leserin Sonja Bingel bleibt als Fruchtspieß-Praktikantin gleich länger im Häusle für Süßes hängen. Und die anderen Weindorfbesucher sind in Sachen Fruchtspieße und sonntägliche Erlebnisführung quasi unisono der Meinung: „Das ist echt was Gutes.“