Zum Abschluss der StZ-Sommeraktion trainieren zehn Leserinnen und Leser bei einem Workshop mit dem Fotografen Andreas Martin, wie man im Alltag bessere Fotos machen kann.

Stuttgart - Das muss man erst einmal sehen!“ – Andreas Martin, der freischaffende Fotograf, macht keinen Hehl aus seiner Begeisterung über die Ergebnisse des Foto-Workshops, das im Rahmen der StZ-Sommeraktion stattgefunden hat. Die kleine Ausstellung im Obergeschoss des Fotoladens Calumet legt Zeugnis davon ab, mit wie viel Engagement die Leserinnen und Leser zu Werke gegangen sind. Und Martin ist sofort wieder mittendrin in der Tagesaktion mit zehn Teilnehmern, wenn er erzählt: „Zehn unterschiedliche Blickweisen, zehn individuelle Kreativitäten. Ich finde, das dokumentiert auch die Neugierde und Freude, mit der da zu Werke gegangen wurde“. Andreas Martin betont: „Die Ergebnisse sind ganz verschieden, und alle können sich sehen lassen.“

 

Woran aber entzündet sich seine spontane Begeisterung? Eigentlich ist das doch nur eine wuchtig dunkle, blank polierte Motorhaube, die fast aus der linken Bildhälfte herauslappt. Der Rest: ein Rätsel. Bis man erkennt: Über die andere Hälfte biegt sich eine ganze Häuserfront, in der Spiegelung lustig und frei aus den rechten Winkeln tanzend. In der Tat: Das muss man erst einmal sehen!

Was natürlich auch für die minimalistische Rasterfotografie von Pascal Jauffmann gilt. Oder für das Foto, in dem Eva Gerber die farbenfrohe Grafitti-Kunst einer Hausfassade abgelichtet hat. Mit einem Stück Busch im Vordergrund, der dem Bild erst den richtigen Kick gibt, wie Martin meint: „Das ist doch der Hauptfehler all dieser langweiligen Urlaubsfotos! Man hat einen tollen Hintergrund – Landschaft, Berge, Meer, aber es fehlt der Vordergrund, und deshalb wirken die Bilder so flach und spannungsarm.“

Zwanzig präzise Übungen leiten die Teilnehmer an

Langweilig aber sollten Fotos auf keinen Fall sein. Schon gar nicht, wenn man einen Tag lang „fotografisches Sehen“ übt mit dem Ziel, „bessere Fotos im Alltag zu machen“, wie es in der Ausschreibung versprochen worden war. Und just dieses Interesse hatte die Gruppe zusammengeführt. Zum Start gab es bei Calumet einen Kaffee und andere Getränke. Man hat sich kurz angewärmt in der Gruppe – und schon ging es raus in die Stadt, ins Umfeld von Liederhalle und Bosch-Areal. Zwanzig präzise Übungen hatte Heinz Martin aus seinem Workshop-Fundus parat, bewährt aus seinen Kursen „mit Lerngarantie“, die schon über 2000 Fotobegeisterte genutzt haben.

Aber machen Kameras heute nicht ohnehin alles selbst? „Das gilt vor allem für Smartphone-Kameras. Und das ist dann oft genug wie Dosen-Ravioli. Man kann das essen, aber so schmeckt es dann auch“, sagt der Profi gut gelaunt – und stellt schnell klar: „Diese Gruppe wollte selber kochen, Zutaten, Rezepte und Kochtechniken kennenlernen und ausprobieren.“ Etwa, indem die Kameras auf Schwarz-Weiß-Modus gesetzt wurden, denn so wird das Auge auf das faszinierende Spektrum von Hell-Dunkel-Nuancen aufmerksam. Oder auch mal ein Bild machen, in dem nur eine einzige Farbe zum Zuge kommt.

Die Ergebnisse wurden gemeinsam kritisch bewertet

Symmetrien, Vorder- und Hintergrund, Gegensatzpaare wie dick und dünn, viel und wenig waren weitere Themenfelder, die in jeweils fünf Minuten zu beackern waren. Und wenn die Übung durch war, hat man sich versammelt und die Ergebnisse kritisch betrachtet: „Nur so lernt man und entwickelt einen Sinn für Qualität“, erklärt Martin. Bewusst zu fotografieren ist seine Empfehlung, denn dann sei das „nicht nur ein tolles Hobby, sondern auch eine Schule des Sehens, die unseren Blick für die Welt schärfen kann“. Wer mit der Kamera seine Umgebung einfangen will, brauche nicht nur „einen flexiblen Hals auf der Suche nach Motiven und spannenden Details, sondern auch ein weites Gesichtsfeld. Und das weitet den Horizont“. Ein Satz, den der Fotograf ganz bildhaft meint. Vor allem aber wollte er in dem Kurs, der die Teilnehmer nichts gekostet hatte, „den Spaß am bewussten Fotografieren vertiefen. Und wir hatten viel Spaß dabei! Da ist in der Gruppe richtiges Jagdfieber entstanden“, erzählt Martin. Der Tag habe „alle bereichert, mich eingeschlossen“. Und eines ist auch klar: Zum Mittagessen gab es keine Dosen-Ravioli! Die individuellen fotografischen Menüs können noch bis zum Ende des Monats bei Calumet besichtigt werden. Sie wecken die Lust, Rezepte zu suchen und selber zu kochen.