Unternehmerischer Erfindergeist und schwäbischer Schafferfleiß haben Göppingen schon früh das Image einer Industriestadt verpasst – rund 30 StZ-Leser haben jetzt feststellen können, dass die Stadt unterm Hohenstaufen noch mehr zu bieten hat.

Göppingen - Die drei Kaiserberge Staufen, Stuifen und Rechberg, von denen streng genommen nur der Hohenstaufen das kaiserliche Attribut verdient, sind weithin bekannt. Und sie bleiben populär, wegen der Herrschaftsdynastie der Staufer – und weil sich die drei markanten Bergkegel aus sämtlichen Himmelsrichtungen ständig in Erinnerung rufen.

 

Was aber ist mit Göppingen, das sich Hohenstaufenstadt nennt und den stilisierten Dreiergipfel im Logo führt? Auch die Filstalmetropole ist bekannt: durch kleine Eisenbahnen und große Handballhelden, sprudelndes Sauerwasser und prosperierende industrielle Weltmarktführer am Ort. Insbesondere unternehmerischer Erfindergeist und schwäbischer Schafferfleiß haben der Kommune schon früh das Image einer Industriestadt verpasst, ein Stempel, der nachwirkt. Lange war es so: Gab es keine unaufschiebbaren Termine, fuhr man durch Göppingen durch – auf der neuen B 10 lässt sich mittlerweile auch gleich daran vorbeifahren.

Begrüßung mit Prosecco aus Schlat und Gebäck

Knapp 30 Teilnehmer der Sommerferienaktion der Stuttgarter Zeitung waren jetzt ins Filstal gekommen, um eine solch nüchterne Betrachtungsweise auf ihre Berechtigung hin abzuklopfen und gleichzeitig zu testen, was an dem Ausflugstitel „Göppingen erleben“ dran sein kann. Der erste Schritt dazu hieß „Göppingen (v)erschmecken“. Dazu wurden zur Begrüßung in der Kunsthalle fruchtiger Prosecco aus Schlat und erlesenes Gebäck aus dem Göppinger Traditionscafé Berner gereicht.

„Ich wusste gar nicht, dass es hier überhaupt eine Kunsthalle gibt“, sagt die Leserin Irmgard Klopp aus Filderstadt. Und da ist sie nicht die Einzige in der Besuchergruppe, die der Kunsthallenleiter Werner Meyer und der städtische Kulturamtschef Wolfram Hosch im Trakt einer ehemaligen Gewerbeschule an der Marstallstraße willkommen heißen. Als Hort internationaler zeitgenössischer Kunst ist die Halle bereits 1989 eröffnet worden. Vor einem gründlichen Umbau und konzeptionellen Neuerungen vor zwei Jahren war die Einrichtung laut Werner Meyer freilich „ein dunkles Loch“. Außer mit der Halle selbst dürften die meisten Leser auch bei einer Führung durch die aktuelle Ausstellung „Ukiyo Camera Systems“ des deutsch-ungarischen Kunstschaffenden Georg Winter künstlerisches Neuland betreten haben. Als durchgängigen roten Faden seiner meist in Schwarz gehaltenen Objekte und Installationen wünscht sich Winter, der auch einen Lehrstuhl für Medienkunst innehat, für den Kunstbetrachter Fantasie sowie die Imaginationskraft von Kindern. Eine Teilnehmerin: „Ohne Erläuterungen hätte ich nur Bahnhof verstanden.“ Und auch beim Blick in die Kunsthallensammlung war von Fall zu Fall Interpretationshilfe durch Werner Meyer gefragt.

Juwel im Garten: das Schlemmer-Wandbild im Bade-Pavillon

Und so bot der kurze Spaziergang rüber zur Villa Märklin zweierlei: Entspannung und den Blick auf repräsentative Gebäude im Gewann Hailing, wo schon früh betuchte Unternehmer die standesgemäße Wohnlage fanden. Zwar ist das Grundstück rund um die Villa Märklin inzwischen stark geschrumpft, aber der Garten birgt immer noch ein wahres Juwel: Ein von dem berühmten Bauhaus-Künstler Oskar Schlemmer in den 1920er Jahren entworfenes Wandbild im Badepavillon. Es zeigt in typischer Manier eine Badeszenerie mit fünf Personen. Es könne keinen begründeten Zweifel geben, dass der Entwurf von Schlemmer stammt, sagte Karin von Maur, die als anerkannte Expertin zu der Besucherrunde zählte; ob sein Bruder Carl letztlich der Ausführende war, halte sie für nicht so entscheidend bei der Bewertung.

Die Villa Märklin ist von der letzten Erbin Mitte der 1950er Jahre der Stadt vermacht worden – allerdings mit der Auflage , als Bewohner bevorzugt Bedürftige zu berücksichtigen. Diese Vertragskonstruktion aber war ganz offensichtlich dem Zustand des Gesamtareals nicht sonderlich förderlich. Wie andere auch zeigten sich Gerhard und Elisabeth Zangenfeind aus Gärtringen (Kreis Böblingen) von der Situation „enttäuscht“. Dass etwas geschehen muss, hat man auch bei der Stadt erkannt, mit Verbesserungen rechnet Kulturamtsleiter Hosch in den kommenden zwei Jahren.

Sonnenuntergang und Maultaschen zum krönenden Abschluss

Zum Abschluss des Göppingen-Tripps traf man sich dann auf dem Hohenstaufen. Vor weitem Ausblick ins Land steuerte dort Alexandra Kröner von der Agentur Saltico einen Abriss zur Albgeologie, zur staufischen Dynastieabfolge und zum seit vier Jahren gültigen, mehrdeutigen Konzept „Hochgehen, um runterzukommen“ bei. Und gekrönt vom Sonnenuntergang bat die Stadt in der herausgeputzten Burggaststätte noch zum Maultaschenessen. Tagesfazit des Remseckers Oliver Beer: „Durch Göppingen bin ich immer nur durchgefahren, aber es lohnt sich ein Halt!“

Am Dienstag
führt die Sommerferienaktion in die Tropenhäuser der Stuttgarter Wilhelma.