Christina Haneberg hat das Modelabel Blutsgeschwister mit aufgebaut und versucht nun, mit einem Mama-Spa erneut ihr Glück als Existenzgründerin. Im StZ-Gespräch redet sie über Stuttgarts kreativen Nährboden.

Stuttgart – - Auf nach Berlin! So lautete jahrelang der Schlachtruf vieler Kreativer in Stuttgart. Christina Haneberg hat in der Hauptstadt zwischendurch ein WG-Zimmer besessen, Stuttgart ist sie dennoch treu geblieben. Im StZ-Sommerinterview erzählt die 39-Jährige aus der Modebranche und davon, wie ihre Kinder ihr Leben auf den Kopf gestellt haben.
Frau Haneberg, wir sitzen auf der Terrasse des Mineralbads Berg, rund um das Schwimmbecken liegen einige Gäste, die so tiefengebräunt sind, dass sie auch als Grillhendl durchgehen würden. Warum treffen wir uns ausgerechnet hier?
Das Bad Berg ist Teil unserer Familiengeschichte. Im Sommer waren wir an den Wochenenden fast immer hier, das gehörte zur Tradition. Mein Vater ist ein leidenschaftlicher Skat- und Schachspieler, der hatte hier auf der Terrasse seinen Stammtisch. Vor ihm lag das Münzgeld auf dem Tisch, das habe ich mir geholt und davon Eis gekauft. Für mich war ein Tag im Berg wie ein Kurzurlaub, hier hatte ich ein Gefühl von Freiheit. Das geht mir heute noch so.
Wenn man hinabschaut auf die Wiese, sieht man bunt gemischtes Publikum, alle Altersklassen sind vertreten.
Du siehst hier die ganze Vielfalt der Stadt. Da hinten ist das rosa Wiesle, auf dem vor allem schwule Männer liegen, hier vorn treffen sich die Jüngeren, und auf den Holzplanken liegt das von Ihnen als tiefengebräunt beschriebene Stammpublikum. Manche müssen wirklich jeden Tag hier sein, sonst wird man doch nicht so braun.
Wenn die Sonne scheint, funkeln die Uhren und die Goldkettchen. Einige Herrschaften sind schwer behängt.
Im Bad Berg ist die Zeit stehen geblieben. Das ist ein besonderer Ort, an dem alles seine Balance hat, die unterschiedlichsten Leute kommen miteinander aus. Hier findest du eine Ruhezone, und wenn du das Bad wieder verlässt, bist du nicht nur tief gebräunt, sondern auch tiefenentspannt. Hier gilt die Regel: leben und leben lassen. Was man den Schwaben nachsagt, dass sie immer gucken, was der Nachbar macht, das passiert hier nicht.
Sie sind dem Bad treu geblieben, auch als Sie älter wurden.
Ich kann mich an manche Partynächte erinnern, die hier endeten. Wenn der Club Climax morgens schloss und das Wetter schön war, bin ich hier raus auf die Wiese. Manchmal bin ich dann leider in der Sonne eingeschlafen . . .
. . . und als Hummer wieder aufgewacht.
So ähnlich. Das Bad Berg war schon immer meine Chill-out-Area, so würden das die Stammgäste nie ausdrücken, ich weiß.