Fachleute sehen ein riesiges Potenzial, zugleich aber auch Verordnungen, die verhindern, dass die Verkehrsprobleme in Städten gelöst werden. In einer Podiumsrunde haben Experten neue Wege diskutiert, mit denen die Autofahrer zügiger vorankommen.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Jennifer Dungs machte den Anfang: „Immer mehr Menschen leben in den Städten. Deswegen braucht man dringend neue Mobilitätskonzepte“, sagte die Leiterin des Geschäftsfeldes Mobilitäts- und Stadtsystemgestaltung beim Fraunhofer-Institut IAO.

 

Moderator Joachim Dorfs, Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung wollte daher denn auch wissen, wo es anzupacken gelte: „Was sind denn die erfolgversprechenden Ansätze“, fragte Dorfs die Teilnehmer der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Intelligent, vernetzt, flexibel – Auf dem Weg zu einer neuen Mobilitätskultur“. Allzu hohen theoretischen Erwägungen verpasste Stefan Weigele, Managing Partner bei Civity Management Consultants, gleich einen Dämpfer: „Wir müssen die Leute nach wie vor in die U-Bahn bringen“, so die realistische Einsicht von Weigele. Die Digitalisierung sei dann eine Art Sahnehäubchen. Chefredakteur Dorfs hakte nach: „Muss man den Autoverkehr einschränken?“ Weigele meinte dazu: „Wenn ich Carsharingflotten in den Markt bringen will, habe ich 7000 Fahrzeuge mehr. Wir brauchen die Fläche. Woher soll man diese nehmen?“

Informationssysteme besser vernetzen

Martina Koederitz, Vorsitzende der Geschäftsführung von IBM Deutschland, meinte, gerade die Vernetzung über Informationssysteme könne einen Beitrag dazu leisten, dass Mobilität weiter attraktiv sein könne. Schließlich biete die Vernetzung ein zusätzliches Steuerungsmittel für den Verkehr an. Dem gibt auch Weigele recht – vor allem weil man in Echtzeit sehe, was los sei. Allerdings müsse vielen Bürgern auch die Angst davor genommen werden, dass ihre Daten missbraucht werden könnten. Dies könnte schließlich bei der Verkehrsplanung helfen., sagte Weigele.

Die Beteiligung der Bürger an den Planungsprozessen sei dabei ein interessantes Feld, meinte er. Mit Carsharing allein „aber werden wir nicht in fünf oder zehn Jahren die Städte revolutionieren.“ Das hat Thomas Beermann, Geschäftsführer von Car2go Europa, auch gar nicht vor. Beermann sieht realistisch, dass mit Car2go nicht der Marktanteil des öffentlichen Nahverkehrs erreicht werde – was sein Unternehmen allerdings auch nicht anstrebe. Aber eine wichtige Hilfe bei der Bewältigung der Verkehrsprobleme könne Carsharing durchaus sein. 25 Prozent des Verkehrs in einer Stadt bestehe aus der Parkplatzsuche – mit Carsharing finde man ein Auto dort, wo man einsteigen wolle und stelle es dann am Ziel wieder ab, ohne immer einen Parkplatz suchen zu müssen.

Carsharing gelingt wohl eher in Metropolen

In Ulm indes wurden entsprechende Versuche von Car2go wieder aufgegeben. Wie man in Städten, die nicht gerade zu den großen europäischen Metropolen gehörten ein entsprechendes Geschäftsmodell finde, daran müsse noch gearbeitet werden, räumte Beermann ein.

Koederitz sieht ein weiteres Feld: Wie die Arbeit mit Echtzeitdaten noch verbessert werden könne, sei eine der Fragen, um zu einer Optimierung des Verkehrs zu kommen: „Da steckt ein riesiges Potential drin.“ Nach Meinung von Weigele gibt es in Deutschland auch noch eine ganze Reihe von Verordnungen, die hinderlich seien. So schaffe etwa die Kilometerpauschale zusätzlichen Verkehr. Zudem sei man in Deutschland „weit davon entfernt, dass Stadtplanung aus einer Hand stattfindet. In Hamburg kümmert sich eine ganze Anzahl von Behörden um die Stadtplanung“.

Andere europäische Städte handeln nach einem Masterplan

Ermuntern, so Koederitz, sollten Beispiele wie in Kopenhagen oder Amsterdam, wo es einen Masterplan für die Verkehrspolitik gebe. Auch in München erkenne man eine rote Linie in der Verkehrspolitik.

Dass zudem Hoffnungen auf das viel diskutierte autonome Fahren gesetzt werden, wundert wenig. Dungs r erklärte, gerade in den Städten habe man eine komplexe Situation, gab sich aber überzeugt, dies sei zu schaffen. Für Koederitz ist dies denn auch weniger ein technisches Problem als ein rechtliches. So würden etwa Haftungsfragen noch viel zu wenig beachtet.