Die Stuttgarter Künstlerin Suah Im thematisiert das Lebensgefühl in der Leistungsgesellschaft.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - „Wie klein ist die Welt“, pflegt der Volksmund gern zu sagen – aber wie groß sind mitunter die Unterschiede zwischen den Menschen. Das spürte Suah Im am eigenen Leib. Als die Südkoreanerin zum Kunststudium nach Stuttgart kam, wurde ihr mehr als deutlich, wie klein, zart und schwach sie ist im Vergleich zur Generation XXL, die sie hier plötzlich umgab.

 

Ein Kultur-Clash der besonderen Art, den Suah Im konstruktiv zu nutzen wusste. Ihre künstlerischen Arbeiten drehen sich immer wieder um ihren Körper, um das Thema Schwäche und den Versuch, sich zu kräftigen und zu ertüchtigen. Wenn sie wie in der Schreibtherapie schier endlos „Ich schaffe das“ schreibt oder ein schweres Tau an ein viel zu dünnes Fädchen hängt, erzählt Suah Im auch viel über unsere Leistungsgesellschaft.

Suah Im bringt aber auch ein Lebensgefühl zum Ausdruck, das immer mehr Menschen mit ihr teilen: das Leben zwischen oder mit mehreren Kulturen. Sie wurde 1988 in Bucheon in Südkorea geboren. Ihre Eltern hatten mit Kunst nichts zu tun, die Mutter hat aber häufig mit ihr gezeichnet und damit ihre Leidenschaft geweckt. Also studierte sie Malerei und stieß in den Seminaren zur Kunstgeschichte immer wieder auf deutsche Künstler, deren Arbeiten sie faszinierten. Deshalb wollte sie mehr wissen und bewarb sich an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart.

Es geht nicht nur um Ästhetik, Form und Materialbeherrschung

Seit zehn Jahren lebt Suah Im nun schon in Deutschland. „Es war manchmal sehr hart, allein zu wohnen“, sagt sie, aber es habe auch immer wieder Momente gegeben, „für die ich sehr dankbar war.“ Sie ist erfolgreich und hat in den vergangenen Jahren reichlich Preise und Stipendien erhalten. Die Stuttgarter Kunstakademie war dabei eine wichtige Station für sie. Suah Im war in der Klasse von Birgit Brenner, wo sie den Umgang mit ganz verschiedenen Medien lernte. Das zeichnet ihre Werk heute aus, dass sie nicht auf eine Technik festgelegt ist, sondern zeichnet, Installationen, Videos und Performances macht. Dahinter steckt auch ein neues Verständnis von Kunst: Es geht nicht nur um Ästhetik, Form und Materialbeherrschung, sondern ganz wesentlich auch um die Inhalte, die sich auf unmittelbare Art nachfühlen lassen. Denn ihr Thema „das Wesen des Ichs“ betrifft letztlich jeden, wie auch die Frage, „welche diversen physischen und psychischen Facetten des Ichs es gibt und wie diese meine Identität konkret definieren.“