Im Kandidatenpoker um die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck sieht alles nach einem Show-down aus. Setzt sich SPD-Chef Gabriel mit seinem Kandidaten Steinmeier durch? Oder hat Kanzlerin Merkel doch noch ein Ass im Ärmel?

Berlin - Nach mehreren vergeblichen Anläufen könnten sich Union und SPD an diesem Montag auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten einigen - möglicherweise auf Außenminister Frank-Walter Steinmeier von der SPD. Der CDU-Politiker Norbert Röttgen schloss dies am Sonntagabend im ARD-„Bericht aus Berlin“ nicht aus. Zur Kandidatenfrage sagte er weiter: „Ich glaube, das werden wir morgen wissen. Und morgen wissen wir, dass es entweder einen oder zwei gibt“, sagte Röttgen. „Und beides wäre kein Drama.“

 

Zuvor hatten sich die drei Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) bei einem Treffen im Kanzleramt erneut nicht auf einen Konsenskandidaten einigen können. Das Gespräch, in dem eigentlich eine Entscheidung fallen sollte, dauerte nicht einmal 50 Minuten. Es war die zweite ergebnislos verlaufene Runde in einer Woche. Die Union hat bislang keinen eigenen Bewerber benannt.

Röttgen gab dem SPD-Chef eine Mitschuld an der Hängepartie. Er habe „den Prozess der Findung eines Kandidaten nicht vereinfacht“. Gabriel sei vorgeprescht und habe mit Außenminister Steinmeier ein SPD-Mitglied vorgeschlagen. Die Präferenz der Union sei es gewesen, „dass die Koalition einen gemeinsamen Kandidaten vorschlägt“.

Am Montag soll nun die Entscheidung fallen. Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Seehofer wollen um 08.30 Uhr die Spitzen ihrer Parteien in Telefonschalten über den Stand der Dinge informieren. Die CSU drängte Merkel bisher zu einem Unionskandidaten, weil CDU und CSU in der Bundesversammlung, die den Präsidenten am 12. Februar wählt, die größte Gruppe stellen.

Neben einer Einigung auf Steinmeier als Konsenskandidaten besteht nach Informationen aus Unionskreisen eine weitere, eher unwahrscheinliche Möglichkeit, dass Union und SPD gemeinsam einen anderen Kandidaten aufstellen. Oder aber die Union stellt einen eigenen Kandidaten auf. Dann käme es zu einer Kampfkandidatur.

Bei einer Kampfkandidatur fällt die Entscheidung vermutlich erst im dritten Wahlgang, wenn nur noch die einfache Mehrheit nötig ist. In einem dritten Wahlgang werden dem in der Bevölkerung beliebten Steinmeier große Chancen eingeräumt, falls die Union keinen Kandidaten seines Kalibers ins Rennen schickt.

Gauck war im Februar 2012 zum Staatsoberhaupt gewählt worden. Der 76-Jährige will aus Altersgründen nicht wieder kandidieren. Gauck war gemeinsamer Kandidat von Union, FDP, SPD und Grünen und hatte im ersten Wahlgang eine überragende Mehrheit erhalten.