Als Nutzer merkt man nicht, wie viele Computer heiß laufen, wenn man eine Suchabfrage eingibt. Doch der CO2-Ausstoß der Internetrechner ist beträchtlich – und Techniker suchen bereits nach Wegen, den Energieverbrauch zu drosseln.

Stuttgart - Das Internet verspricht freie Information und kostenlose Dienste. Doch umsonst ist das Ganze nicht – zumindest wenn man sich Energieverbrauch und Umweltkosten anschaut. So schätzt das Marktforschungsunternehmen Gartner, dass weltweit zwei Prozent der klimaschädlichen Kohlendioxidemissionen auf die Informations- und Kommunikationsbranche sowie deren Dienstleistungen und Produkte entfallen. Die Zahl entspricht in etwa dem jährlichen Kohlendioxidausstoß des weltweiten Flugverkehrs.

 

Globale Zahlen sind immer Schätzwerte, aber sie wirken oft spektakulär. So erntete der amerikanische Physiker Alexander Wissner-Gross vor einigen Jahren viel Aufmerksamkeit, als er behauptete, mit dem Energieäquivalent zweier Google-Suchanfragen könne man Wasser im Elektrokocher zum Brodeln bringen. Alternativ kursiert auch die Angabe, einer Google-Suche entspräche das Leuchten einer 20-Watt-Lampe für eine halbe Stunde.

Google rechnet den Energieverbrauch vor

Auch wenn Wissner-Gross in der folgenden Auseinandersetzung etwas zurückrudern musste, sein Verdienst bleibt, dass die Menschen sich nun mehr Gedanken um die verborgenen Energiekosten vermeintlich kostenloser Online-Dienste machen. Auch Google veröffentlicht nun eine Energiebilanz und stellt das in bewährter Form schön putzig vor. Demnach entsprechen 100 Google-Suchanfragen 28 Minuten Leuchtdauer einer 60-Watt-Lampe. Drei Tage Youtube-Videos-Gucken entspricht laut Google dem Herstellen, Verpacken und Verschicken einer DVD. In seine Energiebilanz rechnet Google allerdings nur den Verbrauch eigener Geräte ein. Was zweifellos hinzuzählt, wären noch der Betrieb der Netzinfrastruktur sowie die Endgeräte im Büro oder zu Hause. Darauf hat das Unternehmen jedoch keinen Einfluss.

Auf allen drei Ebenen – Endgerät, Netzinfrastruktur, Serverfarm – arbeiten Fachleute an energieeffizienten Verfahren und Organisationsstrukturen. Ersetzt der Systemadministrator in einem Unternehmen beispielsweise Strom fressende Minitower durch nur zigarrenschachtelgroße Computer, kann der Betrieb pro Arbeitsplatz einige Dutzend Euro im Jahr an Stromkosten sparen. Der Trend zu mobilen Anwendungen schafft Anreize, dass Chipproduzenten sparsamere Prozessoren entwickeln. Selbst große Rechenzentren setzen mitunter die Mobilchips in ihren Schaltschränken ein.

Es gibt vom Nutzer bis zum Provider zahlreiche Möglichkeiten, die Energiekosten zu senken. Google beispielsweise betreibt rund eine Million der weltweit rund 33 Millionen Computerserver – beide Zahlen sind Schätzwerte. Solche Server sind jeweils zu Tausenden in sogenannten Data-Center untergebracht. Daher spricht man auch von Serverfarmen. Die Räume für die Kühlanlagen – Wasserkühlung, Klimatisierung, Luftgebläse – sind mittlerweile größer als die Computerräumlichkeiten. Um eine hohe Ausfallsicherheit zu erreichen, laufen viele Server parallel, machen Back-ups. Aggregate für die unterbrechungsfreie Stromversorgung kommen hinzu.

Facebook baut ein Datenzentrum am Polarkreis

Mit 2,3 Millionen Megawattstunden verbrauchte Google im Jahr 2010 etwa so viel Strom wie eine Großstadt. Fachleute drehen bei den Servern an mehreren Stellschrauben: sparsamere Prozessoren, bessere Auslastung, optimierte Kühlung. Serversysteme halten immer Leistungsreserven parat, um auch in Spitzenzeiten die vielen Anfragen abarbeiten zu können. Im Schnitt dümpeln sie aber mit einer Auslastung von 20 Prozent dahin. Indem sie die Rechnersysteme besser organisieren, steigern IT-Experten die Auslastung auf deutlich über 50 Prozent.

Damit zur Kühlung die Temperaturdifferenz von Rechnerraum und Außenluft, aber auch die Kälte von Seen oder Flüssen genutzt werden kann, bauen die großen IT-Firmen bisweilen auch Rechenzentren in hohen nördlichen Breiten. Facebook baut derzeit ein Datenzentrum in Schweden nahe dem Polarkreis. Es ist die erste Serverfarm des Unternehmens in Europa. Facebook hat nicht zuletzt täglich das Hochladen von 100 Millionen Fotos zu verkraften.

Wie schon beim Flugverkehr üblich, können Verbraucher ihre Kohlendioxidemissionen bei Internetsuchen kompensieren. Ein Beispiel ist die Suchmaschine Ecosia (www.ecosia.de), die Anzeigenerlöse in Ökoprojekte steckt. Hinter Ecosia steckt die Suchmaschine Bing von Microsoft. Sie liegt nicht nur beim Marktanteil, sondern auch in Sachen Klimaschutz hinter Google zurück. Nach eigenen Angaben hatten regenerative Energien bei Google im Jahr 2011 einen Anteil von 30 Prozent. In diesem Jahr will Google den Wert auf 35 Prozent steigern. Den übrigen, in Kohlendioxidemissionen umgerechneten Energieverbrauch – inklusive denjenigen der Kameraautos für Google Street View – kompensiert das Unternehmen durch Investitionen in erneuerbare Energien.

Das begrüßt auch Greenpeace. In einer Rangliste vom Februar dieses Jahres analysiert die Umweltorganisation die Klimaschutzaktivitäten und den Energieverbrauch großer IT-Firmen. Google bekommt zwar nur 53 von 100 möglichen Punkten, doch das genügt für Platz 1. Vor allem die Investitionen und die politischen Absichten werden gelobt. Der Konkurrent Microsoft landet auf Platz 13.