Die Stadt Stuttgart erwägt, zur Verbesserung der gesundheitlichen Lage von Heroinabhängigen ein sogenanntes Fixerstüble einzurichten. Dadurch soll auch das Problem mit dem Drogenmüll in der Altstadt angegangen werden. Doch die Polizei warnt vor einer Zentralisierung der Szene.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Seit zwei Jahrzehnten gibt es in der Republik Fixerstüble oder Druckräume. Mittlerweile können sich Heroinabhängige in 15 Städten ihren Schuss in solchen Einrichtungen setzen. Auch in Stuttgart denken Sozialverwaltung und Rat darüber nach. Aus zwei Gründen: Betroffenenverbände und die Suchthilfe sprechen sich dafür aus, dazu kommen die Klagen der Jakobschule über Drogenmüll im Leonhardsviertel.

 

Mit Unterstützung der Stadt hat das Selbsthilfenetzwerk für Junkies, Ehemalige und Substituierte (JES) eine Umfrage bei Heroinkonsumenten gemacht, an der sich 110 Betroffene beteiligt haben. Die Hälfte der Befragten leidet an Infektionskrankheiten, 16 Prozent haben schwere Abszesse durch das Spritzen der Drogen. Die Orte, an denen sie dies tun, sind öffentliche Toiletten, Parks und Parkhäuser wie das Züblinparkhaus. „Das sind keine gesundheitsfördernden Bedingungen“, sagte Roland Baur von JES am Montag im Sozialausschuss.

Abhängige wollen bessere Bedingungen

Gäbe es einen Konsumraum für die Süchtigen, würden 70 Prozent der Befragten diesen nutzen. Baur: „Die Leute wollen hygienische und sichere Bedingungen.“ Auch weil man dadurch einen sozialen Treffpunkt hätte. Dann könnten die Suchthelfer auf die Konsumenten stärker einwirken, sich weniger risikoreich zu verhalten. Der Vertreter von JES glaubt auch, dass ein Konsumraum sich positiv auswirken würde auf das Umfeld des Kontaktcafés High Noon für Süchtige an der Lazarettstraße, in dessen Nähe sich auch die Jakobschule befindet.

Im Sozialausschuss wurden die Überlegungen positiv aufgenommen. Beate Bulle-Schmid (CDU) erklärte, man müsse aber zunächst die Landesverordnung dazu abwarten. Dies geschieht, weil die Stadt Karlsruhe im Frühjahr beschlossen hat, eine solche Einrichtung zu schaffen. Bulle-Schmid fragte, warum man nicht auf die Heroinkonsumenten im Umfeld der Jakobsschule zugehe und auf sie einwirke, statt nur Spritzen aufzusammeln.

Jakobschule hofft auf Entlastung

SPD und SÖS/Linke-plus begrüßen die Pläne vor allem wegen der Gesundheitsprävention für die Abhängigen. Hans-Peter Ehrlich (SPD) denkt aber, „dass auch der öffentliche Raum ein Nutznießer sein wird“. Petra Rühle (Grüne) gab zu bedenken, dass es darauf ankomme, wo der Raum angesiedelt wäre und welche Öffnungszeiten er hätte.

Auch Eltern der Jakobschule sowie Anwohner und Mitarbeiter der Asylunterkunft an der Katharinenstraße, die über den Drogenmüll klagen, setzen sich für eine Fixerstube ein. Sie monieren, dass trotz der Reinigungsaktionen der Caritas, die das High Noon betreibt, auf den Staffeln trotzdem Fixerutensilien zu finden seien. Klaus Obert, der Bereichsleiter Suchthilfe bei der Caritas, plädierte im Ausschuss für die Einrichtung einer Fixerstube. „Wenn man eine Entlastung der Öffentlichkeit erreichen würde, wäre das schon viel.“ Obert kündigte an, dass man dabei sei, „die Straßensozialarbeit um die Jakobschule auszuweiten“. Seit Montag wird nicht nur am Morgen der Drogenmüll beseitigt, zwei Kräfte sorgen auch tagsüber für mehr Sauberkeit.

Polizei ist skeptisch

Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) kündigte an, dass der Spritzenautomat an der Lazarettstraße vier Wochen nicht mehr befüllt und mit einem Appell zum Spritzentausch versehen werde. Wölfle will bis nächstes Frühjahr Konzepte für einen Konsumraum vorlegen, er geht von Kosten von mindestens 400 000 Euro aus. Was die Erwartungen des Umfeldes angeht, ist Wölfle aber zurückhaltend. Es sei nicht sicher, dass man diese auch erfüllen könnte.

Kritisch äußerte sich Hendrik Weiß, der Leiter des Rauschgiftdezernats der Polizei. Er sagte, dass es auch in den Bezirken Drogenszenen gebe. Durch eine Fixerstube im Zentrum bestehe die Gefahr, dass man die Szenen „mit den ganzen Delikten, die es um sie herum gibt“, auch dort konzentriere.