Der Landesverband der CDU in Baden-Württemberg benennt die Kandidaten für den Bundestag und das Europaparlament. Frauen sind auf den Listen nicht sehr zahlreich vertreten.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Herder Verlag nutzt die Gunst der Stunde. Angesichts der unionsinternen Debatte über die Frauenquote vermarkten die Freiburger ein frisch erschienenes Buch über die CDU. Im Werk von Volker Resing („Die Kanzlermaschine – wie die CDU funktioniert“ ) gehe es auch um den CDU-Landesvorsitzenden Thomas Strobl. Dessen Engagement für Frauen sei in der Partei umstritten, es gebe sogar regelrechte Wutpapiere. „Darin wird Strobl als Casanova geschmäht, der den Frauen zwar hinterherlaufe, die Macht und die Posten aber nicht mit ihnen teile“, zitiert der Verlag den Autor. Wenn es ernst werde, so Resing, sei es vorbei mit der „Frauenversteherei“. Gemeint ist nach „Bild“-Recherchen ein Text aus dem Umfeld der Frauen-Union Südbaden, in dem die CDU als „alte Herrenriege“ bezeichnet werde, die nur auf „alibimäßiger Frauensuche“ sei.

 

Die PR-Mitteilung trifft mitten in eine parteiinterne Debatte zum gleichen Thema. Mit Blick auf die beiden Landesvertreterversammlungen an diesem Samstag, bei denen die Landeslisten für die Bundestagswahl 2013 und die Europawahl 2014 aufgestellt werden sollen, kam die Frage auf, wie ernst es der Partei eigentlich mit der Frauenförderung ist. Immerhin hatte ihr Vorsitzender Strobl als Konsequenz aus dem Stimmverhalten der weiblichen Wähler bei der Landtagswahl 2011 sogar ein „Jahr der Frau“ ausgerufen. Anlass für die Zweifel ist insbesondere die Europaliste, bei der die Christdemokratinnen dürftiger denn je vertreten sein sollen: die erste Frau – die Heidenheimer Abgeordnete Inge Gräßle – rangiert auf Platz fünf, die nächste, Roselinde Simm, auf dem wenig aussichtsreichen zwölften Rang. Gegenüber der Wahl im Jahr 2009, als die Oberschwäbin Elisabeth Jeggle noch auf Platz drei kandidiert hatte, ist das eine massive Verschlechterung.

Strobl will nach eigenem Bekunden Frauen fördern

Bei der vorbereitenden Sitzung des Landesvorstands wurde dies nach StZ-Informationen kritisch angesprochen. Auch Strobl soll die Situation dort als höchst unbefriedigend gerügt haben: Es könne ja wohl nicht sein, dass es einen strikten Proporz nach Bezirken gebe, aber die Geschlechter derart unterschiedlich vertreten seien, argumentierte er dem Vernehmen nach. Zuständig sind freilich die Bezirksverbände, wo offenbar keiner der amtierenden Abgeordneten seinen Platz für eine Frau räumen wollte.

„Dort, wo wir als Landesverband direkten Einfluss nehmen können, ist die Berücksichtigung von Frauen hervorragend“, sagte Strobl der StZ. Gemeint ist der Vorspann der Liste für die Bundestagswahl, wo sich Männer und Frauen im Reißverschlussverfahren abwechseln: Auf Finanzminister Wolfgang Schäuble folgt die Ex-Ministerin Annette Schavan, dann Fraktionschef Volker Kauder, Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz und Strobl selbst. Die Liste ist freilich von nachrangiger Bedeutung, weil die CDU die meisten Wahlkreise direkt erobert.

„Noch am Anfang des Weges“

Bei den Direktkandidaten sieht es frauenmäßig wieder mager aus: 35 männlichen stehen gerade mal drei weibliche gegenüber. Vor Ort wurde halt anders entschieden. In Freiburg etwa gewann der konservative Adlige Matern Marschall von Bieberstein gegen die aus Kamerun stammende Stadträtin und Landesvorständlerin Sylvie Nantcha – sehr zum Unverständnis von Frauenförderern in der CDU. Mit dem Projekt „Frauen im Fokus“, sagt der Landeschef Strobl, stehe man eben noch „am Anfang eines Weges“. Er sei sich aber „absolut sicher“: „Wir werden uns in den nächsten Monaten und Jahren in diesem Punkt klar und deutlich weiterentwickeln.“ Bis dahin wird sich Strobl wohl noch öfter mit dem Spitznamen „Casanova“ necken lassen müssen.