Nach dem Erfolg bei der Europawahl kündigt der CDU-Landeschef an, er wolle Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2016 werden. Damit kommt es zu einem Duell gegen Landtagspräsident Wolf. Die FDP droht derweil als Partner auszufallen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Tagsüber hatte es die Südwest-CDU noch spannend gemacht. Ob der Landesvorsitzende Thomas Strobl bei der Vorstandssitzung am Montagabend verraten werde, ob er Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2016 werden wolle? Dazu könne man nichts sagen, lautete die Antwort, wen auch immer man fragte. Es sei alleine Strobls Sache zu entscheiden, wann er sich zu – angeblichen oder tatsächlichen – Ambitionen äußern werde. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag würden Strobl und die Generalsekretärin Katrin Schütz in jedem Fall über die Sitzungen von Präsidium und Landesvorstand berichten.

 

Seit der Europa- und Kommunalwahl waren in der CDU alle Blicke auf Strobl gerichtet. Schritt für Schritt wolle man die Macht in Baden-Württemberg zurückerobern, hatte er stets gepredigt. Die erste Etappe, die Bundestagswahl im vorigen Herbst, bestand die Landespartei mit Bravour – wohl auch dank des Angela-Merkel-Effekts. Auch mit der zweiten Etappe konnten die Christdemokraten zufrieden sein: Ihre Position als mit Abstand stärkste Kraft im Südwesten haben sie bei der Europawahl gefestigt, die CDU alleine wurde stärker als Grüne und Rote zusammen. Damit war es nach Strobls Logik an der Zeit, die dritte Etappe in den Blick zu nehmen – eben die Landtagswahl 2016.

Kommen weitere Kandidaten aus der Deckung?

Kurz nach 22 Uhr am Abend kam schließlich aus Teilnehmerkreisen die erwartete Nachricht: Jawohl, Strobl habe seinen Hut in den Ring geworfen. Er wolle sich der Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres geplanten Mitgliederbefragung stellen, bei der diesmal der Spitzenkandidat gekürt werden soll. Damit hat die CDU-Basis eine echte Wahl: zwischen dem Bundespolitiker Strobl und dem Landtagspräsidenten Guido Wolf; vielleicht melden sich auch noch weitere Aspiranten.

Als erster Bewerber hatte sich bereits Anfang April Wolf geoutet: Da verzichtete der Landtagspräsident auf eine Kampfkandidatur gegen Peter Hauk um den Vorsitz der Landtagsfraktion – und sicherte sich im Gegenzug die Unterstützung der Abgeordneten für sein Antreten. Entsprechend aufmerksam wurde registriert, was Wolf am Wahlabend im Stuttgarter Abgeordnetenhaus sagte: Für künftige Wahlen, so sein Fazit, sei das Ergebnis eine gute Grundlage. Gerade vor dem Hintergrund des Martin-Schulz-Effektes für die SPD habe die CDU „sehr gut“ abgeschnitten, erfreulich sei auch, „dass die AfD hinter ihren eigenen Erwartungen zurückgeblieben ist“.

Umfrage: 39 Prozent kennen Wolf nicht

Sieben Wochen lang konnte sich Wolf nun schon ohne Konkurrenz als Kandidat profilieren. Prompt kursierten in der CDU Spekulationen, Strobl werde erst gar nicht gegen den Landtagspräsidenten antreten; er überlasse die Spitzenkandidatur dem populären Tuttlinger, der wohl die besseren Wahlchancen habe. Doch auf solche Gerüchte – die auch von interessierter Seite gestreut wurden – wollte man im Lager des Landesvorsitzenden nicht viel geben. Durch eine aktuelle SWR-Umfrage, zum Beispiel, konnte sich eher Strobl gestärkt sehen: Wolf war danach 39 Prozent der Befragten nicht bekannt, obwohl er doch seit zwei Jahren rastlos durchs Land tourt. Mit dem Namen Strobl konnten hingegen nur 26 Prozent nichts anfangen.

Am Tag nach dem Superwahltag beließ es der Landeschef zunächst bei einer zufriedenen Nachlese. Man liege „satte vier Prozentpunkte über dem Unionsergebnis im Bund“, nur die niedersächsische CDU habe – als Heimatverband des Spitzenkandidaten David McAllister – noch um 0,1 Prozentpunkte besser abgeschnitten. Einziger „Wermutstropfen“ war für Strobl, dass man nur noch fünf statt sechs Abgeordnete nach Brüssel schicke und es für Thomas Ulmer nicht mehr gereicht hatte. Sein Fazit: „Die Arbeit, die wir in der CDU Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren geleistet haben, zahlt sich aus.“

Sorgen um den Koalitionspartner FDP

Sorgenvoll registrierten CDU-Leute hingegen das anhaltende Tief der FDP. Drei Prozent kürzlich in der SWR-Umfrage, gut vier jetzt bei der Europawahl im Land – als Koalitionspartner, so ihre Sorge, drohten die Liberalen auszufallen. Es gebe immerhin eine „gewisse Stabilisierung“ auf niedrigem Niveau, analysierte der Landeschef Michael Theurer. Die „Wiederaufrichtung“ der FDP werde aber fraglos ein „Langstreckenlauf“. Persönlich erreichte Theurer seine Wahlziele: Als Zweiter auf der Bundesliste kam er klar ins Europaparlament, daheim in Horb, wo er einst Oberbürgermeister war, wird er für die FDP/Freie Wähler mit einem dicken Stimmenpaket in den Gemeinderat einziehen; die Liste lag am Montag auf Platz zwei hinter der CDU.

Freude herrscht auch bei der Grünen-Kandidatin Maria Heubuch, die nach einer stundenlangen Zitterpartie doch einen Platz im Europaparlament ergatterte. „Sie wird eine starke Stimme für Baden-Württemberg und insbesondere auch für den ländlichen Raum sein“, beglückwünschte die Parteispitze die Bäuerin aus dem Allgäu. Heubuch selbst gelobte umgehend, sie werde dafür kämpfen, „dass wir in Europa . . . den ländlichen Raum lebendig halten“.