Acht Jahre liegt der Rücktritt von Walter Döring inzwischen zurück. Doch noch immer gilt er in der FDP als Hoffnungsträger – auch vor der Bundestagswahl.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Acht Jahre liegt der Rücktritt von Walter Döring als FDP-Landeschef und Wirtschaftsminister nun schon zurück. Da könnte man meinen, dass die Zeit allmählich über ihn hinweggegangen ist. Doch die regelmäßig aufflammenden Spekulationen über eine Rückkehr des liberalen „Alleinunterhalters“ sind immer noch geeignet, die Partei zu elektrisieren. Das sagt einiges über Dörings Qualitäten aus – aber auch über die Wertschätzung für seine Nachfolgerin Birgit Homburger.

 

Derzeit wird ein mögliches Comeback mal wieder verstärkt erörtert. Mitte November will die Südwest-FDP bei einem Parteitag in Villingen die Landesliste für die Bundestagswahl aufstellen. Als Vorsitzende gilt die Singener Abgeordnete Homburger eigentlich für Platz eins gesetzt, die Folgeplätze wurden in den vergangenen Wochen schon mal intern ausgeknobelt. Und doch halten sich in der Partei hartnäckig Gerüchte, die Chefin könne überraschend Konkurrenz bekommen – nämlich von Döring (58). Wenn er wirklich antrete, malen sich Strategen aus, könne es für Homburger (47) eng werden. Anders als sie nämlich könne er „einen Parteitag mit wenigen Sätzen zum Jubeln bringen“ – und der FDP in ihrem Stammland vielleicht wieder zu altem Glanz verhelfen.

Sehnsucht nach mehr Strahlkraft

Aber ist dieses Szenario realistisch? Anfragen hat Döring in den vergangenen Monaten etliche erhalten, was er als Indiz für eine „gewisse Unruhe“ wertete. Nach reiflicher Bedenkzeit hat er sie allesamt abschlägig beschieden. Natürlich komme er nach Villingen, er sei schließlich Delegierter, sagte er jetzt auch der StZ. Aber: „Ich habe nicht die Absicht, anzutreten.“ Doch die Sehnsucht nach einer Führungsfigur mit mehr Strahlkraft als Homburger scheint so groß zu sein, dass die Absage nicht als endgültig gewertet wird. Hat sich Döring nicht erst kürzlich ein Hintertürchen offen gelassen? Er sei „Vollblutpolitiker“ gewesen, sagte er da in einem Interview, „da wäre es albern, eine Rückkehr für immer und ewig auszuschließen“. Und aus frei werdenden Wahlkreisen wird hoffnungsfroh berichtet, der Ex-Landeschef habe dort die Lage sondiert. In parteiinternen Zirkeln werden Für und Wider eines Comebacks sorgsam abgewogen. Die Strafe wegen uneidlicher Falschaussage im Flowtex-Komplex, zum Beispiel, stelle kein Hindernis mehr dar: sie sei inzwischen aus dem polizeilichen Führungszeugnis gestrichen. Andererseits gilt es als fraglich, ob ein Bundestagsmandat für Döring überhaupt finanziell attraktiv wäre: Seine Geschäfte als Unternehmensberater liefen gut, hört man, die Diäten als Abgeordneter würden mit seinen Bezügen als Ex-Minister verrechnet.

Mit öffentlicher Kritik an der designierten Spitzenkandidatin halten sich liberale Strategen denn auch zurück. „Die Frage ist doch, ob wir mit Birgit Homburger das bestmögliche Ergebnis erreichen“, zitierte die FAZ unlängst einen Kreisvorsitzenden. Doch selbst bei den Skeptikern ist inzwischen die Einsicht gewachsen, dass man mit dem vorhandenen Führungspersonal leben müsse. „Wir können uns ja niemanden backen”, heißt es leicht resigniert. Zudem komme es bei der Wahl mehr auf die Zugkraft der Bundes- als der Landesspitze an. Von einem Ergebnis wie 2009 können die Südwest-Liberalen derzeit nur träumen. Damals holten sie im Land sagenhafte 18,8 Prozent und konnten 15 Abgeordnete nach Berlin schicken. 2013 gelten sechs oder sieben Mandate als sicher, weshalb um die Listenplätze munter gerangelt wird. Etwas Spielraum gibt es dadurch, dass drei Parlamentarier – mal mehr, mal weniger freiwillig – nicht mehr antreten: der Landesgruppenvorsitzende Harald Leibrecht aus Ludwigsburg, Sibylle Laurischk aus Offenburg und der allseits geschätzte Staatssekretär Ernst Burgbacher aus Trossingen.

Die Oberliberalen demonstrieren Optimismus

Die inoffizielle Rangliste sieht derzeit so aus: Auf Platz zwei kandidiert Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel, dessen Ansehen in der Partei unter der Teppichaffäre und diversen Personalquerelen kaum gelitten hat. Es folgen die Abgeordneten Hartfrid Wolff, Michael Link – zugleich Staatsminister im Auswärtigen Amt –. Florian Toncar und Judith Skudelny. Erst bei Platz sieben gibt es wieder Konkurrenz, wohl zwischen den Abgeordneten Erik Schweickert, Pascal Kober und Patrick Meinhardt. Letzterer, wird spekuliert, greife womöglich schon weiter vorn an. Aber das alles, sagen Insider , könne „auch anders kommen“. Trotz aller Umfragen, die die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde herumkrebsen sehen, demonstrieren die Oberliberalen Optimismus: Neun Prozent hat Birgit Homburger als Wahlziel auf Bundesebene ausgegeben, darauf arbeite man „punktgenau“ hin. Auch Döring sagt, er „verstehe die Panik nicht“. Ob mit oder ohne ihn – die Partei werde „wesentlich besser abschneiden, als alle befürchten“.