Südwest-SPD wählt Parteispitze neu Kanzlerbesuch beflügelt die Genossen im Land
Die Südwest-SPD bestätigt ihren Chef Andreas Stoch und seine Mannschaft an der Parteispitze. Die setzt nach dem Kanzlerbesuch ganz auf Rückenwind aus Berlin.
Die Südwest-SPD bestätigt ihren Chef Andreas Stoch und seine Mannschaft an der Parteispitze. Die setzt nach dem Kanzlerbesuch ganz auf Rückenwind aus Berlin.
Mit Blumen vom Kanzler und überhaupt ganz nah bei Olaf Scholz – so kann der baden-württembergische SPD-Vorsitzende Andreas Stoch sich nach seiner Wiederwahl zum Landesparteichef präsentieren. Kameras surren und klicken, um den Moment über den Parteitag hinaus festzuhalten. Mit 95 Prozent ist Stoch in seiner Führungsposition bestätigt worden und das, obwohl die Südwest-SPD sich Umfragen zufolge noch nicht von den zuletzt miserablen Landtags- und Bundestagswahlergebnissen im Land erholt hat.
Nur eine kleine Änderung der Tagesordnung war nötig, damit die Genossen mit solchen Bildern glänzen können: Stochs Wahl wurde vorgezogen, damit sein Ergebnis noch in Scholz’ Anwesenheit verkündet werden konnte.
„Einer von uns“ – auf diese Formel bringt Andreas Stoch den Besuch des Kanzlers bei der Landes-SPD. Die Konstellation ist für die baden-württembergischen Genossen ein Jahr nach der Bundestagswahl immer noch eine Sensation. Dass der grandiose Wahlsieg des sozialdemokratischen Überkanzlers Willy Brandt sich just an diesem Samstag zum fünfzigsten Mal jährt? Im Beisein des Amtsinhabers schnurrt der Verweis von Bundesparteichefin Saskia Esken auf die Historie zu einem ganz und gar nebensächlichen Aperçu zusammen. Ein Kanzlerbesuch ist für die Genossen im Land einfach verdammt lang her. Ältere Sozis sind unsicher, ob Gerhard Schröders letzte Kanzlervisite bei einem Landesparteitag 15 oder schon zwanzig Jahre her ist. Sicher ist: Ein Großteil der 320 Delegierten von heute war damals noch nicht dabei.
Deshalb ist Olaf Scholz’ Visite in Friedrichshafen schon genug, um den Delegierten das Herz zu erwärmen. Schulter an Schulter mit dem Inhaber der bundesdeutschen Richtlinienkompetenz – solche Fotos sind im Politmarketing Gold wert. Nicht nur Spitzenpolitiker, sondern auch die Basis nutzt nach Scholz’ selbstbewusst-angriffslustiger Rede die Chance zum Selfie mit dem Bundeskanzler. Dessen hanseatisch-kühles Temperament changiert ja durchaus nicht selten ins Abweisende. Doch in Friedrichshafen gibt Scholz sich betont nahbar und spielt geduldig mit bei der ausgedehnten Fotosession.
Zuversicht, Entlastung und eine klare Haltung gegenüber Putin sind die Fixpunkte seiner Rede über die SPD-Duftmarken in der bisherigen Regierungsbilanz: Die Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3000 Euro, die IG Metall und IG Bergbau bereits in Tarifabschlüssen umgesetzt hätten, Strom-, Gas- und Fernwärmebremse aus dem Entlastungspaket, die Erhöhung von Mindestlohn und Kindergeld – Scholz betonte, dass das nicht nur Maßnahmen zur Krisenbewältigung infolge von Russlands völkerrechtswidrigem Angriffskrieg gegen die Ukraine seien. Das werde von der Ampelregierung in Berlin auch deshalb umgesetzt, weil die SPD es im Wahlkampf so versprochen habe. „Wenn man das zusammenrechnet, dann bedeutet das die größte Verbesserung der Einkommenssituation von Geringverdienern durch eine sozialdemokratische Regierung.“
Als Tribut an den Grundsatz, dass Leistung sich lohnen müsse, wertet er die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro. Diese Botschaft richtet er speziell an den „lieben Herrn Merz“ von der CDU. Die baden-württembergischen Genossen quittieren die Kanzlerrede mit minutenlangem Applaus. Mit dem Kanzler an der Seite versprechen sie sich Rückenwind für die nächste Landtagswahl 2026.
Der Parteispitze erspart Scholz’ Besuch einen kritischen Rückblick auf die miesen Wahlergebnisse von 2021 oder prüfende Fragen, wie die Partei seither den politischen Alltag als Opposition gegen die grün-schwarze Regierung bewältigt. Nicht nur Stoch, sondern auch Generalsekretär Sascha Binder (85 Prozent) und die engere Parteiführung werden im Amt bestätigt. „Wir lassen uns nicht frustrieren, weil wir bei der Landtagswahl 2021 die Wende in diesem Land noch nicht geschafft haben“, fügt Stoch hinzu. Was im Bund gelungen sei, sei auch für Baden-Württemberg nötig.