Ein gewaltiges Feuer vernichtet die historische, bei Touristen beliebte Stadt Dukezong an der Grenze zu Tibet. Die Bauweise der zum Teil 1300 Jahre alten Holzhäuser macht sie zum leichten Raub der Flammen.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Dukezong/China - Wenn die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist, dann wird es sehr schnell sehr kalt. Die Berge sind hoch, hier im Südwesten Chinas, die Sonne geht schon recht früh. Von den Terrassen der kleinen Hotels und den Balkonen der Cafés verschwinden dann auch die Menschen, hinein in die wohlige Wärme der Holzhäuser, dorthin, wo eifrige Hände die Kohlen in kleinen Öfen stecken und den Tee aufbrühen. Vielleicht ist es so ein Kohleofen gewesen, der in Shangri-La, einem der beliebtesten Reiseziele Chinas, die Katastrophe ausgelöst hat. Genau steht die Ursache noch nicht fest. Brandstiftung schlossen die Behörden aus. Etwa 250 Holzhäuser sind dem Großfeuer zum Opfer gefallen. Weite Teile von Shangri-La sind zerstört, 2600 Bewohner wurden in Sicherheit gebracht. Es ist ein Glück, dass keine Personen zu Schaden gekommen sind.

 

Urlauber finden hier das irdische Paradies

Shangri-La ist ein Meisterstück des Marketings. Noch zu Beginn des Jahrtausends hieß die Region Zhongdian, dann tauften die Tourismusmanager die Provinz an der Grenze zu Tibet auf den mythischen Namen, den der britische Schriftsteller James Hilton berühmt gemacht hatte, als Traum vom irdischen Paradies. Vor allem chinesische Touristen wollen diesen Traum im echten Leben träumen. Von Jahr zu Jahr strömen mehr von ihnen in die durchaus luftige Höhe. Der Hauptort liegt oberhalb von 3000 Meter, von ihm aus kommt man mit der Seilbahn problemlos auf 4500 Meter hinauf. Da wird die Luft schon recht dünn, und deswegen wird sie auch an jeder Ecke in Flaschen verkauft.

Wenige Schritte vom neuen Shangri-La mit seinen Luxushotels, breiten Autostraßen und einem von Bergen umrahmten Flughafen liegt das alte Dorf Dukezong. Viele der bis zu 1300 Jahre alten Holzhäuser haben in den vergangenen Jahren eine sehr gründliche Auffrischung erfahren, vom Original ist oft nicht mehr viel übrig geblieben. Aber der neue Schein ist für chinesische Verhältnisse überaus feinfühlig mit dem alten Gerippe verbunden worden. Man braucht nicht bis nach Tibet zu reisen, um eine Ahnung von der tibetischen Kultur zu bekommen.

Die Holzhäuser werden sicher wieder aufgebaut

Dafür sorgen schon die zahlreichen Souvenirhändler. Gebetsfahnen und alles, was ein Yak so hergibt, wird an jeder Ecke feilgeboten:Besteck und Trinkhörner aus den Knochen, Kämme aus dem Horn und natürlich die Felle der tibetischen Grunzochsen. In den zahlreichen Restaurants gibt es das Yakfleisch in jeder erdenklichen Art: getrocknet, geschmort, gebraten und zusammen mit Yakmilch, die nicht nur ihres hohen Fettgehaltes wegen sehr speziell ist.

Die meisten Restaurants haben hier nur wenige Tische, die Hotels kein Dutzend Zimmer, und überall schmauchen und fauchen die Kohleöfen vor sich hin. So sieht er für viele aus, der Traum vom irdischen Paradies. Für die Einwohner und Tausende von Besuchern ist er erst einmal ausgeträumt. Zumindest vorübergehend. Es wäre ein kleines Wunder, wenn die historischen Holzhäuser nicht in ein paar Jahren noch strahlender an gleicher Stelle wieder stehen würden.