Der Arbeitgeberverband Südwestmetall sieht die Betriebe im Rems-Murr-Kreis doppelt im Stress: Rezession und Strukturwandel erschweren das Geschäft.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Waiblingen - Der allgemeine wirtschaftliche Abschwung in der Metall- und Elek-troindustrie hat nun auch viele Betriebe im Rems-Murr-Kreis im erfasst. „Wir erleben in unserer Branche derzeit den markantesten konjunkturellen Rückgang seit der Finanz- und Wirtschaftskrise vor zehn Jahren“, sagt der Bezirksvorsitzende des Arbeitgeberverbands Südwestmetall und Stihl-Personalvorstand, Michael Prochaska. Nach einer Eintrübung des Konjunkturhimmels zu Anfang des vergangenen Jahres sei dieser inzwischen „kohlrabenschwarz“. Anzeichen dafür, dass sich daran kurzfristig etwas ändern werde, gebe es keine.

 

Mehr als die Hälfte ist pessimistisch

Das scheint die jüngste Umfrage der Bezirksgruppe zu belegen. Lediglich 22 Prozent der befragten Unternehmen rechneten 2020 mit einer ansteigenden Beschäftigungsentwicklung, mehr als die Hälfte (knapp 56 Prozent) gingen hingegen von rückläufigen Zahlen aus. Noch vor einem Jahr waren das weniger als 31 Prozent gewesen.

Als Gründe der Entwicklung nennt Prochaska zum einen eine „von US-Präsident Donald Trump geradezu mutwillig herbeigeführte Spirale von Zöllen und Gegenzöllen im Handel mit China“ sowie die von ihm angedrohte Zollerhöhung auf Kraftfahrzeug-Exporte aus der EU. Das und die Unsicherheit um ein Handelsabkommen mit Großbritannien sowie andere Handelskonflikte habe sich für die exportorientierte heimische Industrie zu einer „schweren Belastung“ entwickelt.

Prochaska verhehlt aber auch nicht, dass der „massive Strukturwandel im Zuge von Digitalisierung und Decarbonisierung“ seine Spuren hinterlasse. Nicht nur die mit der Automobilindustrie verbundenen Betriebe hätten zu kämpfen. Das bestätigt etwa auch Johannes Maier, Geschäftsführer des Fellbacher Spezialisten für Spanntechnik AMF: „Wir spüren eine starke Verunsicherung unserer Kunden, in welche Richtung sie investieren sollen.“ Die Folge, die wiederum auch AMF zu spüren bekommt: „Auf den Maschinentischen wird weniger produziert.“ Selbst Musterunternehmen wie der Kettensägen-Weltmarktführer Stihl müssen den Spagat zwischen aktuell gefragter und Zukunftstechnologie meistern. Michael Prochaska: „Der Benzin-Motor ist noch unser Hauptstandbein, gleichzeitig investieren wir viel in Batterietechnik.“

Forderung: Mehr Flexibilität bei Arbeitsverträgen

Nicht jeder Betrieb verfügt dabei über Reserven wie Stihl, deshalb appelliert der Verbandschef Prochaska auch an die Politik, den Unternehmern mehr Flexibilität zu gewähren, statt diese weiter zu beschneiden. Dabei gehe es unter anderem um die Möglichkeit, befristete Arbeitsverträge abzuschließen oder um Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld.

Auch die Gewerkschaften sehen die Arbeitgeber in einer Art Bringschuld. Der jüngste Tarifabschluss habe bei vielen Betrieben einen „nachhaltigen Flurschaden“ hinterlassen, so Prochaska. Die IG Metall habe „jedes Augenmaß verloren“. Nach der „Riesenerhöhung“ vor zwei Jahren sei nun ein „moderater Abschluss mit Augenmaß“ geboten. Was das in Zahlen bedeuten könnte, ließen sowohl Prochaska als auch der Südwestmetall-Geschäftsführer Michael Kempter freilich unbeantwortet.

Der Verband Südwestmetall

Land
Der Arbeitgeberverband Südwestmetall vertritt in Baden-Württemberg die arbeitsrechtlichen, tarif- und politischen Interessen von mehr als 1600 Mitgliedsbetrieben der Metall- und Elektroindustrie.

Kreis
Die Bezirksgruppe Rems-Murr ist eine von insgesamt 13 regionalen Vertretungen. Sie betreut zurzeit 96 Mitgliedsbetriebe mit knapp 20 000 Beschäftigten.