Super Bowl American Football: Lang lebe der König

Tom Brady ist mit seinem sechsten Super-Bowl-Ring der Größte Football-Spieler aller Zeiten. Nachdem das nun geklärt ist, sollten wie dringend über die Zukunft der NFL sprechen. Verspielt der Football seine Zukunft?
Stuttgart - Die Party schien zu Ende. Nach Jahrzehnten des Wachstums – national und weltweit – musste die NFL am Ende der vergangenen Saison einräumen, dass ihr Sponsoren absprangen, die TV-Quoten zum zweiten Mal in Folge sanken (beim Super Bowl gar zum dritten Mal in Folge) und die Beliebtheit der meisten Teambesitzer und von NFL-Commissioner Roger Goodell irgendwo zwischen Donald Trump und dem Syrien-Einsatz der US-Armee pendelte.
Rassismus, Kaepernick und „Hurensöhne“
Die Rassismus-Debatte, der Fall Kaepernick, die wüsten Beschimpfungen („Hurensöhne“) von US-Präsident Trump und auch die Frage nach der Gesundheit der Spieler – all das hatte Spuren hinterlassen und insbesondere in den liberalen Gegenden der USA American Football als die US-Sportart Nummer eins in Frage gestellt. König Football war angeschlagen. Großer Gewinner der Debatte: die Basketball-Profiliga NBA, sozusagen der Kronprinz der milliardenschweren NFL.
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Zwar waren Deutschlands NFL-TV-Macher bemüht, die zum Teil hitzigen Diskussionen hierzulande nicht groß aufkommen zu lassen – offenbar wollte man das eigene Produkt nicht gefährden –, ausblenden kann und sollten sie bei #ranNFL die Probleme der NFL aber in Zukunft nicht (mehr). Dass Kaepernick weiterhin ohne Job dasteht, ist weder sportlich noch politisch nachzuvollziehen. Dass es aktuell nur noch zwei afroamerikanische Headcoaches (Mike Tomlin/Pittsburgh Steelers und Anthony Lynn/Los Angeles Chargers) in einer Liga mit über 70 Prozent farbigen Spielern gibt, halten viele Fans schlicht und einfach für Rassismus. Auch diese Themen gehören zwingend zur NFL – ob es den Machern bei SAT1 gefällt, oder nicht.
Meinungsfreiheit hat auch für Sportler zu gelten
Nun bekleckert sich auch die NBA bei der Anzahl der farbigen Cheftrainer nicht gerade mit Ruhm (6 von 30) – aber die Basketball-Superstars um LeBron James, Kevin Durant oder Steph Curry beziehen zu politischen Fragen Stellung, zeigen klare Kante gegen Rassismus und müssen dabei nicht mit absonderlichen Strafen seitens ihrer Liga rechnen. Meinungsfreiheit gilt auch für Sportler – eine Erkenntnis, die man in der NFL häufig vergebens sucht. Da kostet ein Kommentar über die Anzahl an Afroamerikanern in Entscheidungspositionen auch mal 50 000 Dollar. Wenn aber ein NFL-Spieler seine Frau verprügelt, darf er nach einer kurzen Denkpause zurück auf den Kunstrasen. In meinen Augen ein Skandal.
Die Party ist noch nicht zu Ende
Dass es der NFL in den USA trotz der anhaltenden Diskussionen gelang – zumindest was die TV-Quoten angeht – wieder die Kurve zu bekommen, lag an besonderen Duellen in dieser Saison (Brady vs. Rogers), neuen Superstars wie dem frisch gekürten MVP Patrick Mahomes und an neu beziehungsweise wieder erschlossenen Märkten wie Los Angeles. Der knappe, aber hoch verdiente 13:3-Erfolg der New England Patriots gegen überforderte Los Angeles Rams lockte ersten Schätzungen zufolge im Schnitt rund 115 Millionen US-Amerikaner vor die TV-Geräte – das wäre neuer Rekord.
Wenn die NFL aber unter den jüngeren Sportfans dieser Welt nicht vom Basketball-Konkurrenten eingeholt und abgehängt werden will, sollte sie zusehen, dass sie echte Skandale aufarbeitet und sich nicht weiter dem Rassismus-Vorwurf aussetzen muss. Und dass Spieler in Zukunft wieder das sein dürfen, was in einer Demokratie völlig normal sein sollte: mündige Bürger.
Tom Bradys sechster Super-Bowl-Triumph hat gezeigt: die Football-Party ist noch lange nicht zu Ende. NFL-Boss Goodell muss aber aufpassen, dass sie nicht von der NBA gecrasht wird. Damit man auch nach dem nächsten Super Bowl noch sagen kann: Lang lebe der König!
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