Die Ankündigung der Super League lässt die Emotionen europaweit hochkochen. Scharfe Proteste gibt es besonders in England.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Die Pläne zur Super League haben ein Erdbeben im europäischen Fußball ausgelöst. Am Tag danach diskutierten Spieler, Trainer und Vereine über den Grad der Verdorbenheit, den das Geschäft erreicht hat. Emotionale und juristische Aspekte spielen eine Rolle.

 

Mögliche Konsequenzen:

Halten die Super-League-Clubs an ihrem Vorhaben fest, droht eine kaum mehr zu kittende Spaltung. Fifa und Uefa möchten die teilnehmenden Vereine und Spieler von all ihren Wettbewerben ausschließen. Auch einige nationale Ligen machen sich über derartige Pläne Gedanken. Die Spieler müssten sich so künftig beispielsweise zwischen der Teilnahme an einer WM/EM oder der Super League entscheiden, das Niveau der einzelnen Wettbewerbe würde sinken. Es droht eine Klagewelle von allen Seiten.

Die juristische Seite:

Sollte der Verband die Drohung in die Tat umsetzen, könnten folgende deutsche Spieler bei der EM fehlen: Bernd Leno (FC Arsenal), Kai Havertz, Antonio Rüdiger, Timo Werner (alle FC Chelsea), Ilkay Gündogan (Manchester City), Marc-Andre ter Stegen (FC Barcelona) und Toni Kroos (Real Madrid). Den Ausschluss von Spielern halten Juristen aber nur für nur schwer haltbar. „Die Drohung ist problematisch. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gericht den Ausschluss aus kartellrechtlichen Aspekten für unzulässig erklären würde, die besteht“, sagte der Stuttgarter Rechtsanwalt und Sportrechtsexperte Christoph Wüterich. Die Uefa würde ihre Monopolstellung ausnutzen, entsprechende Sanktionen könnten als unzulässige Einflussnahme auf den Markt ausgelegt werden. Wüterich: „Die Uefa ist ein Monopolist, der Angst hat, dass ihm die Pfründe davonschwimmen.“

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Ob möglicherweise Vereine aus dem laufenden Wettbewerb fliegen, lässt die Uefa prüfen. Betroffen wären die drei Champions-League-Halbfinalisten Manchester City, Real Madrid und FC Chelsea sowie die beiden Europa-League-Halbfinalisten FC Arsenal und Manchester United. Wie im Fall der Spieler wäre ein Rauswurf wegen der Verletzung des Kartell- und Wettbewerbsrechts wohl anfechtbar.

Die emotionale Seite:

„Krieg“, „Verrat“, „Hass“, „Verbrechen“, „Tod“ – die Fußballrevolution hat einen weltweiten Aufschrei mit martialischer Rhetorik ausgelöst. Vor allem in England und rund um den FC Liverpool kochen die Emotionen hoch. Dieses Symbol der Arbeiterklasse wirft sich in die Arme der Hochfinanz? Es war keine Sensation, dass Trainer Jürgen Klopp und seinem Club beim Spiel in Leeds wüste Beschimpfungen entgegenschlugen, der Kultcoach sogar um sein Leben fürchtete. „Ich gehe jetzt nach Hause und weiß nicht, was da abgehen wird“, sagte Klopp sichtlich aufgewühlt. Premierminister Boris Johnson kündigte an, dem „lächerlichen“ Milliardenprojekt die Rote Karte zu zeigen.

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Die deutschen Teams:

Dass der FC Bayern oder Borussia Dortmund doch noch schwach werden, ist grundsätzlich nicht auszuschließen, erscheint aber zumindest kurzfristig unwahrscheinlich. Einladungen für die Super League sollen FCB und BVB laut dem „Spiegel“ bereits erhalten haben – für die Entscheidung wurde ihnen angeblich eine 30-tägige Frist eingeräumt. Beide Vereine positionierten sich jedoch öffentlich bisher eindeutig gegen die Super League. Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge rief zu Solidarität auf und versicherte, dass sich die Münchner nicht an den Planungen beteiligt hätten: „Wir sind davon überzeugt, dass die aktuelle Statik im Fußball eine seriöse Basis garantiert.“ Der FC Bayern gilt durch sein Nein zur Super League plötzlich als Paradeverein der Aufrichtigen und bekommt Lob aus vielen Ecken.

Andere Sportarten:

Die Zerstückelung im europäischen Basketball zeigt, welches Chaos dem Fußball drohen könnte. Die eigenständige Euroleague mit 34 Spieltagen ist ein geschlossener Wettbewerb ohne Absteiger und die Möglichkeit, sich direkt sportlich zu qualifizieren. So tritt der FC Bayern Basketball dort an, obwohl er im Kampf um die deutsche Meisterschaft 2020 schon im Viertelfinale gescheitert ist. Für Qualifikationsspiele von Nationalteams werden Euroleague-Spieler nicht abgestellt, erst für die Finalturniere von EM, WM oder Olympia kommen die Topleute dazu.

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