Im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten hat der „Super Tuesday“ keine Entscheidung gebracht, nicht mal eine Vorentscheidung. Was bedeutet das für die Kandidaten?

Washington - So banal das klingen mag, noch vor einer Woche hatte es den Umfragen nach ganz anders ausgesehen. An diesem Dienstag, schien es, würde Bernie Sanders seine Konkurrenten so deutlich hinter sich lassen, dass die ihn auf den restlichen Etappen nicht mehr einholen könnten. Es ist anders gekommen. Joe Biden ist es gelungen, den Siegeszug des Rivalen zu stoppen, zumindest für den Moment. Nach seinem Kantersieg am Samstag in South Carolina hat Biden einmal mehr in Bundesstaaten gewonnen, in denen Afroamerikaner an der Basis der Demokraten die Mehrheit bilden oder zumindest eine gewichtige Größe sind.

 

In Alabama, Arkansas, North Carolina, Tennessee und Virginia entschied er das Duell gegen den linken Senator aus dem Neuenglandstaat Vermont eindeutig für sich. Der amerikanische Süden bleibt Sanders‘ Achillesferse. Bereits 2016 verlor er den Kampf um die Kandidatenkrone, weil seine Kontrahentin Hillary Clinton dort den entscheidenden Vorsprung herausholte.

Buttigieg und Klobuchar stärken Biden den Rücken

2020 scheint sich am mangelnden Rückhalt für ihn nichts geändert zu haben. Bidens Vorwahltriumph in South Carolina, das hat der „Super Tuesday“ gezeigt, war keine Eintagsfliege: Der ehemalige Vizepräsident, der acht Jahre lang ein Regierungsgespann mit Barack Obama bildete, kann sich flächendeckend auf schwarze Wähler verlassen. Zudem hat er enorm davon profitiert, dass Kontrahenten, die für eine ähnlich pragmatische Politik stehen wie er, nicht nur das Handtuch geworfen, sondern ihn explizit zur Wahl empfohlen haben.

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Die Schnelligkeit, mit der Pete Buttigieg und Amy Klobuchar beschlossen, Biden den Rücken zu stärken, statt ihm weiter Stimmen abzugraben, trug zweifellos bei zu seinem Erfolg. In der jüngeren Geschichte amerikanischer Vorwahlen hat ein derart konsequentes Handeln durchaus Seltenheitswert. Vor vier Jahren brauchten die republikanischen Widersacher Donald Trumps mehrere Wochen, ehe sie sich – zu spät – auf einen Bewerber verständigten, der dem davonziehenden Immobilienmogul Paroli bieten sollte.

Erster Platz für Sanders in Kalifornien

Verglichen damit schlossen die gemäßigten Demokraten ihre Reihen in geradezu atemberaubendem Tempo, offenbar getrieben von panischer Angst angesichts des sich abzeichnenden Durchmarschs von Bernie Sanders. Nur der Schulterschluss erklärt beispielsweise Bidens Sieg in Minnesota, in einem Staat, in dem die Lokalmatadorin Klobuchar bis zu ihrem Ausscheiden die besten Karten hatte. Nur wäre es töricht, ihn nun zum Favoriten des Wettbewerbs zu erklären, nachdem man ihn nach einem vierten Platz zum Auftakt in Iowa und einem fünften auf der zweiten Vorwahletappe in New Hampshire so gut wie abgeschrieben hatte.

Sein Widersacher Sanders kann sich auf hoch motivierte Anhänger stützen, unter denen er echte Begeisterung entfachte. Sein erster Platz in Kalifornien, wo am Dienstag 415 Delegiertenmandate für den Nominierungsparteitag im Juli zu vergeben waren, mehr als in jedem anderen Bundesstaat, unterstrich seine Stärken. Möglich, dass Elizabeth Warren, deren Programme in manchen Punkten nahezu identisch sind, demnächst aufgibt und ihn unterstützt. Was sich abzeichnet, ist ein Kampf auf Biegen und Brechen zwischen beiden Lagern, dem der radikalen und dem der vorsichtigen Reformer.

Eine amerikanische Wahl kann man nicht kaufen

Michael Bloomberg, der eine halbe Milliarde Dollar für Wahlkampfwerbung ausgab, in der Hoffnung, am „Super Tuesday“ groß aufzutrumpfen, bekommt bestätigt, was ihm seine Rivalen seit Wochen unter die Nase reiben: Eine amerikanische Wahl kann man nicht kaufen. Sein enttäuschendes Abschneiden – mit Lichtblicken in Texas und Kalifornien – müsste den Ex-Bürgermeister New Yorks eigentlich veranlassen, auszusteigen. Nach den ungeschriebenen Gesetzen amerikanischer Wahlkämpfe wäre er schon deshalb dazu gezwungen, weil ihm mangels weiterer Spenden das Geld ausginge. Bei einem Mann, dessen Privatvermögen auf 60 Milliarden Dollar geschätzt wird, verlieren ungeschriebene Gesetze allerdings ihre Gültigkeit.