Getreidekeimlinge gelten als sehr gesund. Aber vor allem Hygiene ist bei den Gewächsen ein Thema, beim Anbau ebenso wie beim Verzehr. Ein Überblick, welche Versprechen Sprossen einlösen können und welche nicht.

Statt fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag einfach eine Handvoll Sprossen essen? Solche Werbeversprechen klingen gerade für Gemüsemuffel toll. Aber ist das ein ausreichender Ersatz für die vielen Nährstoffe im Gemüse? Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

 

Sind Sprossen tatsächlich so gesund? Tatsächlich liefern Sprossen Ernährungsexperten zufolge hochwertiges Protein, Ballaststoffe, Vitamine und gelten als leicht verdaulich. Insbesondere im Winter, wenn saisonales Obst und Gemüse knapp sind, sind sie zudem eine gute Möglichkeit, beim Kochen etwas Frisches zur Hand zu haben.

Dann kann man also Obst und Gemüse durch Sprossen ersetzen? Nein. Zwar belegen der Verbraucherzentrale Bremen zufolge einige Studien, dass die Menge an Vitaminen und Mineralstoffen pro 100 Gramm in vielen Minipflanzen höher ist als im ausgewachsenen Gemüse. Aber das trifft nicht auf alle Sprossen zu. „Und grundsätzlich enthält kein Lebensmittel allein alle Nährstoffe“, sagt Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Bonn. Aus diesem Grund wird eine möglichst abwechslungsreiche Ernährung aus allen Lebensmittelgruppen empfohlen. „Außerdem sollte man auch die Menge an Sprossen nicht überschätzen, die üblicherweise so gegessen wird. Es ist viel einfacher, 100 Gramm Tomaten – also ein bis zwei Stück – zu essen als 100 Gramm Sprossen“, sagt Restemeyer.

Aus welchen Samen lassen sich Sprossen gewinnen? Besonders beliebt sind die Keimlinge aus Getreidekörnern wie Weizen, Roggen, Hafer oder Gerste. Auch aus Hülsenfrüchten wie Sojabohnen oder Mungobohnen kann man Sprossen ziehen. „Außerdem eignen sich Pflanzen wie Brokkoli, Rettich, Senf, Buchweizen oder Luzerne“, sagt Silke Restemeyer. Je nach Sorte, die man zieht, schmecken die Sprossen süßlich, nussig oder scharf. Kaufen lassen sich die Samen in Reformhäusern und Biomärkten. Es sollten nur solche Samen verwendet werden, die extra für die Sprossenzucht vorgesehen sind oder Biosaatgut.

Wie kann man Sprossen zu Hause ziehen? Am einfachsten ist es, klebrige Sprossen wie Kresse, Leinsamen oder Chia auf einem feuchten Küchenpapier zu ziehen. Für Sprossen von Linsen, Radieschen oder Soja eignen sich sogenannte Sprossengläser. Das sind spezielle Gläser mit einem Sieb als Deckel. Sie lassen sich auch leicht selbst machen, indem man in ein Glas mit Plastikschraubdeckel Löcher bohrt. Die Gläser müssen vor der Benutzung mit kochendem Wasser sterilisiert werden. „Zuallererst werden die Samen dann gewaschen“, sagt Silke Restemeyer. Je nach Sorte wird das Saatgut dann mehrere Stunden oder Tage in Wasser eingeweicht – am besten in der Nähe eines Fensters ohne direkte Sonneneinstrahlung. Die aufgequollen Samen müssen dann zweimal täglich im Sprossenglas mit frischem Wasser gut durchgespült und zum Abtropfen in Schräglage aufgestellt werden.

Wie anfällig sind die Sprossen für Keime? „Im warmen und feuchten Klima im Keimglas können sich auch Pilze und Bakterien sehr gut vermehren, deshalb ist sauberes Arbeiten oberstes Gebot“, sagt Restemeyer. Dazu gehört auch, dass die Sprossen nach der Ernte noch einmal gewaschen werden. Und sollte es im Sprossenglas mal schimmeln: „Die Kultur wegwerfen und das Keimgerät gründlich mit Essig reinigen“, rät Silke Restemeyer.

Bei manchen Sprossen wird empfohlen, sie vor dem Essen zu kochen. Warum? In den Samen von Hülsenfrüchten wie Erbsen, Kichererbsen und Soja stecken gesundheitsschädigende Substanzen, die beim Keimen nicht oder nur teilweise abgebaut werden. Diese müssten durch Blanchieren im kochenden Wasser unschädlich gemacht werden, sagt Restemeyer.

Welche Keime kann man roh verzehren? Roh essen lassen sich der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zufolge die Keime von Mungobohne, Linse und Luzerne. Ebenso die Keime von Weizen, Roggen oder Gerste sowie Senf- und Sonnenblumenkeime. „Da alle Sprossen mit krankmachenden Keimen belastet sein können, sollten Menschen mit geschwächter Immunabwehr wie Kinder, Senioren oder Schwangere keine rohen Sprossen essen“, sagt Vanessa Holste, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Diese Personengruppen sollten die Sprossen kochen oder braten.

Sprossen kann man auch im Supermarkt kaufen. Wie ist es da um die Hygiene bestellt? Die Hersteller müssen ihre Ware auf krankmachende Keime untersuchen. Trotzdem: In den geschlossenen Sprossenverpackungen können sich Keime gut vermehren, weshalb sie zu Hause immer gewaschen und zügig verzehrt werden sollten.

Was sind Microgreens?

Erde
Microgreens enthalten dieselben Nährstoffe wie Sprossen, werden aber in Anzuchterde oder auf Kokosmatten gezogen, während Sprossen ohne Erde oder Substrat auskommen. Nach ein, zwei Wochen haben die Minipflanzen dann Blättchen ausgebildet und werden geerntet.

Geschmack
Microgreens lassen sich beispielsweise aus den Samen von Rucola, Erbsen, Karotten, Roter Bete, Spinat, Radieschen oder Kresse ziehen. Der Geschmack der Pflänzchen ist intensiver als bei ausgewachsenen Pflanzen.