Rund um Stuttgart finden sich viele Superlative. Zum Beispiel den Rekord, dass die kleinsten Gemeinden den meisten Nachwuchs haben.

Schlaitdorf - Wer hätte das gedacht: die Klapperstörche haben es in der Region Stuttgart auf den Dörfern wesentlich schwerer als in den großen Städten. Sie müssen dort nämlich mehr arbeiten. Das beweisen die Zahlen des Statistischen Landesamts zu den Geburten der vergangenen Jahre. Vor allem in den kleinsten Gemeinden im Kreis Esslingen kam Meister Adebar nur selten zum Fröschefangen und konnte die idyllische Landschaft am oberen Neckar kaum genießen - er war zu sehr mit Kinderschleppen beschäftigt, ganz besonders im vergangenen Jahr.

 

Da hat die drittkleinste Gemeinde des Landkreises den Rekord der vergangenen Jahre im Kinderkriegen aufgestellt: 15,2 Kinder pro 1000 Einwohner wurden in Schlaitdorf ausgeliefert. Damit hat die Gemeinde den bisherigen Spitzenreiter Altdorf, der nur einen Steinwurf entfernt auf der anderen Seite des Neckars liegt, des ersten Platzes verwiesen. Immerhin, auch Altdorf ist mit 13 Kindern pro 1000 Einwohner im Jahr 2009 wesentlich besser bedient worden als so manche andere Kommune in der Region. Im nahe gelegenen Nürtingen etwa gibt es zwar im Gegensatz zu Schlaitdorf, das gar keine hat, mehrere Post-Filialen. Kinder kamen dort aber nur verhältnismäßig wenige an, insgesamt nur acht pro 1000 Einwohner. Dabei gibt es dort sogar einen der seltenen Waldkindergärten. Da stand selbst die Kreisstadt Esslingen im vergangenen Jahr mit 9,5 Kindern besser da.

2010 wurde Kindertagesstätte eröffnet

Auch in den anderen Kreisstädten hat sich der gefederte Lieferservice nicht überanstrengt: In Böblingen waren es ebenfalls 9,5 Kinder pro 1000 Einwohner, in Göppingen nur 8,2, in Ludwigsburg immerhin 10,1 und in Waiblingen zehn Kinder.

Der Schlaitdorfer Bürgermeister Dietmar Edelmann hatte bisher zwar noch keine Ahnung davon gehabt, dass ausgerechnet seine Kommune im Kinderkriegen in der Region spitze ist, überrascht ist er aber trotzdem nicht. Er hat sogar eine Erklärung dafür, warum das große Kinderkriegen in Schlaitdorf ausgerechnet im Jahr 2010 begonnen hat: "Wir haben zu Beginn des Jahres unsere neue Kindertagesstätte eröffnet. Vorher hatten wir im Ort noch keine Kleinkindbetreuung, aber jetzt bieten wir zwei Gruppen für jeweils zehn Kinder an." Auch das Angebot der Schlaitdorfer Grundschule sei ausgezeichnet: Im Rahmen der verlässlichen Grundschule könnten die Kinder dort am Nachmittag bis um 16 Uhr betreut werden.

Zudem sei Schlaitdorf zwar ein kleiner Ort, punkte aber mit seiner schönen Umgebung und der zentralen Lage - zum Flughafen sind es beispielsweise nur zehn Minuten. Ob all das ausreicht, um auch in Zukunft Geburtenrekorde in der Region Stuttgart zu schreiben, muss sich freilich erst noch herausstellen. Edelmann gibt sich jedenfalls zuversichtlich. Schließlich habe man erst vor Kurzem ein neues Baugebiet am Ortsrand erschlossen. "Dadurch werden sicher noch mehr junge Familien hierher ziehen", sagt er. Und es wäre doch gelacht, wenn nicht die eine oder andere Familie noch Nachwuchs bekäme. Zumal das Land erst jüngst beschlossen hat, die Betreuung von Kleinkindern künftig stärker zu fördern als bisher. "Das hilft natürlich auch finanzschwachen Kommunen wie der unseren", sagt Dietmar Edelmann.

Nur die Störche über dem Schlaitdorfer Himmel, die stöhnen und wollen sich alle nach Drackenstein im Kreis Göppingen versetzen lassen. Dort wohnen offensichtlich am wenigsten junge Familien in der Region Stuttgart. Die Statistiker verzeichneten im vergangenen Jahr nur 2,3 Geburten pro 1000 Einwohner. 


Geburtenrate: Aus Sicht der Statistiker ist die Geburtenrate am geeignetsten, um herauszufinden, wie es um den Kindersegen bestellt ist. Sie bezeichnet die Kinderzahl je Frau. Doch sie hat einen Schönheitsfehler: sie wird nur für Kreise und nicht für Kommunen erhoben, weil dort die Anzahl der Menschen zu gering ist, um seriöses Material zu erhalten.

Kreise: Die Geburtenrate in der Region lag im Jahr 2010 mit einem Wert von 1,44 etwas über dem Landesschnitt von 1,38. Am höchsten war sie im Kreis Böblingen (1,48) gefolgt von Ludwigsburg (1,47) und Esslingen (1,45). Der Rems-Murr-Kreis liegt mit 1,40 nur knapp über dem Landeswert, Göppingen mit 1,38 exakt im Landesdurchschnitt.

Neugeborene: Wie das so ist mit der Statistik: die relativen und die absoluten Zahlen stimmen nicht immer überein. Die meisten Kinder wurden in der Region im Kreis Ludwigsburg geboren (4697), dann folgen Esslingen (4569) und Böblingen (3361). Das Schlusslicht bildet der Rems-Murr-Kreis (3329) und der Kreis Göppingen (1970).

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