Der Marktplatz auf dem Schlossberg in Böblingen gilt als so menschenleer wie kein anderer - das wird sich so schnell auch nicht ändern.

Böblingen - An einem ganz normalen Wintervormittag: die Turmuhr an der Stiftskirche zeigt kurz vor halb zwölf, als Bernd Bering schnellen Schrittes über das Pflaster des Böblinger Marktplatzes eilt. Der 70 Jahre alte Rentner hat, wie so oft, seinen Wagen vor der Gaststätte Schlossberg geparkt, wenige Meter von der Stadtkirche entfernt am oberen Ende des menschenleeren Platzes.

 

Die Gaststätte hat geschlossen, ebenso die Café-Bar auf der anderen Seite. Das Fleischermuseum ist zu wie die Weinhandlung, die ein paar Meter vom Alten Rathaus entfernt steht. Nur in einem Versicherungsbüro wird gearbeitet. Das Geschäft eines Computerservice sieht verlassen aus, der Friseurladen auch.

Der Platz, auf dem im Jahr 2002 ein Denkmal für die Gräfin Mechthild aufgestellt wurde, die zu glanzvollen Zeiten im Böblinger Schloss residierte, macht einen trostlosen Eindruck. "Ich möchte auf den Wochenmarkt", verrät Bernd Bering, der dafür in Richtung Elbenplatz geht. Auf dem Marktplatz gibt es keine Obst-und Gemüsestände. Sie sind vor einiger Zeit nach unten an den See verlagert worden. "Der Marktplatz hier oben ist schon eine ganze Weile tot", meint Bering. Ein weiterer Passant stellt eine andere Diagnose. Tot sei der Marktplatz nicht, sagt er. Vielmehr sei der Marktplatz ein "Komapatient", der nur wieder zum Leben erweckt werden müsse.

"Der Markt hat keinen Zuspruch mehr gefunden"

Verlegt worden ist der Wochenmarkt, weil die Händler über die wenigen Kunden geklagt hatten. "Der Markt hat keinen Zuspruch mehr gefunden", resümiert der Oberbürgermeister Wolfgang Lützner, der wie sein Vorgänger Alexander Vogelgsang noch kein Rezept gefunden hat, den Platz zu beleben. Vogelgsang immerhin hat einige Versuche unternommen.

Unter seiner Ägide wurde etwa auch ein Aufzug vom Parkhaus unter dem Schlossberg hinauf zum Marktplatz diskutiert. Die Sache wäre aber zu kompliziert und wohl auch zu teuer geworden. Deshalb ist die historische Mitte Böblingens nach wie vor nur über Treppen, steile Wege und Straßen zu erreichen. "Das ist beschwerlich und schreckt ab", weiß Thomas Bierschenk, der Böblinger Stadtmarketingleiter.

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte auf Böblingens Höhen hingegen das pralle Leben. Handwerksbetriebe und Händler gab es dort zuhauf. Eine jähe Zäsur haben im Zweiten Weltkrieg dann die Bomben gesetzt: Vom Schloss unweit des Marktplatzes waren nur noch einzelne Mauern, Schutt und Asche übrig geblieben.

Ein Marktplatz fürs Stadtfest

Vogelgsang hatte über viele Jahre hinweg versucht, Pläne für eine neue Bebauung auf dem Schlossberg durchzusetzen. Ein Bürgerhaus und eine Kunstgalerie, die mutmaßlich Belebung gebracht hätten, fanden im Gemeinderat jedoch keine Mehrheit. So pilgern die meisten Böblinger heute nur noch zum Stadtfest auf den Marktplatz oder zum Rathaussturm, zum Martiniritt oder zur Olympiade am Weltkindertag.

Zur langen Nacht der Museen wird der Platz bisweilen durch Lichtinstallationen erleuchtet. An diesem trüben Wintermorgen gibt es auch ein Licht: Die Straßenlaternen brennen noch immer. Ohne sie wäre es wahrscheinlich noch trostloser.

Wenn Bernd Bering mit seinen Tüten vom umtosten Elbenplatz heraufstapft, kann er immerhin die Ruhe genießen.

Plätze zum platzen, zum leben und zum freuen

Esslingen Wenn Wochen-, Weihnachtsmarkt oder Zwiebelfest ist, drängen sich die Menschenmassen auf dem von Fachwerkhäusern umgebenen Platz. Wenn er aber leer ist, erkennt man den dringenden Sanierungsbedarf. Pläne dafür gibt es, aber kein Geld.

Göppingen Mehr als 15 Millionen Euro und damit 20 Prozent mehr als geplant hat die Neugestaltung des Göppinger Stadtzentrums gekostet. Eingeweiht wurde die sogenannte Neue Mitte in Göppingen, für die Fahrzeuge aus dem Zentrum verbannt wurden, im November 2003. Seither pulsiert dort wieder das Leben.

Ludwigsburg Der Marktplatz dort war lange ein Parkplatz. Anfang der siebziger Jahre entstand der Wunsch, den Platz schöner zu gestalten. Zunächst gab es erste autofreie Bereiche, Anfang der 90er Jahre wurde er für Autos gesperrt und neu gestaltet.

Fellbach Der Marktplatz in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) zählt zu den modernsten im Kreis. Der Platz entstand 1986 im Zuge des Rathausneubaus, davor hatte es gar keinen gegeben. Dennoch gab es damals heftigen Bürgerprotest, weil vielen der stadtplanerische Eingriff zu massiv erschien.