Superreiche Unterstützer von Donald Trump Elon Musk und die Macht der Milliardäre

, aktualisiert am 09.05.2025 - 16:35 Uhr
Elon Musk sponserte Donald Trumps Kampagne mit 288 Millionen Dollar. Foto: KI/Midjourney/Montage: Sebastian Ruckaberle

Der amerikanische Geldadel finanzierte Donald Trumps Wahlkampf. Einflüsterer ohne demokratische Legitimation sichern sich einen gewaltigen Einfluss auf seine Politik. Kumpanei macht sich breit – die Herrschaft der „Broligarchen“.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Als Deutschland zur Demokratie wurde, ernannte diese einen Mann von unten zum obersten Repräsentanten: einen Sattlergesellen, der mit fünf Geschwistern in einer 45 Quadratmeter großen Wohnung aufgewachsen war, später Kneipenwirt und erst danach Politiker wurde. Die neue First Lady war Tochter eines Taglöhners und einer Waschfrau, hatte ihren Lebensunterhalt damit verdient, Etiketten auf Zigarrenschachteln zu kleben. Das liegt nun mehr als ein Jahrhundert zurück.

 

Im Mutterland der Demokratie, den Vereinigten Staaten, hätte einer wie Friedrich Ebert das Weiße Haus allenfalls durch den Dienstboteneingang betreten dürfen. Dort herrscht heute ein Milliardär – umgeben von Multimilliardären. Die Macht liege nun in den Händen „einiger weniger ultrareicher Leute“, warnte der scheidende US-Präsident Joe Biden, als er seinen Arbeitsplatz für Donald Trump räumen musste. Die USA verwandelten sich in eine „Oligarchie“.

Oligarchie – so nannte der antike Philosoph Platon einst die gesetzlose Herrschaft von Reichen, die nur an ihrem Eigennutz interessiert sind, wo „der Arme keinen Anteil an der Regierung hat“, in der das Gemeinwohl nichts zählt, allein das Vermögen. Nachzulesen ist das in seinem klassischen Lehrwerk „Der Staat“ über den Aufbau eines idealen Gemeinwesens. Platon verglich Oligarchien mit einer Krankheit, die den Demokratien selbst anhafte und „die Knechtung derselben“ herbeiführe.

Diese Analyse ist zwar schon 2500 Jahre alt, erinnert aber durchaus an die aktuellen Zustände in Amerika. Der neue Präsident hat seinen Wahlsieg mit dem Geld von Superreichen finanziert. Elon Musk, reichster Mann der Welt, sponserte Trumps Kampagne mit 288 Millionen Dollar. Nur zehn sogenannte Mega-Spender haben die Wahlkampfkasse der Republikaner fast zur Hälfte gefüllt. Was das bedeutet, nennt das „Time“-Magazin „the corrupting influence of big money over our government“: den korrumpierenden Einfluss des großen Geldes über die amerikanische Regierung.

Feudalistisches Gehabe

Leute wie Musk „hamstern immer mehr vom Wohlstand der Welt“, schrieb der „Spiegel“ unlängst über die „feudalistische Welt der Superreichen“. Deren Einflussbereich ist nicht auf das Trump-Imperium beschränkt. Reichtum ist auf der Erde generell sehr ungleich verteilt. Die reichsten zwei Dutzend Menschen verfügen über so viel Kapital wie die Hälfte der restlichen Menschheit, so eine Studie von Oxfam. Die globale Geldelite hat demnach in einem Klassenzimmer Platz.

Noch elitärer ist der Kreis derer, die es verstanden haben, ihre wirtschaftliche Macht in politische Dominanz umzumünzen. Im Trump-Amerika sind das vor allem Tech-Milliardäre, von denen Musk der prominenteste und krawalligste (zudem der einflussreichste) ist. Zu Trumps Fanclub zählen auch Mark Zuckerberg (Facebook, Whatsapp, Instagram), Jeff Bezos (Amazon) und Peter Thiel (Paypal), die Speerspitzen des Cyberkapitalismus. Sie eint eine libertäre Weltsicht, die den Sozialstaat für überflüssig hält. Ihr Verständnis von Freiheit ist höchst egomanisch: Es beschränkt sich im Wesentlichen auf das eigene Recht, tun und lassen zu können, was sie höchstpersönlich für richtig halten. Dass Freiheit auch Verantwortung bedeutet, hat sich in ihren Kreisen noch nicht herumgesprochen – oder es wird geflissentlich ignoriert.

Die Kaste der „Unantastbaren“

Reichtum ist für solche politisch ambitionierte Superreiche kein Selbstzweck. Er nährt ihren Ehrgeiz, den Lauf der Welt zu beeinflussen. „Immer mehr Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens hängen von den Anwandlungen unwirklich reicher Einzelpersonen ab“, so die „Zeit“ über diese Kaste der „Unantastbaren“.

Postmoderne Oligarchen beherrschen das Universum der digitalen Kommunikation, des internetbasierten Handels und einschlägiger Bezahlsysteme. Die Dominanz über Netzwerke, die einer wachsenden Zahl von Menschen als Quelle politischer Information dienen, ist ihr Einfallstor zur Macht. Den Rechtsstaat, seine Regeln und Institutionen empfinden sie als eher lästig und entbehrlich, zumindest sofern diese ihrem ureigenen Fortkommen im Wege stehen.

Die Abrissbirne von Trump

Was einer wie Musk von sozialem Respekt, einer zivilisierten Diskurskultur und demokratischen Gepflogenheiten hält, wurde schon deutlich, als er nach dem Kauf von Twitter prompt die Hälfte der Belegschaft feuerte – und zwar vor allem Leute, die sich darum kümmern sollten, Hass und Hetze aus den Beiträgen der Nutzer herauszufiltern. Das Infonetzwerk wurde zu einer Kloake der Desinformation und Schmähkommentare.

In seiner Rolle als oberster Regisseur der Demontage unliebsamer US-Institutionen ist der Tech-Titan ganz in seinem Element. Musk agiert als Trumps Abrissbirne bei dessen Furor, den Staat überall dort zu demolieren, wo er seinen Interessen hinderlich ist, und öffentliche Institutionen zu planieren, sofern sie sozialen Zwecken dienen.

Die Urenkel von Krösus und Crassus

Typen wie Musk sind keine neue Erfindung der Geschichte. Sie sind die Erben von Leuten wie dem legendären König Krösus (590 bis 541 vor Christus), dessen Name zum Inbegriff für sagenhaften Reichtum wurde. Zu den Urahnen im Geiste zählt auch der römische Konsul Marcus Licinius Crassus (115 bis 53 vor Christus), über den der Historiker Theodor Mommsen schrieb: „Er diente den wirklichen Machthabern, (...) ward nie durch leidenschaftliches Ehrgefühl gehindert seinen Vorteil zu verfolgen, (...) suchte den nagenden Ehrgeiz und den Verdruss über seine der Macht so nahe und doch machtlose Stellung über den ihm immer höher sich häufenden Goldbergen zu vergessen.“

Zu den Mäzenen der Macht wäre auch der Augsburger Bankier Jakob Fugger (1459 bis 1525) zu rechnen, der die Expansion der Habsburger-Herrschaft finanzierte. Ohne dessen Goldgulden hätte Kaiser Karl V. wohl nicht über ein Reich herrschen können, in dem die Sonne niemals unterging.

Der erste Dollar-Milliardär: John D. Rockefeller Foto: Bettmann/CORBIS

Einst wurden Leute wie Elon Musk Tycoon genannt. Das Wort stammt aus dem Japanischen („Großer Gebieter“), wurde aber schon im 19. Jahrhundert in den amerikanischen Sprachgebrauch übernommen, um aberwitzig Reiche wie den Erdölmagnaten John D. Rockefeller zu titulieren, den ersten Dollar-Milliardär.

Nicht alle aus der weitverzweigten Dynastie des großen Geldes drängten brachial in die Politik. Doch auch in der deutschen Geschichte gibt es dafür unrühmliche Beispiele: etwa Alfred Hugenberg (1865 bis 1951), Hitlers erster Wirtschaftsminister. Er hatte sein Vermögen in der Montanindustrie verdient und baute schon im Kaiserreich ein Zeitungsimperium auf, zu dessen Kundenstamm in den Jahren der Weimarer Republik 1600 Blätter konservativer und deutschnationaler Ausrichtung zählten. Hugenberg bewässerte den Sumpf der völkischen und antisemitischen Propaganda und half mit, Hitlers Weg an die Macht zu asphaltieren.

Einflussreich dank Medienmacht: Silvio Berlusconi Foto: picture alliance/dpa/LaPresse

Silvio Berlusconi, viermal Ministerpräsident in Italien, war mithin nicht der erste Medienmogul, der die Reichweite seines medialen Imperiums für politische Zwecke nutzte. Die Rolle, die Musk im digitalen Zeitalter global spielt, hatte er in national beschränktem Rahmen inne, als das Fernsehen noch als modernste Form der Kommunikation (und Manipulation) galt.

Wie Musk in der Politik wildert, ist offenbar nicht neu – wenn auch bisher einzigartig, was die Wucht und den Radius seines Einflussvermögens betrifft. Es reicht bis in die deutsche Innenpolitik. In den 1940er Jahren hatten Vordenker der Kritischen Theorie wie Max Horkheimer diese Art von illegitimer politischer Nebenherrschaft mit dem Begriff „Racket“ zu umschreiben versucht. Das Wort kommt aus der amerikanischen Gossensprache und meint Erpresser oder Räuberbarone.

Die Räuberbarone unserer Zeit

Die Titanen des Tech-Kapitalismus führten sich auf „wie die Räuberbarone des späten 19. Jahrhunderts und die adligen Barone des Mittelalters“, heißt es in einem Beitrag auf dem Diskussionsforum des Witherspoon Institutes, einer konservativen (!) Denkfabrik in der Hochschulstadt Princeton. Musk & Co spielten zunehmend „die Rolle der Königsmacher“ – die in Demokratien eigentlich nicht vorgesehen ist.

Durch einschlägige Diskurse geistert das Schlagwort der „Broligarchy“. Erfunden hat es (Wikipedia zufolge) der Autor Luke Zaleski, der unter anderem für das Lifestyle-Magazin „Gentlemen’s Quaterly“ schreibt. Vor einem Jahr nannte er Elon Musk in einem Beitrag auf dessen Nachrichtenplattform X „the world’s first broligarch“ – weltweit erster Broligarch. Was das heißen soll, ergibt sich aus der Summe der beiden Begriffe Oligarchie und „Bro“, was in Machozirkeln so viel wie Kumpel bedeutet. Um Platon ins 21. Jahrhundert zu übersetzen: Es geht darum, dass gesetzlose Kumpanei legitime und legale Herrschaft verdrängt.

Der amerikanische Philosoph Michael Walzer, 1998 mit dem Leopold-Lucas-Preis der Universität Tübingen ausgezeichnet, beurteilte es als zutiefst ungerecht, wenn Wirtschaftsmagnaten ihr Potenzial politisch auszuschlachten versuchen. Er plädierte für eine strikte Trennung der Sphären.

Wirtschaftlicher Erfolg ist keine demokratische Legitimation. Politischer Einfluss darf nicht käuflich werden. Die Korruption beginnt nicht erst mit Bestechungsgeld oder fragwürdigen Spenden. Was Musk politisch treibt, seine Rolle als informeller (wenn auch womöglich wichtigster) Berater Trumps und Generalissimus der staatlichen Demontage, welche die von ihm dirigierte „Behörde für Regierungseffizienz“ (Doge) umsetzt, ist zurecht umstritten. Es grenzt an schlichte Willkür. Wenn er sich für so genial hält, dass seine Mitbürger davon unbedingt profitieren sollten, müsste er sich einer Wahl stellen – möglicherweise für das Präsidentenamt kandidieren, wenn sein Buddy Trump das Weiße Haus räumt.

Für Leute wie Musk mag das ein naiver Anspruch sein. Demokratien dürfen sich jedoch nicht dem Einfluss illegitimer Einflüsterer ausliefern, deren Macht auf der Wirkmächtigkeit von Technik beruht, sich allenfalls in Dollar beziffern lässt, aber nicht aus Wählerstimmen ableitet.

Den alten Griechen, Erfinder der Demokratie, stand für solche Fälle das berüchtigte Scherbengericht zu Gebote. So konnten sie durch ein demokratisches Votum jeden, der ihnen zu mächtig erschien, in die Verbannung schicken. Dabei hatten die Urahnen von Typen wie Musk sogar noch Glück: Sie durften ihre Reichtümer behalten.

Weitere Themen