Surge und Scorpions Sind zwei Football-Clubs einer zu viel?

Die Stuttgart Scorpions (in Rot/gegen Ravensburg) haben einen schweren Stand in der German Football League und sind Vorletzter. Foto: Baumann

Für Stuttgart Surge läuft die Saison in der ELF ernüchternd, den Scorpions droht gar der Abstieg aus der GFL – eine Kooperation der Clubs scheint aber nicht vorstellbar.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Stuttgart - Ist geteiltes Leid halbes Leid? Zumindest gilt die Volksweisheit nicht für die zwei größten Footballteams aus Stuttgart. Für Stuttgart Surge in der European League of Football (ELF) und die Stuttgart Scorpions in der German Football League (GFL) steht das letzte Saisonspiel bevor, die Scorpions treffen an diesem Samstag (17 Uhr/www.livestream.com/gfltv) im Gazi-Stadion auf die Unicorns aus Schwäbisch Hall, Surge empfängt an diesem Sonntag (15 Uhr) Berlin Thunder unterm Fernsehturm. Aber sowohl in der Stuttgarter ELF-Filiale als auch beim deutschen Erstligisten herrscht vor dem Saisonfinale Ernüchterung.

 

„Wir sind zufrieden mit der ersten Saison“, sagt Timo Franke, der Geschäftsführer von Surge. Zufrieden, mehr nicht. Mit fünf Niederlagen in Folge steht der Club nach gutem Start in seiner Division mit zwei Siegen und sieben Niederlage am Tabellenende, die Partie gegen Berlin ist nur für die Statistik – und vielleicht einen versöhnlichen Saisonabschluss. Wirtschaftlich kann Franke der Runde durchaus etwas abgewinnen. Die Fans haben die neue Liga und die Franchise-Truppe angenommen, im Schnitt verfolgten knapp 1500 Fans die vier Heimspiele live, wobei gegen Frankfurt Galaxy wegen Pandemiebeschränkungen nur 750 Fans zugelassen waren. „Wirtschaftlich sind wir trotz Corona gut durchgekommen“, sagt der Geschäftsführer. Sportlich dagegen hätte er sich mehr gewünscht, zumindest die Chance auf die Play-offs bis zum letzten Spieltag.

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Die Scorpions plagt noch mehr Unbehagen im Endspurt. Es geht gegen die Unicorns, die sie im Hinspiel mit 0:82 vom Feld gefegt hatten wie ein Hausmeister lästige Spinnweben entfernt. Ein Stuttgarter Sieg ist so wahrscheinlich wie ein Bundeskanzler, der nach der Wahl von der „Partei“ gestellt wird. Doch die Situation der Scorpions ist weit dramatischer als eine zweite Klatsche einzustecken – dem Club droht die Relegation gegen GFL-2-Meister Straubing Spiders. Sollte Frankfurt Universe der Sieg in der ausgefallenen Partie gegen die Allgäu Comets zugesprochen werden, worauf vieles hindeutet, hätten die Hessen wie die Scorpions zwei Punkte. Dann zählt der gewonnene direkte Vergleich für die Skorpione, sollte aber Universe gegen die Marburg Mercenaries einen Zähler holen, wäre Stuttgart Schlusslicht. Die Wettbewerbskommission des American Football Verbands Deutschland (AFVD) lässt sich seit Wochen Zeit mit dem Urteil. „Wir finden es unmöglich, dass das noch vor dem letzten Spieltag offen ist“, schimpft Scorpions-Pressemann Jack Hanson.

Die Scorpions in Not. Sollte es zum Duell gegen Straubing um den GFL-Platz kommen, müssten sich die Stuttgarter gewaltig strecken, um nicht in Liga zwei zu stürzen. Die Bayern haben ordentlich investiert und wollen hoch, die Scorpions dagegen verwalten den Mangel, der sich nach der Neugründung von Stuttgart Surge im April verschärft hat. „Unsere Situation ist das Resultat der Entwicklung der vergangenen Jahre“, sagt Hanson, „die Gründung von Surge war nur der Tropfen in ein volles Fass, der es zum Überlaufen brachte.“ Soll heißen: Bereits seit Jahren stecken die Scorpions im sportlichen Niedergang, der im April beschleunigt wurde, als zahlreiche Offizielle, Trainer und Spieler kurzerhand zu Surge in die neue ELF wechselten.

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Hanson bedauert die Situation, den Abstieg in die GFL 2 sähe er jedoch nicht als Katastrophe, sondern als Chance zum Neubeginn, denn er betont: „Wir stehen mit allen Konsequenzen zur Entscheidung, mit den Scorpions nicht in der ELF zu starten. Das war richtig und ist es noch.“ Im April hatte es eine kontroverse Mitgliederversammlung beim Football-Verein gegeben, in der sich 62 Prozent der Mitglieder entschieden hatten, kein Team in der ELF zu melden – es kam zur Spaltung. Nun ist Pressemann Hanson aber auch Realist und räumt ein, dass die Scorpions „wohl nicht Letzter in der GFL wären, wenn es diese Trennung nicht gegeben hätte“. Doch die Frage stellt sich ohnehin nicht. Auch bei Surge lebt die Überzeugung, keinen Fehler begangen zu haben. „Wir wollten die Chance ergreifen, in der ELF zu starten“, sagt Franke, „sonst hätte die Liga einen anderen Standort gefunden.“ Der Geschäftsführer, der eine Scorpions-Vergangenheit besitzt, hätte sich eine Kooperation zwischen beiden Clubs gewünscht – doch ist die kurzfristig so unwahrscheinlich wie ein Sieg der Scorpions über Schwäbisch Hall. Es bleibt vorerst beim Modell mit zwei Standorten. Surge in der ELF (aus der man nach nordamerikanischem Vorbild nicht absteigen kann) und die Scorpions in der GFL oder der GFL 2.

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