Nach der Suspendierung von Deborah Dugan als Chefin der Grammy-Akademie hat diese schwere Vorwürfe erhoben. Bei ihrer Beurlaubung handele es sich in Wahrheit um eine Racheaktion. Die Grammy-Akademie wies die Vorwürfe zurück.

Los Angeles - Nach der Suspendierung von Deborah Dugan als Chefin der Grammy-Akademie hat diese schwere Vorwürfe gegen die Organisation hinter dem wichtigsten US-Musikpreis erhoben. Bei ihrer Beurlaubung durch die Akademie handele es sich in Wahrheit um eine Racheaktion, nachdem sie sich über sexuelle Belästigung, Unregelmäßigkeiten bei den Grammy-Nominierungen sowie weiteres Fehlverhalten beschwert habe, schrieb Dugan am Dienstag in einer 44-seitigen Beschwerde. Die Grammy-Akademie wies die Vorwürfe zurück.

 

In ihrer Beschwerde bei der Gleichstellungsbehörde von Los Angeles erklärt Dugan unter anderem, sie sei aufgefordert worden, ihren Vorgänger Neil Portnow als Berater anzustellen - trotz Vorwürfen, wonach er eine ausländische Musikerin vergewaltigt habe. Dies sei offenbar auch der wahre Grund dafür gewesen, dass Portnows Vertrag nicht verlängert worden sei.

Massive Vorwürfe gegen ihren Vorgänger

Sie habe den Chef der Personalabteilung der Akademie am 22. Dezember zudem per E-Mail darüber informiert, dass sie selbst von einem beratenden Anwalt der Akademie sexuell belästigt worden sei, schrieb Dugan. In dieser E-Mail habe sie unter anderem auch auf Interessenskonflikte der Akademiemitglieder und Unregelmäßigkeiten bei den Nominierungen für den Musikpreis hingewiesen, die auf eine von Männern dominierte Mentalität innerhalb der Organisation zurückgingen. Sie habe die Akademie nach ihrer Mail an die Personalabteilung zudem darüber informiert, dass sie rechtliche Schritte plane, erklärte Dugan.

In einer Stellungnahme gegenüber der Nachrichtenagentur AFP wies die Grammy-Akademie Dugans Vorwürfe zurück. Es sei „merkwürdig“, dass Dugan ihre schweren Vorwürfe erst erhoben habe, nachdem eine Mitarbeiterin ihr selbst Mobbing am Arbeitsplatz und die Schaffung einer unerträglichen Arbeitsatmosphäre vorgeworfen habe, erklärte die Recording Academy. Im Übrigen sei Dugan erst suspendiert worden, nachdem sie selbst ihren Rücktritt angeboten und 22 Millionen Dollar (20 Millionen Euro) Abfindung von der Akademie gefordert habe, die eine gemeinnützige Organisation sei.

Akademie weist Schuld zurück

Die Akademie äußerte Bedauern darüber, dass Dugans Verhalten die bevorstehende Grammy-Verleihung am Sonntag zu überschatten drohe: „Unsere Loyalität wird immer den 25000 Mitgliedern der Plattenindustrie gelten. Wir bedauern, dass ihnen durch Frau Dugans Vorgehen die größte Nacht der Musik gestohlen wird.“ Die Akademie werde alles tun, um „die Angelegenheit so schnell wie möglich zu regeln“.

Dugan war als erste Frau an die Spitze der Grammy-Akademie berufen worden. Sie hatte das Amt im vergangenen Mai von Portnow übernommen, nachdem dieser mit Äußerungen über die männliche Dominanz bei den Grammys eine Kontroverse ausgelöst hatte. Portnow hatte gesagt, Frauen sollten sich mehr „anstrengen“, um Anerkennung zu bekommen. In ihrer Beschwerde warf Dugan ihrem Vorgänger nun vor, eine nicht näher genannte Musikerin nach einem Auftritt in der New Yorker Carnegie Hall vergewaltigt zu haben. Portnow war für eine Stellungnahme zu dem Vorwurf zunächst nicht zu erreichen.

Die diesjährigen Grammys sollten die ersten unter Dugans Leitung werden. Die begehrten Musikpreise werden am Sonntag in Los Angeles verliehen. Unter den Favoriten sind die Stars Lizzo, Billie Eilish und Lil Nas X.