Suzanne Bernert war die „erste ausländische Schwiegertochter im indischen Fernsehen“. Nach 14 Jahren in Mumbai hat sie nun ihre größte Rolle gespielt: als mächtige Sonia Gandhi. Die „internationale Diva“ ist ein Unikat - aber nicht die einzige Deutsche in Bollywood.

Mumbai - Applaus brandet auf im Festsaal des Luxus-Hotels Sea Princess in Mumbai, als Suzanne Bernert in perfektem Hindi zu reden beginnt. „Indien hat mir den roten Teppich ausgerollt und mir so viel Liebe gegeben, dass ich mein Leben lang dankbar sein werde“, betont sie. Als die - für indische Verhältnisse - große, rotblonde Frau dann auch noch einen Satz in der Lokalsprache Marathi sagt, kommt das Publikum aus dem Staunen nicht mehr heraus.

 

Bernert hat gerade den „Preis für Errungenschaften von Frauen“ einer Umweltschutzorganisation entgegengenommen. Schon im vergangenen Jahr bekam sie einige Auszeichnungen, darunter eine als „internationale Diva von Bollywood“.

Viel Ärger um Film

Nach 14 Jahren in Indien, 24 Fernsehserien und Filmen in drei indischen Sprachen erfährt Bernert nun all diese Anerkennung, weil sie ihre bislang meistbeachtete Rolle in dem Film „The Accidental Prime Minister“ gespielt hat, der im Januar in die Kinos kam. Es geht darin um die Regierung des von 2004 bis 2014 amtierenden indischen Premierministers Manmohan Singh. Nach dem Buch eines früheren Singh-Beraters, auf dem der Film basiert, lag die wahre Macht allerdings bei der damaligen Chefin der Kongresspartei, Sonia Gandhi - gespielt von Suzanne Bernert, mit schwarzer Perücke und Sari.

Als Hindi sprechende, ausländische Schauspielerin mit ein bisschen Ähnlichkeit zu Gandhi habe sie es schon immer für ihre Bestimmung gehalten, die aus Italien stammende Politikerin zu spielen, erzählt Bernert. Um den Film gab es allerdings auch viel Ärger, weil Anhängern der Kongresspartei die Darstellung ihrer Parteiikonen nicht gefällt - sie sehen darin Propaganda der regierenden BJP. Gegen 13 am Film Beteiligte - darunter Bernert und Singh-Darsteller Anupam Kher - wurde Anzeige erstattet, unter anderem wegen Beleidigung.

Durchbruch in einer Seifenoper

Bernert wurde im ostwestfälischen Detmold geboren, ihre Familie zog ins bayerische Westallgäu, als sie noch zur Grundschule ging. Dass sie nach einer Schauspielausbildung in Berlin und einem ersten Engagement am Theater in Neu-Ulm in Indien landete, sei nicht so geplant gewesen, sagt sie: Bei einem Filmdreh mit einer indischen Crew in Dubai lernte sie einen Produzenten kennen, der ihr 2005 eine Rolle in einer indischen Fernsehserie vermittelte.

Bald darauf folgte in einer Seifenoper ihr Durchbruch - als „erste ausländische Schwiegertochter im indischen Fernsehen“, wie Bernert sagt, die ihr Alter lieber für sich behält, aber heute „alles von Mitte 30 aufwärts“ spielt. Indische Soaps drehen sich häufig um das Verhältnis zwischen einer jungen Frau und ihrer Schwiegermutter, in deren Haus sie nach indischer Tradition nach ihrer Hochzeit zieht.

„Ich habe meinen jetzigen Mann getroffen, und der Rest ist Geschichte - ich bin hängengeblieben“, erzählt Bernert, die mit dem indischen Schauspieler Akhil Mishra verheiratet ist. „Ich habe so viele Angebote gekriegt, dass ich dann eben hier war - und die behaltene Wohnung in Berlin dann irgendwann von meinen Eltern aufgelöst wurde“.

Meist nur Nenebrollen

Bernert lernte schnell Hindi und auch indische Tänze. Glatt lief es aber nicht immer. Ihre Hautfarbe stellte manch einen Kameramann vor Herausforderungen. „Am Anfang hatten die Schwierigkeiten, mich auszuleuchten, weil sie jemanden, der so hell ist, natürlich noch nie vor der Kamera hatten“, sagt sie. „Dann bin ich von einem Makeup-Laden zum anderen und habe immer versucht, mich dunkler zu schminken.“ Sie fügt hinzu: „Das ist besser geworden.“

Bernert kam, wie sie erzählt, in einer Zeit nach Indien, als es für Ausländer meist nur Rollen als Statisten oder Tänzer gab. Inzwischen gibt es mehrere bekannte ausländische Schauspielerinnen in Indien, die allerdings fast alle indischer Abstammung oder in Indien aufgewachsen sind - darunter auch die Deutsch-Inderin Evelyn Sharma.

Seit knapp zehn Jahren ist auch Claudia Ciesla in Mumbai (früher Bombay). Die heute 31-jährige Deutsch-Polin lebte als Model und Mathematik-Studentin in Bamberg, als sie 2008 eine Rolle als Geist eines Mordopfers in dem US-Film „Karma“ bekam, der in Indien gedreht wurde. Kurz darauf wurde ihr angeboten, bei „Bigg Boss“ mitzumachen, der indischen Variante der Reality-Sendung „Big Brother“.

Ciesla zog also in das von indischen C-Prominenten bewohnte Haus. Erst dann erfuhr sie, dass sie dort kein Englisch sprechen durfte. „Ich habe mich einfach nur wie ein nettes Mädchen verhalten und versucht, ein bisschen Hindi zu lernen“, erzählt sie. Das sei beim Publikum sehr gut angekommen. Erst nach zehn Wochen wurde sie rausgewählt. Danach sei sie häufig auf der Straße erkannt und um ein Autogramm gebeten worden. „Ich habe gedacht: Okay, sehr interessant. Ich bleibe mal eine Weile hier und gucke, wohin das führt.“

Karriere als Bollywood-Tänzerin

Es hat vor allem zu einer Karriere als Bollywood-Tänzerin geführt. Cieslas bislang bekanntester Auftritt war 2012 eine Tanznummer zum Hit-Song „Bamla“ in der Action-Komödie „Khiladi 786“, zusammen mit dem Star Akshay Kumar. Zu diesem und anderen Bollywood-Hits tanzt sie heute regelmäßig auf Firmenveranstaltungen, Privatfeiern und andern Anlässen - auch im Ausland: etwa in Sri Lanka, auf den Seychellen und in Nigeria. Außerdem hat sie den Ernährungsratgeber „Keep Eating, Keep Losing“ („Weiter essen, weiter abnehmen“) geschrieben.

„Ich habe nicht wirklich geplant, hier zu sein“, sagt Ciesla in einem indisch gefärbten Englisch - ihr Deutsch ist ein wenig eingerostet. „Mein Traum war natürlich Hollywood. Damit hat es zwar nicht geklappt, dafür aber mit Bollywood, und darüber bin ich sehr glücklich.“ Die Zukunft lasse sie auf sich zukommen, aber ein Ziel sei es, auch in Deutschland Bollywood-Shows aufzuführen.

Auch Suzanne Bernert wünscht sich, ihr Können mal in der Heimat zeigen zu können. „Ich würde sehr gerne in der eigenen Sprache arbeiten“, sagt sie. Früher sei ihr in Deutschland aber immer gesagt worden: „Wir haben Nina Hoss, wir brauchen dich nicht.“ In Bollywood hingegen ist sie ein Unikat - als „internationale Diva“.