Sven Ulreich hat sich als Stammkraft etabliert. Das bedeutet Autorität, aber auch mehr Verantwortung.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)
Stuttgart - Am Donnerstagabend hat es sich Sven Ulreich zu Hause in Winterbach auf seinem Sofa gemütlich gemacht und das Fernsehgerät eingeschaltet. Zu sehen gab es seinen Vorgänger als Nummer eins des VfB Stuttgart, den ehemaligen Nationaltorhüter Jens Lehmann, der sich als einer von vier Kandidaten in der Prominentenausgabe von "Wer wird Millionär?" den Fragen von Günther Jauch stellte.

125.000 Euro hat Lehmann – auch dank der Hilfe der anderen drei Rategäste – schließlich für einen guten Zweck erspielt. "Ich hätte dem Jens eigentlich noch mehr zugetraut", erzählt Sven Ulreich, "schließlich habe ich mir früher bei den Gesprächen in der Umkleidekabine oft gedacht: ,Wow, was der alles weiß!‘"

"Ich habe mir von Jens einiges abgeschaut"


Inzwischen muss Ulreich, der 22 Jahre junge Stammgoalie der Stuttgarter, aber ohne die lehrreichen Geschichten des Jens Lehmann auskommen. Ab und zu steht der WM-Held von 2006, der mit seiner Frau Conny und den drei Kindern am Starnberger See lebt, zwar in telefonischem Kontakt mit dem VfB-Torwarttrainer Eberhard Trautner – und lässt Ulreich dann Grüße ausrichten. Einen direkten Draht haben die beiden Schlussleute aber nicht mehr.

"Ich habe mir von Jens einiges abgeschaut, etwa das Herauslaufen bei Flanken und das Mitspielen hinter der Abwehr", sagt Ulreich – das ist es dann aber auch. Der junge Mann, der bereits als 19-Jähriger im Frühjahr 2008 unter dem Meistertrainer Armin Veh in der Bundesliga in elf Partien zum Einsatz kam, weil die damalige VfB-Stammkraft Raphael Schäfer eine katastrophale Saison spielte, ist inzwischen flügge geworden. Damals vom Boulevard als "der Bubi-Torhüter" tituliert, will Sven Ulreich nun kein Lehmann-Plagiat sein: "In vielem habe ich meine eigene Philosophie", sagt er. Seine Auffassung, beim Eins-gegen-eins-Spiel anders als Lehmann lange stehen zu bleiben, sei nur ein Beispiel dafür.

Ulreich bewährt sich auf höchstem Niveau


Sein gesundes Selbstvertrauen hat sich Sven Ulreich hart erarbeitet. Schließlich ist er, die neue Nummer eins, mit inzwischen 27 Bundesligapartien auf seinem Konto, in den großen Fußstapfen des Vorgängers nicht versunken. Das hatten einige – darunter der ehemalige Cheftrainer Christian Gross – in der Sommerpause noch befürchtet. Sven Ulreich hat sich etabliert und ist dem Verein im Gegenzug dankbar für das Privileg, sich bereits in jungen Torhüterjahren auf höchstem Niveau bewähren zu dürfen. "Sicher macht ein junger Torwart auch Fehler. Aber er braucht das Vertrauen. Nur so kann er sich entwickeln", sagt Ulreich – und nennt als Beispiele die Karrieren des deutschen Nationaltorhüters Manuel Neuer, 24, und seines spanischen Pendants Iker Casillas, 29, der einst als 19-Jähriger bei Real debütierte und über die Jahre hinweg zu einem Weltklassemann reifte.