Die Stuttgarter Zwillinge Julia und Lisa waren schon auf drei Konzerten des Megapopstars Taylor Swift. Zusammen haben sie einen Fan-Account auf Instagram. Ein Gespräch über die Swift-Mania, Travis Kelce und Freundschaftsbändchen.
Mit 16 machten sie ein Auslandsjahr in den USA, als sie zum ersten Mal einen Taylor-Swift-Song im Radio hörten – heute sind die Zwillingsschwestern Lisa und Julia aus Stuttgart enthusiastische Swifties, wie die Fans des momentan unangefochtenen Superstars der Popmusik sich selber nennen. Zusammen betreiben die 33-Jährigen seit 2019 den Instagram-Account „twinswifties_germany“ und tauschen sich mit anderen Fans aus. Ab dieser Woche kommt Taylor Swift für sieben Konzerte nach Deutschland – drei in Gelsenkirchen, zwei in Hamburg und zwei in München. Wir haben mit Lisa gesprochen: Über Freundschaftsbändchen, Travis Kelce und das richtige Timing für Pipipausen.
Lisa, wie lange sind Sie und Ihre Zwillingsschwester schon Swifties?
Wir mochten ihre Musik schon, als sie gerade erst angefangen hatte. 2007 haben wir ein Highschooljahr in den USA gemacht und haben sie im Radio mit ihrer Countrymusik kennengelernt. Wir sind mit ihrer Musik aufgewachsen. Es heißt ja noch immer, Taylor Swift würden vor allem Kinder hören – aber wir sind ja auch alle älter geworden.
Sie besuchen gleich zwei Konzerte der Eras-Tour. Im Juni waren Sie in London, jetzt gehen Sie noch nach München. Können Sie von Taylor Swift nicht genug bekommen?
Als jahrelanger Fan muss man dieses einmalige Best-of-Konzert einfach mehrmals erleben. Nach München gehen wir aber nicht zu zweit, sondern mit unserer Mutter. Aus ihr haben wir auch einen Swiftie gemacht. Wir haben mit „Folklore“ angefangen und sie nach und nach in die anderen Alben eingeführt. Jetzt können wir diesen Mutter-Töchter-Moment zu dritt teilen und sie freut sich total aufs Konzert. Ein T-Shirt mit „Swiftie Mum“ haben wir ihr auch geschenkt.
Es ist nicht leicht, an Tickets zu kommen. Und ganz schön teuer sind sie auch, oder?
Dass wir zwei Mal hingehen können, war eine totale Glücksache. Swifties, die Tickets ergattern konnten, sagen scherzhaft, dass sie „the great war“ überlebt haben – eine Anspielung auf einen Swift-Song. Bei dieser Tour ist die Nachfrage so riesig, dass die günstigen Tickets quasi sofort weg sind und auch im Wiederverkauf meistens nur die teuersten Kategorien übrig bleiben. Das ist dann vor allem für neue jüngere Fans schade, die sich den Konzertbesuch nicht gut leisten können. Das ist die Schattenseite, wenn die Lieblingsmusikerin so erfolgreich ist.
Wie bereiten Sie sich aufs Konzert vor?
Wir hören die Setliste immer mal wieder, die Texte haben wir ja eh im Kopf. Und klar, die Outfits sind natürlich auch wichtig. Man sucht sich eine Ära aus, das heißt, ein Album, das man besonders mag, und zieht sich in diesem Stil an. Bei uns war das in London die „Midnights“-Ära, für München planen wir einen Look im „Lover“-Stil.
Haben Sie einen heißen Tipp für Konzertbesucherinnen und -besucher?
Bequeme Schuhe. Manche kommen auch in High Heels, aber das würde ich nicht empfehlen. Man steht wirklich eine sehr lange Zeit, selbst wenn man Sitzplätze hat, weil alle aufstehen und tanzen. Ein zweiter Tipp: Genug Wasser trinken. Viele Leute, die Stehplätze haben, trinken viel zu wenig, weil sie auf keinen Fall auf die Toilette gehen wollen, um ihren Platz nicht aufzugeben. Das ist keine gute Idee, vor allem nicht wenn es warm ist. Am Ende kollabiert man noch und verpasst viel mehr vom Konzert als bei einer kleinen Pipipause. Wenn man sich vorher die Setlist anschaut, kann man das ja auch ganz gut planen.
Travis Kelces Überraschungsauftritt haben Sie in London verpasst, oder?
Ja, leider haben wir ihn nicht auf der Bühne erlebt. Aber wir haben ihn in der Gästebox gesehen. Und Taylor hat immer mal wieder glücklich in seine Richtung gelächelt. Das war sehr niedlich. Man merkt, dass sie eine besondere Energie hat, wenn er bei den Konzerten dabei ist.
Was hat es denn eigentlich mit den Freundschaftsbändchen auf sich, die bei den Konzerten so viele tragen?
Die Swifties basteln die Bändchen und tauschen sie dann während der Konzerte aus. Die Ursprungsidee entstammt einer Textzeile aus dem Song „You’re On Your Own, Kid“: „So make the friendship bracelets, take the moment and taste it“. Die Swifties haben das als Inspiration genommen: Gute Idee, Taylor, machen wir! Das ist schnell total explodiert und inzwischen haben fast alle welche. Das Witzige: An den Bändchen kann man andere Swifties auch in der „freien Wildbahn“ gut erkennen.
Haben Sie das in London auch gemacht?
Ja, klar. Und nicht nur die Swifties untereinander tauschen. In den Straßen hat man die „Bobbies“, die Londoner Polizisten, mit Armen voller Freundschaftsbändchen gesehen, die sie von Swifties geschenkt bekommen haben. Auf dem Rückflug hat die Flugbegleiterin an unseren Tourshirts gesehen, dass wir auf dem Konzert waren. Wir haben ein bisschen geplaudert und ich habe ihr später auch ein Freundschaftsbändchen geschenkt. Sie hat sich total gefreut und uns als Dankeschön sogar einen Sekt ausgegeben. Das ist wirklich schön, dass aus dieser kleinen Textzeile so ein verbindendes Element geworden ist und man dadurch Freude verbreiten kann.
Viel wurde geschrieben über das Phänomen Taylor Swift – können Sie sich erklären, was sie so unheimlich erfolgreich macht?
Sie ist immer drangeblieben. Sie arbeitet hart und das schon seit jungen Jahren. Deshalb ist sie einfach so gut in dem, was sie auszeichnet – dem Songwriting. Sie kann so authentisch wie kaum jemand jegliche Art von Emotionen in sehr spezifischen Songtexten transportieren, sodass man sich als Fan in jeder Lebensphase immer darin wiederfindet.
Es heißt immer, Taylor Swift habe eine besonders enge Verbindung zu ihren Fans...
Ja, unbedingt. Sie hat von Anfang an Social Media genutzt, war auf MySpace und Tumblr aktiv, obwohl ihre Plattenfirma ihr sagte, allein die Radiosender seien wichtig. Taylor hat aber früh erkannt, dass sie so eine viel engere Bindung zu den Fans aufbauen kann. Sie geht sogar auf Fanwünsche ein, liefert Musikvideos nach, wenn Swifties fragen, warum sie zu dem oder dem Song keines gemacht hat. Taylor hat ja sogar schon Fans zu sich nach Hause eingeladen, für ihre „Secret Sessions“, um ihre Alben vor der Veröffentlichung mit ihnen zu teilen. Sie interagiert mit ihren Fans, Swifties sind nicht nur passive Konsumenten.
Wie hält sie ihre Fans bei der Stange?
Sie hat fast so etwas wie ein eigenes Universum erschaffen. In ihren Songs und Videos tauchen andauernd Referenzen zu früheren Liedern oder Anspielungen auf kommende Projekte auf. Swifties nennen diese „easter eggs“, Ostereier, bei denen jeder miträtseln kann, was sie bedeuten. Je verrückter die Theorie, desto besser. Das Engagement, das dadurch in den sozialen Medien entsteht, ist unheimlich organisch – und Taylor muss dafür gar nicht viel machen.
Kann Taylor Swift diese Verbindung auch auf ihren riesengroßen Konzerten herstellen?
Ich finde schon. Sie spielt in riesigen Stadien, aber man hat trotzdem als Einzelner das Gefühl, dass sie einen sieht. Vor allem beim Akustik-Teil des Konzerts kommen unglaublich viele Emotionen rüber. Und ihre Bühnenshows sind auch so konzipiert, dass sie in jeder Ecke eines Stadions mal auftaucht.
Könnte die Swift-Mania auch zu groß werden – und dann in sich zusammen fallen?
Man merkt momentan schon, dass sie sehr gehyped wird und die öffentliche Gunst wieder umschlagen könnte. Aber Taylor wird einfach immer Musik machen, auch wenn sie irgendwann nicht mehr am Gipfel der Musikwelt steht. Sie macht gerade diese riesige Eras-Stadiontour, aber in der Pandemie hat sie zum Beispiel heimlich, still und leise die zwei Alben „Folklore“ und „Evermore“ veröffentlicht – einfach, weil sie so eine Schöpfungskraft hat und die teilen will. Ich glaube, sie freut sich vermutlich sogar ein bisschen auf eine ruhigere Phase ihres Lebens, wenn sie ihre Kreativität weiter ausleben kann, aber nicht mehr jeder Schritt unter die Lupe genommen wird. Denn aufgrund ihres Erfolgs und der Reichweite wird von ihr erwartet, dass sie immer ein perfektes Vorbild ist.
Ist es aber nicht auch eine wahnsinnige Überhöhung, dass ihr zum Beispiel zugetraut wird, mit einem „Endorsement“ die ganze US-Präsidentschaftswahl entscheiden zu können?
Was man bei vergangenen Wahlen gesehen hat, ist, dass Taylor Swift tatsächlich Menschen dazu motivieren kann, sich überhaupt auf den Wählerlisten eintragen zu lassen. Die NGO vote.org hat 35 000 Neuregistrierungen verzeichnet, nachdem Taylor dazu aufgerufen hatte, sich zu registrieren. Und wenn dann statt „alter, weißer Männer“ liberalere, jüngere Menschen dazu gebracht werden, wählen zu gehen, kann das schon was bewegen. Sie hat einfach eine riesige Reichweite. Gleichzeitig wird aber auch inzwischen von ihr erwartet, dass sie sich zu ganz vielen gesellschaftspolitischen Fragen positioniert. Dabei kann man ja auch aus ihren Songs herauslesen, wo sie politisch steht.
Ein wiederkehrendes Motiv in Taylor Swifts Songs sind die „Hater“, die an ihr herumkritteln und ihr den Erfolg nicht gönnen...
Wenn jemand zu erfolgreich ist, lieben Menschen es, denjenigen fallen zu sehen. In all den Jahren gab es immer Leute, die Taylor zum Beispiel vorgeworfen haben, dass sie zu viel daten würde. Das war teilweise ziemlich sexistisch. Da haben viele Moderatoren Witze auf ihre Kosten gemacht und sie hat das immer alles geschluckt, aber sich später in dem ironischen Song „Blank Space“ darüber lustig gemacht. Ich kann übrigens auch verstehen, dass einem die permanente Berichterstattung über Taylor Swift auf die Nerven geht – aber man muss ja nicht überall draufklicken.
Ihre Musik nicht zu mögen, ist auch okay – Geschmack ist schließlich subjektiv. Aber ihr den Erfolg und ihr Talent abzusprechen, obwohl man sich noch nie mit ihrem Musikkatalog beschäftigt hat, wirkt einfach nur wie das trotzige Festhalten an einer vorgefertigten Meinung und ziemlich missgünstig.
Wie oft begegnet Ihnen diese Haltung?
Das merken wir auch in der medialen Berichterstattung. Wir, und auch ein paar andere Fans, wurden vor Kurzem von einem großen deutschen Magazin zur Fanperspektive interviewt. Wir haben beschrieben, was wir an ihrer Musik und ihr als Person schätzen. In dem veröffentlichten Artikel wurde nichts davon verwendet. Stattdessen war der Tenor, dass Taylor eine unnahbare Narzisstin ist, die dem Magazin kein Interview gewährt hat und sowieso nur über sich selbst und über Herzschmerz schreiben würde. Einer Songwriterin vorzuwerfen, über ihr Leben zu schreiben, ist schon absurd. Dem Magazin war es aber wichtiger, eine kritische Haltung zu zeigen und auch die Fankultur etwas zu belächeln.
Stört Sie das, für Ihr Fansein belächelt zu werden?
Wer Popkultur kritisiert, kann sich selber vermeintlich erhaben fühlen. Das ist für Fans manchmal schon etwas nervig, aber es kann nicht die Freude zerstören, die man empfindet, wenn man ihre Musik hört und sich verstanden oder verbunden fühlt. Taylor hat es selber am allerbesten in einem Interview gesagt: „Ich glaube nicht, dass du dich jemals für deine Begeisterung entschuldigen musst. Nur weil etwas ein Klischee ist, heißt das nicht, dass es nicht fantastisch ist. Die schlimmste Art von Mensch ist jemand, der jemanden dazu bringt, sich schlecht, dumm oder blöd zu fühlen, weil er von etwas begeistert ist.“
Taylor Swift in Deutschland
Sieben Konzerte
Taylor Swift spielt sieben Konzerte in Deutschland: Am 17., 18. und 19. Juli in Gelsenkirchen, am 23. und 24. Juli in Hamburg und am 27. und 28. Juli in München. In der Veltins-Arena auf Schalke in Gelsenkirchen werden pro Abend bis zu 70 000 Swifties erwartet.