Drei Stunden vergehen, bis das Mitsing-Konzert im Kasten ist. Diese Woche hat der SWR in der Michaelskirche in Degerloch aufgezeichnet. Mitsingen durfte jeder, der sich angemeldet hatte. Die Bänke waren gut gefüllt.

Degerloch - Was haben der christliche Advent und das ganz und gar weltliche Fernsehgeschäft miteinander zu schaffen? Nicht viel, möchte man meinen. Rund 200 Degerlocher wissen es seit Dienstagabend besser. „Lieder zum Advent“ heißt die Sendung, die mit ihrer Unterstützung in der Michaelskirche aufgezeichnet worden ist – als „Mitsing-Konzert“ und ein wenig auch als Übung in der Kunst des Wartens.

 

Plaudern mit den Hauptdarstellern

Advent ist zweifellos die Zeit des (Er-)Wartens. „Fernsehen besteht offensichtlich ebenfalls aus Warten“, scherzte Andrea Schneider und deutete diese Erkenntnis gleich theologisch: „Passt also wunderbar in diese Zeit.“ Die Oldenburger Pastorin verkündete jahrelang das „Wort zum Sonntag“ und hatte in Degerloch die Rolle der „geistlichen Gastgeberin“ übernommen, wie sie sagte. Die evangelische Rundfunkbeauftragte moderierte den Abend mit kurzen Impulsen passend zu den musikalischen Beiträgen, sie stellte mit dem Sänger Stefan Gwildis, der A-Cappella-Formation Pepper & Salt sowie dem Chor Go(o)d News die Interpreten vor und plauderte mit den weiteren Hauptdarstellern in den gut gefüllten Bankreihen.

„Lust auf Singen?“, hatte der Südwestrundfunk (SWR) gefragt und alle Interessierten in die Michaelskirche geladen. „Die Anmeldung war anfangs etwas zögerlich“, verriet Ulrike Häfner von der Redaktionsleitung. Vermutlich habe doch die Skepsis überwogen: Kann ich das überhaupt? Doch die drei ausgewählten Stücke bereiteten dem spontan zusammengewürfelten Gemeindechor keinerlei Schwierigkeiten. „Wie soll ich dich empfangen“ kannten die meisten Herrschaften ohnehin auswendig, „Stern über Bethlehem“ und als krönender Abschluss „O du fröhliche“ waren kaum weniger bekannt.

Die Tücken der Technik

Dass dennoch viele Wiederholungen notwendig wurden, lag denn auch nicht an den Sängerinnen und Sängern, sondern an den Tücken der Technik. Mal stimmte das Licht nicht, mal rumpelte unvermittelt ein Mikrofon, dann sorgten wieder Knoten in der Zunge für launige Versprecher. Bernd Kunzi, der Aufnahmeleiter, hatte alle Hände voll zu tun, um gemeinsam mit der Außenregie im Übertragungswagen die erforderliche Qualität sicherzustellen.

„Macht nichts“, blieb Kunzi bei jeder Wiederholung gelassen, „wir haben Zeit“. Und er meinte, was er sagte: Mehr als drei Stunden brauchte es, bis er mit der Aufnahme komplett zufrieden war. Dass daraus gerade mal eine 30-Minuten-Sendung und in einer zweiten Fassung 45 Minuten zusammengeschnitten werden, gehört zum Geschäft der Profis.

Eine Live-Entfusselung

Rund 60 Köpfe zählte das SWR-Team, das durchs Kirchenschiff wuselte: Kameramänner und -frauen schoben sich dicht an die Akteure heran, zu ihren Füßen krabbelten Tontechniker mit Messgeräten herum, Maskenbildnerinnen tupften Schweißperlen ab, Assistenten verfolgten den minutiös getakteten Ablaufplan mit der Stoppuhr in der Hand.

„Sie erleben hier immerhin eine Live-Entfusselung“, sagte Stefan Gwildis und sorgte für Heiterkeit, als kurz vor seiner „Christmas-Hymne“ noch einmal die Kleiderbürste zum Einsatz kam. Mit swingend arrangierten Gospels begeisterten auch die „fünf tollen Stimmen“, wie Andrea Schneider die Tübinger A-Cappella-Formation Pepper & Salt genannt hat.

Als überzeugte Botschafter präsentierten sich zudem die Go(o)d News unter der Leitung von Severine Henkel: Der Chor des Evangelischen Jugendwerks gestaltete das Konzert nicht nur festlich mit, sondern bewies auch Stehvermögen. Drei Stunden ohne Sitzgelegenheit und dennoch gute Laune: „Für uns war diese Aufzeichnung eine tolle Erfahrung“, versicherte die Dirigentin.

Sendetermin im SWR-Fernsehen

Der Mitschnitt aus der evangelischen Michaelskirche ist zu sehen am Sonntag, 20. Dezember, um 17.30 im Ersten. Die längere Fassung soll im dritten Programm ausgestrahlt werden, allerdings erst im Advent 2016.