Ein schönes und wichtiges neues Festival – so lautete ziemlich einhellig am Rand der Schlussveranstaltung die Resonanz auf das SWR-Doku-Festival. Wichtig deshalb, weil ausgerechnet die Verleihung des mit 20 000 Euro dotierten Deutschen Dokumentarfilmpreises von der Öffentlichkeit bislang kaum wahrgenommen wurde, war sie doch an kein Festival gebunden. Neben David Bernets „Democracy – Im Rausch der Daten“ wurden auch andere Werke ausgezeichnet: Lutz Gregors „Mali Blues“ über Musiker in einem von Islamisten terrorisierten Land, der Gewinner des mit 5000 Euro dotierten Preises der Norbert-Daldrop-Förderung für Kunst und Kultur, hat die große Präsentation verdient – ebenso wie Susanne Regina Meures’ „Raving Iran“, Förderpreis des Hauses des Dokumentarfilms, 3000 Euro, über die kriminalisierte und in den Untergrund gedrängte Techno-Szene im Mullah-Staat.

 

Welche Mühe solche Projekte machen, wie prekär oft die Arbeitsbedingungen der Regisseure und Autoren sind, darüber tauscht sich die Szene seit Jahren auf dem vom Stuttgarter Haus des Dokumentarfilms organisierten Branchentreffen Dokville aus. Das fand auch dieses Jahr statt, nun parallel zum SWR-Doku-Festival, aber die Debatte über die Arbeitsbedingungen blieb nicht mehr branchenintern.

Regisseure verdienen oft weniger als Cutter und Kameramann

Die Regisseure und Autoren der zwölf um den Deutschen Dokumentarfilmpreis konkurrierenden Werke hatten sich nämlich zum Kassensturz entschlossen. Sie verglichen ihre Arbeitsstunden und Entlohnungen für die in Stuttgart gezeigten Filme. Ihre Bilanz, die sie mit der Forderung nach einer Änderung der Verhältnisse als Überraschungspunkt der Preisverleihung präsentierten: Im Durchschnitt haben sie 426 Arbeitstage in einen Film gesteckt, ein Arbeitstag umfasste zehn Stunden und mehr, und als Einnahmen pro Tag vor Steuer blieben ihnen 120 Euro. Zum Vergleich: Ein Cutter erhält rund 300 Euro, ein Kameramann schon mal 400 Euro pro Arbeitstag. „Es kann doch nicht sein“, schimpft der Regisseur Lutz Gregor („Mali Blues“), „dass wir als Urheber und Antreiber des ganzen Projekts weniger bekommen als die Leute, die durch uns erst Jobs erhalten.“

Der Regisseur David Bernet („Democracy“) will das nicht nur als Entlohnungsungerechtigkeit verstanden wissen. Er erkennt ein weitreichendes strukturelles Problem: „In allen künstlerischen Bereichen herrscht immer Wettbewerb. Aber man muss den Wettbewerb auch aushalten können. Man muss Spielraum haben. Ist das nicht der Fall, dann hat man kein professionelles Filmschaffen. Dann hat man es beim Dokumentarfilm bald mit einem Hobbygenre zu tun."

Nebenher muss oft mit anderen Jobs Geld verdient werden

Nicht einmal die Nominierten zum Deutschen Dokumentarfilmpreis, die der mit „Beuys“ selbst im Wettbewerb stehende Andres Veiel („Die Überlebenden“, „Black Box BRD“, „Die Spielwütigen“) selbstironisch „die elitäre Spitze“ nennt, können sicher sein, sich ganz auf künftige Filmprojekte konzentrieren zu können. Auch sie müssen eventuell die Arbeit unterbrechen, um mit anderen Jobs Geld zu verdienen.

Ein schönes und wichtiges neues Festival – so lautete ziemlich einhellig am Rand der Schlussveranstaltung die Resonanz auf das SWR-Doku-Festival. Wichtig deshalb, weil ausgerechnet die Verleihung des mit 20 000 Euro dotierten Deutschen Dokumentarfilmpreises von der Öffentlichkeit bislang kaum wahrgenommen wurde, war sie doch an kein Festival gebunden. Neben David Bernets „Democracy – Im Rausch der Daten“ wurden auch andere Werke ausgezeichnet: Lutz Gregors „Mali Blues“ über Musiker in einem von Islamisten terrorisierten Land, der Gewinner des mit 5000 Euro dotierten Preises der Norbert-Daldrop-Förderung für Kunst und Kultur, hat die große Präsentation verdient – ebenso wie Susanne Regina Meures’ „Raving Iran“, Förderpreis des Hauses des Dokumentarfilms, 3000 Euro, über die kriminalisierte und in den Untergrund gedrängte Techno-Szene im Mullah-Staat.

Welche Mühe solche Projekte machen, wie prekär oft die Arbeitsbedingungen der Regisseure und Autoren sind, darüber tauscht sich die Szene seit Jahren auf dem vom Stuttgarter Haus des Dokumentarfilms organisierten Branchentreffen Dokville aus. Das fand auch dieses Jahr statt, nun parallel zum SWR-Doku-Festival, aber die Debatte über die Arbeitsbedingungen blieb nicht mehr branchenintern.

Regisseure verdienen oft weniger als Cutter und Kameramann

Die Regisseure und Autoren der zwölf um den Deutschen Dokumentarfilmpreis konkurrierenden Werke hatten sich nämlich zum Kassensturz entschlossen. Sie verglichen ihre Arbeitsstunden und Entlohnungen für die in Stuttgart gezeigten Filme. Ihre Bilanz, die sie mit der Forderung nach einer Änderung der Verhältnisse als Überraschungspunkt der Preisverleihung präsentierten: Im Durchschnitt haben sie 426 Arbeitstage in einen Film gesteckt, ein Arbeitstag umfasste zehn Stunden und mehr, und als Einnahmen pro Tag vor Steuer blieben ihnen 120 Euro. Zum Vergleich: Ein Cutter erhält rund 300 Euro, ein Kameramann schon mal 400 Euro pro Arbeitstag. „Es kann doch nicht sein“, schimpft der Regisseur Lutz Gregor („Mali Blues“), „dass wir als Urheber und Antreiber des ganzen Projekts weniger bekommen als die Leute, die durch uns erst Jobs erhalten.“

Der Regisseur David Bernet („Democracy“) will das nicht nur als Entlohnungsungerechtigkeit verstanden wissen. Er erkennt ein weitreichendes strukturelles Problem: „In allen künstlerischen Bereichen herrscht immer Wettbewerb. Aber man muss den Wettbewerb auch aushalten können. Man muss Spielraum haben. Ist das nicht der Fall, dann hat man kein professionelles Filmschaffen. Dann hat man es beim Dokumentarfilm bald mit einem Hobbygenre zu tun."

Nebenher muss oft mit anderen Jobs Geld verdient werden

Nicht einmal die Nominierten zum Deutschen Dokumentarfilmpreis, die der mit „Beuys“ selbst im Wettbewerb stehende Andres Veiel („Die Überlebenden“, „Black Box BRD“, „Die Spielwütigen“) selbstironisch „die elitäre Spitze“ nennt, können sicher sein, sich ganz auf künftige Filmprojekte konzentrieren zu können. Auch sie müssen eventuell die Arbeit unterbrechen, um mit anderen Jobs Geld zu verdienen.

Dem Gros der Dokumentarfilmer aber geht es noch weit schlimmer, weshalb sich die Frage nach dem Sinn eines ganzen Systems stellt. „Wenn es nur noch für ganz wenige Chancen auf die Berufsausübung gibt, kann man die Ausbildung der Dokumentarfilmer an den vielen Filmschulen auch einstellen“, schlussfolgert Veiel.

„Da geht man schon ein wenig in die Knie“

Zu den Nominierten gehören auch Erol Papic und Valentin Kemner, die es gleich mit ihrem Abschlussfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg, mit „Genkingen“, bis in die Endrunde des Wettbewerbs geschafft haben. So konzentriert von den Problemen der vermeintlich längst fest etablierten Kollegen zu hören ist für sie eine Festivalerfahrung eigener Art: „Da geht man schon ein wenig in die Knie“, sagt der 1974 in Pforzheim geborene Papic.

Ganz wichtig ist den Dokumentarfilmern, dass ihre Forderung an die Aufträge vergebenden Fernsehsender nicht als die schlichte nach mehr Geld pro Film verstanden wird. „Dann werden eben weniger Langfilme gemacht, und das einzelne Werk bekommt mehr Geld, man fördert dann nur noch Leuchtturmprojekte“, warnt Veiel. Der Regisseur Stefan Eberlein („Parchim International“) will das Anliegen richtig verstanden wissen: „Es geht um eine generelle Umschichtung von Geldern, der Dokumentarfilm muss insgesamt mehr Geld bekommen.“ Und wieder geht ein Sonderlob in den Südwesten. Der SWR, so die einhellige Erfahrung, biete die größte Unterstützung, sei am offensten für Projekte, tue am meisten für den Dokumentarfilm.