Finanzminister Wolfgang Schäuble ist einflussreich wie nie. Das SWR-Porträt „Schäuble: Macht und Ohnmacht“ beleuchtet die wechselvolle Laufbahn des Politikers, der mit Äußerungen zu Helmut Kohl überrascht und seine Rolle hinter Angela Merkel akzeptiert.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Wolfgang Schäuble hat ein klares Verständnis von seinem Amt: Als Finanzminister ist er loyal gegenüber seinem demokratischen Auftrag. Dazu gehört, „nicht gegen den zu arbeiten, der einen in das Amt berufen hat“. Insofern ist er ein Diener der Kanzlerin, ein hochdisziplinierter, aber doch nicht pflegeleichter Gefolgsmann. 1972 sei er für die CDU in den Bundestag gewählt worden, weil er als „ausgesprochen unbequemer Streiter für neue Gedanken“ galt, sagt der 72-Jährige, „aber angepasst war ich nie“.

 

Es sind solche Gedanken, die der am 24. August in der ARD ausgestrahlten Dokumentation „Schäuble: Macht und Ohnmacht“ Wert verleihen. Schäubles Karriere, sein ganzes politisches Denken gar, wird vor allem von zwei Regierungschefs geprägt: von Angela Merkel und Helmut Kohl. In sein Verhältnis zu beiden kann der SWR-Filmemacher Stephan Lamby, der Schäuble als erster Journalist überhaupt sechs Monate lang begleiten durfte, hier und da hineinleuchten. Doch wie Schäuble über Merkel letztendlich denkt, bleibt offen. Seine Enttäuschung darüber, dass die Kanzlerin ihn nicht zum Bundespräsidenten machte, sondern den ungefährlicheren Horst Köhler vorzog, deutet er nur an. Jüngst, auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise, beugte sich Schäuble der Kanzlerin ein weiteres Mal, ließ seine Grexit-Pläne fallen und stützt nun ihre Position. Sein Murren darüber ist erneut kaum vernehmbar. Er hat sich mit der Rolle in der zweiten Reihe hinter ihr abgefunden.

Helmut Kohl hat er nicht verziehen

Anders hingegen seine Beziehung zu Altkanzler Kohl, dem er anfangs noch treu ergeben war. Der 1999 aufgedeckte CDU-Spendenskandal scheint Schäuble noch immer sehr zu quälen. Deutlicher denn je stellt er in der Dokumentation Kohls angebliches Ehrenwort, die angeblichen Parteispender nicht zu nennen, in Frage. Spender? „Es gibt keine. Weil es aus der Zeit von Flick schwarze Kassen gab.“ Der Flick-Konzern stand schon in den siebziger und achtziger Jahren im Zentrum dunkler Finanzmachenschaften. Demnach hätte Kohl also alles nur erfunden, um diese schwarzen Kassen zu verschleiern.

Schäuble ist damals wegen Kohl als Parteichef zurückgetreten. Er hat ihm nicht verziehen: Kohl habe ihm im Januar 2000 mit vermeintlichen Enthüllungen des Waffenschiebers Karlheinz Schreiber drohen wollen. Dies sei eine „Intrige mit kriminellen Elementen“ gewesen, so Schäuble. Vom Altkanzler wird ein alter Ausschnitt eingeblendet: „Ich weiß nichts von einer Intrige“, sagte Kohl damals. Er habe mit „diesem Menschen“ (Schreiber) nichts zu tun.