Mut zur Normalität beweist der SWR mit seinem Sommerfestival vor traumhafter Kulisse. Zum Auftakt mit dem „Tatort“ kann sich Richy Müller kaum sattsehen an der Fülle der glücklichen Gesichter. Die neue Freiheit wird auf dem Schlossplatz sehr emotional genossen.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Alles dauert ein bisschen länger als sonst. Äußerst gewissenhaft wird am Donnerstagabend an den Eingängen des streng abgesperrten Festivalgeländes auf dem Schlossplatz kontrolliert. Geduldig warten 2100 Besucherinnen und Besucher auf den Einlass. Niemand scheint genervt, auch wenn es nur im Schneckentempo vorangeht. Nein, die Freude überwiegt, dass endlich wieder was geht. Das Leben kehrt zurück! Überall schaut man in überaus zufriedene Gesichter, als werde nach den vielen Impfungen das Schöne noch viel schöner.

 

Der Intendant räumt ein: „Wir hatten großen Bammel“

Richy Müller jubelt auf der Bühne beim zwölften SWR-Sommerfestival. Mit der gesamten Familie ist er zur Premiere der „Tatort“-Folge „Videobeweis“ angereist, die erst 2022 ausgestrahlt wird (der genaue Termin steht noch nicht fest). Der 65-Jährige fühlt sich wie ein „Rockstar live“, wie er ins Mikro beglückt ruft und dabei gleich noch jünger aussieht als ohnehin schon. SWR-Intendant Kai Gniffke gesteht: „Wir hatten großen Bammel noch vor einer Woche.“ Und stimmt ein Loblied auf sein Haus an. „Mit dem Sommerfestival zeigt der SWR: Wir gehen auch mal ins Risiko!“

Müssten sich die Zuschauerzahlen nach den Inzidenzen richten, hätte der Sender jetzt nur noch 500 Menschen auf dem Festivalgelände begrüßen dürfen. Stuttgart liegt über 35. Doch die neue Coronaverordnung des Landes, die seit Montag in Kraft ist, macht sich frei von bisherigen Grenzen. Entscheidend ist nun, wer geimpft, genesen und getestet ist. Nach den neuen Regeln hätte der SWR gar 5000 Stühle aufstellen können. Doch es bleibt bei 2100, weil sich der Mensch nach den harten Monaten der Pandemie mit Abstand am sichersten fühlt.

Die Folge „Videobeweis“ ist ein klassischer Krimi

Das Wetter ist ideal am ersten Abend des Festivals, das noch bis Sonntag geht. Die Zufriedenheit der Zuschauerreihen ist ebenso perfekt. Und obendrein fesselt, was auf der Leinwand kurz vor 21 Uhr mit der berühmten „Tatort“-Melodie startet. Die Folge „Videobeweis“ ist ein klassischer Krimi, bei dem lange keiner weiß, wer lügt und wer die Wahrheit sagt. Man kennt’s von den Videobeweisen der Fußballspiele: Etliche sehen was anderes, wenn der Spielverlauf in Zeitlupe wiederholt wird. Das Ende einer verzwickten Handlung ist eine echte Überraschung, wie man’s als „Tatort“-Zuschauer liebt.

Die Botschaft des Abends lautet für Richy Müller: „Es muss weitergehen!“ Und sein Kollege Felix Klare freut sich, weil er beim Blick auf den Schlossplatz etwas Schönes spürt: „Auch Kultur ist systemrelevant, das tut gut.“ Dies war in der Pandemie nicht immer so. Das SWR-Sommerfestival geht am Freitag um 12 Uhr mit dem kostenlosen Tagesprogramm weiter. Am Freitagabend tritt Schlagerstar Beatrice Egli auf. Am Samstag folgt Matthias Holtmann mit „Pop und Poesie“. Am Sonntag heizt Stefanie Heinzmann ein. Auch an Samstag und Sonntag gibt der Sender tagsüber bei kostenlosen Angeboten Einblicke in seine Arbeit.