Der Musiker Klaus Pflüger überrascht Freunde: Bei ihm spielt ein Duo des SWR-Symphonieorchesters.

Leonberg: Thomas Slotwinski (slo)

Leonberg - So ein ganz klein bisschen erinnert die Szenerie an die Arena von Verona: Das Publikum sitzt auf terrassenartigen Anhöhen und genießt fasziniert die hohe Kunst, die unten geboten wird. Dazu gibt es ein Bier oder ein Wasser und ein Häppchen gegen den Hunger.

 

Während aber in der größten Oper der Welt rund 15 000 Zuschauer bis zu 500 Künstler auf der Bühne verfolgen, sind in der Privatarena von Klaus Pflüger lediglich 15 Musikfreunde zugegen, die den Darbietungen von zwei Musikern lauschen. Die aber brauchen den Vergleich mit den Kollegen in Italiens Vorzeige-Oper nicht zu scheuen. Yulia Drukh und Rudolf König spielen im Symphonie-Orchester des Südwestrundfunks Klarinette. Und das können der Routinier und die junge Nachwuchsmusikerin sehr gut.

Doch wie kommen zwei so außergewöhnliche Künstler in den Garten eines Leonberger Privathauses? Eigentlich ganz einfach: Klaus Pflüger ist sein ganzes Leben lang der Musik verbunden. Lange Jahre gehörte ihm das Musikfachgeschäft „Die Tonleiter“. Er spielt Posaune und Saxofon, ist beim Musikverein Lyra Leonberg aktiv, als Turmbläser an der Spitze der Stadtkirche zu hören und ist Kopf einer privaten Bläsergruppe, die regelmäßig bei ihm daheim am Hang des Engelbergs mit Blick auf die Altstadt probt.

Dem SWR-Symphonieorchester fühlt sich Klaus Pflüger seit Jahrzehnten verbunden. Er ist Mitglied des Fördervereins und hatte während seiner Berufszeit bei Konzerten in der Stuttgarter Liederhalle Platten und CDs des Orchesters verkauft.

Jetzt also das Dankeschön für die jahrelange Treue: Die Aktiven des Symphonieorchesters sind in diesen Wochen sozusagen auf Tournee. Aus bekannten Gründen nicht in großen Hallen, dafür in Krankenhäusern, Altenheimen, Behinderteneinrichtungen und Wohnquartieren. Mit Ständchen verschaffen sie den Bewohnern Freude und Zuversicht.

Hochkarätiges im intimen Rahmen

Für die Mitglieder des Fördervereins haben sich die Musiker etwas ganz Besonderes ausgedacht: Sie verschenken ein Serenaden-Konzert im Garten oder Hinterhof. Eine gute halbe Stunde hochkarätige Livemusik im intimen Rahmen.

Das wäre doch genau das Richtige für meine private Bläsergruppe, ging es Klaus Pflüger durch den Kopf, als er von der Ausschreibung erfahren hatte. Die örtlichen Voraussetzungen erfüllt er hundertprozentig. Ein grüner Garten mit ausreichend Platz, fernab vom Krach großer Straßen. Der Leonberger hat mit seiner Bewerbung Erfolg: Der SWR sagt zu und schickt ihm ein bemerkenswertes Klarinetten-Duo. Für das auf Blasinstrumente spezialisierte Publikum natürlich eine ideale Auswahl. Die beiden Solisten überzeugen nicht nur durch ein sympathisches Auftreten, sondern auch durch beeindruckende Professionalität und Virtuosität.

Die Bühne ist eine Terrasse

Für den erfahrenen Orchestermann Rudolf König ist es beinahe gewöhnungsbedürftig, nur zu zweit auf der Bühne zu stehen, wie er augenzwinkernd zugibt. Wobei die Bühne in diesem Fall die Pflüger’sche Terrasse ist.

Yulia Drukh ist mit der großen Orchesterwelt noch nicht ganz so eng vertraut. Seit einem Jahr ist sie Praktikantin beim Aushängeensemble des Südwestrundfunks. Dass die gebürtige St. Petersburgerin eine große musikalische Zukunft hat, ist unüberhörbar: In ihrem Programm, das die beiden „Von Bach bis Blues“ nennen, meistert die 30-Jährige selbst schwierigste Passagen und nötigt dem Fachpublikum mit ihrer faszinierenden Atemtechnik ungläubiges Staunen ab.

Das Repertoire bedient unterschiedliche Geschmäcker und öffnet so manches Ohr für neue Klänge. Der Applaus in der kleinen Pflüger-Arena ist richtig groß.