Für Marcus Creed, der nach 17 Jahren als Chefdirigent zum Ende der laufenden Saison aus seinem Amt scheidet, hat das SWR-Vokalensemble einen ebenso blutjungen wie begehrten Nachfolger gefunden: Im September 2020 übernimmt der heute 29-jährige israelische Dirigent Yuval Weinberg den vielfach preisgekrönten Stuttgarter Rundfunkchor.

Stuttgart - An diesem Donnerstag haben der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Kai Gniffke, und Yuval Weinberg einen Drei-Jahres-Vertrag unterzeichnet: Mit Beginn der Spielzeit 2020/21 wird der in Tel Aviv, Berlin und Oslo ausgebildete Israeli Chefdirigent des SWR-Vokalensembles – und damit zugleich der jüngste künstlerische Leiter eines ARD-Klangkörpers. Schon bei der ersten Kennenlernprobe, so die Managerin des Chores, Cornelia Bend, seien sich die Sänger ganz sicher gewesen, in Yuval Weinberg ihren neuen Chefdirigenten gefunden zu haben: „Er ist einer der vielseitigsten jungen Chordirigenten mit großer internationaler Erfahrung und perfekt für unsere Ansprüche und unser Repertoire. Im Ensemble erlebe ich eine große Aufbruchstimmung. Dieser Funke wird sicher auch auf das Publikum überspringen, für das wir mit Yuval Weinberg neue Konzertformate planen.“

 

Sein Antrittskonzert gibt Weinberg zwar erst am 22. November 2020, aber bereits in der laufenden Saison kann man ihn am Pult des SWR-Vokalensembles erleben: Am 22. Mai 2020 dirigiert er in Speyer, am 25. Mai 2020 in Stuttgart das Programm „Früh kommt die Nacht“ mit der Uraufführung eines neuen Stücks von von Caros Bermejo. Im Oktober 2020 wird er mit dem Vokalensemble in Zusammenarbeit mit dem SWR-Symphonieorchester unter Teodor Currentzis ein Projekt für die Donaueschinger Musiktage vorbereiten. Neben der Arbeit in Stuttgart wird Yuval Weinberg seine Arbeit als erster Gastdirigent des Chors Det Norske Solistkor in Norwegen und als künstlerischer Leiter des europäischen Ensembles EuroChoir fortführen. Vor seiner Vertragsunterzeichnung haben wir ihm drei Fragen zugeschickt.

Herr Weinberg, was hat das SWR-Vokalensemble, das andere Chöre nicht haben? Und reizt es Sie, speziell einen Rundfunkchor zu leiten?

Dieses Ensemble hat eine sehr besondere Mischung von vielen Fähigkeiten: hohe Ansprüche, Engagement, Geduld, höchste Leistung und etwas, das ich „Kammermusik-Feingefühl“ nennen möchte. Die Sänger im Chor sind einzeln alle tolle Musiker, aber sie haben auch eine Übersicht über das gesamte Bild. So kann man produktiv, effektiv und schnell arbeiten, und das auf einem außergewöhnlichen musikalischen Niveau. Das Vokalensemble ist auch darin routiniert, Programme im Studio aufzunehmen und zu produzieren, und daher kommt eine besondere Präzision und eine kompromisslose Klangqualität.

Warum haben Sie sich auf das Chordirigieren spezialisiert?

Mir war die Vokalmusik, ob Chor, Solo oder Oper, immer sehr nah, und sehr früh entstand so eine sehr starke Verbindung dazu. Gesang kombiniert mit gemeinsamem Musizieren ist dann genau das, was mich angezogen hat. Ich habe in jungem Alter angefangen, im Chor zu singen, und fühlte mich von Anfang an wohl in dieser Situation. Am Anfang des Studiums war ich noch für Orchesterleitung und Sologesang eingeschrieben, weil ich damals dachte, dass es so sein müsste, aber schnell wurde Chorleitung doch mein Schwerpunkt. Gefühlt hatte ich keine andere Möglichkeit.

In welchen Bereichen möchten Sie mit dem SWR-Vokalensemble Schwerpunkte setzen?

Ich würde gerne durch menschliches Musikmachen Zuhörer berühren. Ich habe Lust, eine Atmosphäre zu schaffen, in der neue Ideen wachsen können, und gleichzeitig die Tradition zu pflegen. Die Chormusik soll für ihr Publikum relevant sein, das hoffe ich mit dem SWR- Vokalensemble zusammen umzusetzen.