Der katholische Stadtdekan Christian Hermes kritisiert die Stadt für ihre Wohnbaupolitik und fordert mehr Investitionen in den sozialen Wohnungsbau. „Stuttgart kann und darf eine reiche Stadt sein. Aber Stuttgart darf keine Stadt nur noch für Reiche sein“, sagt er.

Stuttgart - Wie erwartet, ist der katholische Stadtdekan Christian Hermes in seiner Haushaltsrede in der Sitzung des Stadtdekanatsrates nicht nur auf Zahlen und innerkirchliche Entwicklungen eingegangen. Wer Christian Hermes kennt, weiß, dass ihm die Gesellschaft und politische Themen am Herzen liegen.

 

In diesem Fall hat sich der Monsignore nicht mit dem Rechtsradikalismus oder der AfD auseinandergesetzt, sondern mit der Stadtpolitik. Konkret mit der Wohnungsbaupolitik von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). „Stuttgart kann und darf eine reiche Stadt sein. Aber Stuttgart darf keine Stadt nur noch für Reiche sein“, sagte er im Haus der Katholischen Kirche und forderte im gleichen Atemzug: „Deshalb muss der Abbau von Sozialwohnungen und der Rückgang insbesondere von bezahlbarem Wohnraum für Familien gestoppt werden.“ Und damit seine Mahnung nicht im luftleeren Raum verhallt, adressierte er sie an die Stadt: „Weit mehr als bisher müsste die Landeshauptstadt, auch mithilfe der städtischen Tochtergesellschaft SWSG, in die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum inverstieren und kreative Konzepte der Stadtentwicklung vorlegen.“

Kirche gründet Wohnungsbaufonds

Dieser gesellschaftlichen und stadtentwicklerischen Verantwortung werde die katholische Kirche aus Sicht von Hermes gerecht. Dreiviertel aller Mietwohnungen, die sich im Besitz der Kirche befänden, lägen unter dem Durchschnitt des Stuttgarter Mietspiegels. Zudem stellt Christian Hermes fest, dass sich der Diözesanrat wegen der Versäumnisse in der Politik jetzt mit der Frage nach der Finanzierung von bezahlbarem Wohnraum befasst habe. Das Ergebnis ist die Einrichtung eines mit zehn Millionen Euro ausgestatteten Wohnungsbaufonds. Damit erhofft sich Hermes im Sinne einer Kofinanzierung mit Hebelwirkung, die örtlichen Kirchengemeinden bei der Schaffung von Wohnraum zu unterstützen.

Was den eigenen „Konsolidierungskurs“ angeht, so sieht sich Stadtdekan Hermes seit sieben Jahren bei seinem pastoralen Projekt „Aufbrechen“ auf dem richtigen Weg: „Es hat sich bewährt.“ Man habe die „damals festgestellten erschreckenden Herausforderungen“ angenommen und sei dabei, sie zu meistern. Konkret geht es um die Standortentwicklungsprojekte der Gemeinden in Bad Cannstatt, Birkach, Mönchfeld, Wangen und im Stuttgarter Westen.

Eckdaten des Haushalts: Die Kirchensteuerzuweisungen der Diözese an das Stadtdekanat Stuttgart steigen um 470 000 Euro auf 16,3 Millionen Euro. In der Folge stimmte der Stadtdekanatsrat dem Haushalt mit einem Umfang von 48 Millionen Euro zu. Die Kirchensteuerzuweisungen des Stadtdekanats an die Kirchengemeinden belaufen sich auf 6,9 Millionen Euro. Über den Vermögenshaushalt werden Baumaßnahmen etwa für Kirchen, Gemeindehäuser und Kitas in Höhe von 12,7 Millionen Euro mitfinanziert. Der Caritasverband erhält 845 000 Euro, an die mobile Jugendarbeit gehen 179 000 Euro, an Einrichtungen wie den BDKJ, den Sozialdienst Katholischer Frauen und die Waldheime fließen 269 000 Euro.