Lakhdar Brahimi wird neuer Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen für Syrien. Der Mann hat jede Menge Erfahrung mit Krisen – lösen konnte er jedoch noch keine.

Syrien - Kaum hat der frühere Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, entnervt seinen Job als Sondergesandter für Syrien hingeworfen, holt die UN einen weiteren Mann aus ihrer Recyclingmaschine für schwierige Fälle. Annan begründete den Schritt mit Zerwürfnissen innerhalb des Weltsicherheitsrates, die ein geschlossenes Bemühen um ein Ende der Gewalt in Syrien unmöglich gemacht hätten. Russland und China hatten zwei Mal mit ihrer Vetomacht ein Vorgehen gegen das Regime von Baschar al-Assad verhindert.

 

Ein alter Hase in Sachen Krisenbewältigung

Nun tritt also der 78-jährige Lakhdar Brahimi auf die Bühne. Er war Anfang der 90er Jahre algerischer Außenminister und ist ein alter Hase in Sachen komplizierte diplomatische Missionen – allerdings war er dabei selten erfolgreich. Und der Westen muss sich – neben der Regierung von George W. Bush – im Wesentlichen bei Brahimi für die heutige, ziemlich hoffnungslose Lage am Hindukusch in Afghanistan bedanken.

Denn Brahimi, der Arabisch, English und Französisch spricht, war als Sonderbeauftragter für Afghanistan von 2001 bis 2004 nicht nur einer der wesentlichen Architekten der ersten Bonn-Konferenz, sondern er galt auch als Befürworter der Strategie des „Light Footprint“, des „kleinen Fußabdrucks“. Mit möglichst geringer ausländischer Präsenz, so seine Idee und die Vorstellung der damaligen Bush-Regierung, sollte Afghanistan sich sozusagen selbst aus dem Sumpf ziehen, in dem es gelandet war.

Kenner des Landes warnten schon damals im Umfeld der Bonn-Konferenz vor der leichtsinnigen Taktik. Aber Brahimi, der schon bereits in den 90er Jahren vergeblich sein Glück als Sondergesandter für Afghanistan versucht hatte, hielt auch eine Antwort für diese Experten bereit. Er entfernte sie aus den Diensten der Vereinten Nationen und nahm nur Mitarbeiter zur Bonn-Konferenz mit, die so gut wie keine Ahnung von den Verhältnissen am Hindukusch hatten. Inzwischen bereuen alle Afghanistan-Strategen, sich jemals auf die „Light Footprint“-Taktik eingelassen zu haben. Schließlich ermöglichte sie das 2001 schier unvorstellbare Comeback der radikalislamischen Talibanmilizen, ohne deren Kooperation heute kein Friede in dem zerstörten Land erreicht werden kann. Doch wer so gründlich wie Brahimi als UN-Sondergesandter versagt, ist offenbar noch lange nicht aus dem Geschäft bei den Vereinten Nationen. Man schätzt seine alten Kontakte in die obersten Etagen arabischer Regierungen. Eine seiner drei Töchter, eine ehemalige CNN-Korrespondentin, ist schließlich auch mit einem Prinzen des jordanischen Königshauses verheiratet.

Der Schlüssel liegt in Russland und China

Dabei wird in New York offenbar gerne übersehen, dass Brahimi im Wesentlichen ein Diplomat im Dienste des Westens ist. Denn nicht nur in Afghanistan propagierte er die Linien der USA. Als Sondergesandter für Haiti und den Irak machte er sich wenig Freunde in Russland oder China. Aber deren Haltung kommt in Syrien besondere Bedeutung zu. Denn wie Diplomaten landauf und landab in Asien deutlich machen, legen sich Moskau und Peking in der Syrien-Frage vor allem aus einem Grund quer: sie haben nicht vergessen, wie Nato und westliche Staaten sie im Libyen-Konflikt einfach zur Seite geschoben haben. In Syrien, so haben sich Russland und China geschworen, darf der Westen nicht wie im Fall Libyen in die Lage versetzt werden, eine gemeinsame Resolution als Rechtfertigung für eine bewaffnete Intervention auszunutzen.

Brahimi wird sich deshalb als Sondergesandter in Syrien ebenso die Zähne ausbeißen wie sein Vorgänger Annan. Doch das scheint in der UN-Zentrale in New York keine Rolle zu spielen, denn wer aus der ebenso alten wie eitlen Truppe widersetzt sich schon der Chance, noch einmal ein paar Wochen im Scheinwerferlicht internationaler Diplomatie zu verbringen – Brahimi jedenfalls nicht.