Die Vorbereitungen für einen Schlag gegen das Regime in Damaskus laufen bereits aus Hochtouren. Im Falle einer militärischen Intervention in Syrien hätte das westliche Bündnis eine Reihe von Optionen – alle bringen allerdings große Risiken mit sich.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Die USA sollen wissen, worauf sie sich einlassen. Das ist zumindest die Meinung von Walid al-Muallim. Also sagt der syrische Außenminister während einer Pressekonferenz in Damaskus in Richtung der Weltmacht: „Wir sind kein Häppchen, das man so einfach verspeisen kann.“ Doch US-Präsident Barack Obama braucht keine Belehrungen, er weiß, welches Risiko er mit einem Angriff auf Syrien eingeht. In Jordanien kam am Montag US-Generalstabschef Martin Dempsey mit anderen Nato-Verbündeten zusammen, um über mögliche Konsequenzen nach dem Giftgaseinsatz zu sprechen. Frankreichs Präsident François Hollande kündigte in einem Zeitungsinterview an, dass in der laufenden Woche noch Entscheidungen getroffen werden sollen.

 

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren

Die Vorbereitungen für einen Schlag gegen das Regime in Damaskus laufen bereits aus Hochtouren. Inzwischen kreuzen vier Zerstörer der USA im östlichen Mittelmeer. Von ihnen könnten Marschflugkörper auf Ziele in Syrien gestartet werden. Die USA hätten die Nutzung von zwei Stützpunkten in Südgriechenland und auf Kreta beantragt, berichtete die Athener Zeitung „Kathimerini“. Auch Zypern oder der Flughafen im türkischen Incirlik können als Basis für Angriffe dienen. Ankara hat bereits angekündigt, sich an einem möglichen Schlag gegen das Regime zu beteiligen. Zudem kann das US-Militär Einrichtungen in Saudi-Arabien nutzen.

Engster Verbündeter der USA ist Großbritannien. London unterhält auf Zypern mit der Luftwaffenbasis Akrotiri einen Stützpunkt. Nach Medienberichten soll bereits ein atomgetriebenes U-Boot der britischen Marine in der Region sein. Klar ist im Moment nur eines: eine massive Invasion mit Bodentruppen – wie im Irak – kommt auf keinen Fall in Betracht. Durchgespielt werden andere, ungefährlichere und weniger kostspielige Lösungen. Inzwischen haben die USA durchblicken lassen, dass sie einen kurzen militärischen Schlag mit Lenkwaffen gegen das Regime favorisieren. Vorteil einer solchen Aktion: kein Soldat der USA oder Großbritanniens bräuchte dazu syrischen Boden betreten. Ziele könnten Start- und Landebahnen der syrischen Luftwaffe sein, Kasernen oder Nachschubwege des Militärs. Von hohem symbolischem Wert wäre die Zerstörung des Präsidentenpalastes in Damaskus. Aus dem Pentagon verlautete, man habe die Liste mit möglichen Zielen für Luftschläge noch einmal aktualisiert.

Keine Bodentruppen nach Syrien

Als unwahrscheinlich gilt, dass die fünf großen Chemiewaffenfabriken oder kleinere Produktionsstätten im Land bombardiert werden. Zu groß ist die Gefahr, dass die gefährlichen Kampfstoffe unkontrolliert austreten könnten und die ganze Region verseuchen oder Zivilisten in Lebensgefahr bringen könnten.

In der Diskussion ist auch wieder die Einrichtung einer Flugverbotszone im Grenzgebiet – wie es von der Türkei schon seit etlichen Monaten gefordert wird. Diese Lösung birgt allerdings große Risiken, da zuvor von der westlichen Koalition die syrische Luftverteidigung mit einem massiven Bombardement aus der Luft ausgeschaltet werden müsste. Zudem müsste die Zone nach den Angriffen mit erheblichem Aufwand kontrolliert werden. Ein solcher Schritt würde den Rebellen im Grenzgebiet nutzen, doch im Landesinneren hätte eine Flugverbotszone wesentlich weniger Auswirkungen auf die Kämpfe.

Deutschland will ein UN-Mandat

Problematisch wäre auch, dass sich etwa Deutschland, das eine Einheit mit Patriot-Raketen an der syrisch-türkischen Grenze stationiert hat, wahrscheinlich nicht mitziehen würde. Berlin hat mehrfach betont, dass nur ein Eingreifen mit einem Mandat der Vereinten Nationen unterstützt werde. Auch dürften sich die deutschen Truppen nicht ohne Einverständnis des Berliner Parlaments an der Einhaltung einer Flugverbotszone beteiligen.

Sollte der Militärschlag einer westlichen Koalition erfolgreich sein, bleibt dennoch eine zentrale Frage unbeantwortet: Wie reagieren die Verbündeten des Diktators Bashar al-Assad? Der Iran warnte bereits sehr deutlich, ein militärisches Vorgehen hätte unabsehbare Folgen „für die gesamte Region“. Auch die Lage im Libanon könnte dramatisch destabilisiert werden.