Hunderttausende Tote, Millionen Flüchtlinge und keine Lösung: In der Syrien-Krise wächst der Handlungsdruck. Das lässt die USA und ihre Verbündeten neue Wege beschreiten.

Washington - Um einem Ende des Syrien-Kriegs näher zu kommen, wollen die USA nun erstmals doch den Iran einbinden. Vertreter der Islamischen Republik seien zu geplanten Syrien-Verhandlungen am Donnerstag in Wien eingeladen worden, hieß es am Dienstag aus US-Regierungskreisen. Eine Antwort aus Teheran stehe noch aus.

 

Für die USA und ihre Verbündeten bedeutet dies eine Kehrtwende: Bislang hatten sie Teheran nicht beteiligen wollen, obwohl der Iran neben Russland der wichtigste Verbündete des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ist. Doch wird der Handlungsdruck angesichts von mehr als 250 000 Toten und mehr als elf Millionen Flüchtlingen immer größer. Seit 2011 sind alle Vermittlungsversuche in dem Bürgerkrieg gescheitert.

Die schiitisch geführte Islamische Republik spielte zuletzt in Syrien eine wichtige Rolle: Erst am Dienstag hatte die Führung der Revolutionsgarden bestätigt, dass sie mehr Militärberater nach Syrien geschickt habe, um Damaskus zu unterstützen. Auch kämpft die vom Iran unterstützte libanesische Hisbollah an der Seite Assads.

An den Wiener Verhandlungen am Donnerstag sollen neben dem Iran, den USA und Russland auch Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate teilnehmen, wie es in Washington hieß. Gegen die Einbindung des Iran wehrte sich nach US-Angaben vor allem das sunnitisch geführte Saudi-Arabien - im Nahen Osten der große Rivale des schiitischen Iran. König Salman habe aber schließlich nachgegeben, hieß es.

Zuletzt hatte Russland mit massiven Luftangriffen zugunsten von Assad in den Konflikt eingegriffen und dem syrischen Präsidenten militärische Erfolge beschert. Die verstärkten Kämpfe trieben gleichzeitig nach Schätzung der Vereinten Nationen allein im Oktober weitere 120 000 Menschen in die Flucht, die meisten davon innerhalb Syriens.

Gegen den IS kämpfen auch kurdische Einheiten

Wegen des zugespitzten Konflikts seien nun 13,5 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen, darunter sechs Millionen Kinder, meldeten die UN am Dienstag. Binnen zehn Monaten habe sich die Zahl um 1,2 Millionen erhöht, sagte der Beauftragte für humanitäre Angelegenheiten, Stephen O’Brien. „Das ist die größte Vertreibungskrise der Moderne“, sagte er. Rund 4,2 Millionen Syrer seien inzwischen außer Landes.

Auch die USA und ihre Verbündeten führen seit Monaten in Syrien - ebenso wie im Irak - Luftangriffe, gerichtet gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Diese militärische Offensive gegen den IS soll nun ausgeweitet werden, wie US-Verteidigungsminister Ashton Carter am Dienstag im Senat erklärte. Ins Visier genommen werden sollen vor allem die IS-Hochburgen Rakka in Syrien und Anbar im Irak.

Rund um Rakka sollten zudem moderate Rebellen unterstützt werden, die zuletzt wichtige Bodengewinne erzielt hätten. „Einige von ihnen sind heute nur noch 50 Kilometer von Rakka entfernt“, sagte Carter. Die neue Offensive solle dazu beitragen, das IS-Territorium immer weiter zu verkleinern.

Gegen den IS kämpfen in Syrien und im Irak auch kurdische Einheiten, unterstützt unter anderem durch deutsche Waffen und Ausrüstung. Der Nato-Partner Türkei beschießt die Kurden indes nicht nur im Irak, sondern jetzt auch in Syrien, wie Ministerpräsident Ahmet Davutoglu im Fernsehen bestätigte.