Ein Abkommen zwischen Regierungsanhängern und Rebellen in Syrien sieht vor, dass Tausende Menschen vier belagerte Orte verlassen. Die Umsetzung begann am Freitagmorgen - doch ein Streit stoppt die Busse.

Damaskus - Der Abzug von Tausenden Zivilisten und Kämpfern aus vier belagerten syrischen Orten entwickelt sich zu einem Nervenspiel. Die Menschen sitzen nahe der nordsyrischen Großstadt Aleppo in Bussen fest, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und ein Aktivist am Samstag meldeten. Sie sind bereits seit Freitagmorgen unterwegs. Die humanitäre Lage der Wartenden sei „sehr schwer“, berichtete der Aktivist Nahel Nur der Deutschen Presse-Agentur.

 

Hintergrund ist ein Streit zwischen Regierungsanhängern und Rebellen über die Umsetzung eines Abkommens, das den Abzug der Menschen aus den vier Orten regelt. Die Einigung war unter Vermittlung des Irans und Katars ausgehandelt worden.

Al-Kaida-nahe Organisation stoppt Abkommen

Sie sieht vor, dass zeitgleich rund 2200 Menschen aus den von Regierungskräften belagerten Orten Madaja und Sabadani sowie etwa 5000 Menschen aus den von Rebellen eingeschlossenen Orten Fua und Kafraja gebracht werden. Die Busse waren am Freitagmorgen in den vier Orten gestartet und erreichten in der Nacht zwei unterschiedliche Busstationen westlich von Aleppo. Nur berichtete, die Busse aus Madaja und Sabadani seien fast 1000 Kilometer unterwegs gewesen.

Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter stoppte die Al-Kaida-nahe Organisation Tahrir al-Scham die Umsetzung des Abkommens. Sie fordere, dass rund 100 regierungstreue Kämpfer in den Bussen aus Fua und Kafraja wieder in die beiden Orte zurückkehrten, weil sie entgegen dem Abkommen an Bord der Busse seien.

Menschen haben weder geschlafen noch gegessen

Die Menschen - darunter viele Frauen und Kinder - hätten seit Freitagmorgen weder geschlafen noch gegessen, berichtete Nur, der aus Madaja kommt. Es gebe kaum Toiletten. „(Das ist wie) ein kleines Gefängnis“, schrieb er über Textnachrichten.

Im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) drang unterdessen ein von Kurden angeführtes Bündnis erstmals in die strategisch wichtige Stadt Al-Tabka im Norden Syriens ein. Die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) teilten mit, sie seien nach heftigen Kämpfen in Vororte der Stadt eingerückt.

Al-Tabka liegt direkt an der Talsperre des Assad-Stausees, die für die Stromerzeugung und Bewässerung bedeutend ist. Die Einnahme der Stadt gilt als wichtige Etappe einer Offensive, die den IS aus seiner weiter östlich gelegenen Hochburg Al-Rakka vertreiben will.