Aus Protest gegen den Krieg in Syrien und die anhaltenden Angriffe auf Aleppo präsentiert sich das Nachrichtenportal aus Hamburg auf seiner Startseite ungewöhnlich schwarz. „Den ganzen Tag“ lang will Stern.de „still sein“. Das Netz reagiert auf die Aktion gespalten – und bezweifelt, dass sicht die Journalisten an ihre Regel überhaupt halten.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Hamburg - Die Online-Plattform Stern.de will an diesem Freitag einen Tag lang schweigen. So kündigt es die Redaktion jedenfalls seit den frühen Morgenstunden auf ihrer Webseite an. Hintergrund seien die anhaltenden Kämpfe im Syrienkrieg, insbesondere in der Stadt Aleppo, und der Zweifel, ob man in der Vergangenheit als deutsche Journalisten womöglich zu wenig gegen diese Ereignisse erreicht habe: „Wie können wir über das alltägliche Leid berichten? Was bewirkt unsere Berichterstattung? Haben wir ausreichend über das Thema berichtet?“ Unter dem Druck schneller Nachrichtenverarbeitung, so die Selbstkritik der Stern.de-Redakteure, sei die Auseinandersetzung mit der Katastrophe im Nahen Osten offenbar zu kurz gekommen. Deswegen wolle man es „heute einmal ganz anders machen. Uns von den normalen journalistischen Reflexen lossagen. Nicht lauter, schneller und mehr berichten. Sondern schweigen. stern.de wird heute den ganzen Tag still sein. Nur Bilder. Aus Aleppo und Syrien.“

 

Tatsächlich folgt der langen Verlautbarung eine ausführliche Bildersammlung mit Fotos aus jüngerer Zeit, die das Leben der noch lebenden Bürger im Ostteil Aleppos zwischen den Luftangriffen dokumentieren. Stern.de: „Heute geht es nicht um Reichweite, Klicks und effiziente Vermarktung. Heute geht es uns darum, ein Zeichen zu setzen. Stumm.“ So wolle man „der unerträglichen Sprachlosigkeit entgegenbrüllen – indem wir sie einfach einmal zulassen.“

Kommentar bei Twitter: „Eigentlich publizieren Sie munter weiter“

Auf die auch auf den sozialen Plattformen gepostete Aktion reagierte das Netz schnell und zuverlässig gespalten. Zustimmung (Ritzi@Ritzi_Bizzi: „Respekt für diese Aktion“), Fragen an den Sinn (Naci Cinisli@nacicinisli: „Schweigen bringt nichts. Ihr müsst reden, aber richtig reden und ETWAS tun!!!!“) und Häme (Bubo Aves@Bubo Aves: „keine Russenhetze! Jawohl!“) halten sich die Waage. Einige User haben auch bereits bemerkt, dass offenbar nicht die gesamte Stern.de-Redaktion von der Aktion informiert ist. Mausraster@mausraster bemerkt, dass trotz Schweigetag aktuelle Geschichten über den Hurrikan auf Haiti und die aktuellen Vorrennen der Formel 1 ins Netz gegangen sind: „Finde es nicht schlau, in den aktuellen Situation ‚schweigen’ so frei zu interpretieren. Eigentlich publizieren Sie munter weiter.“

Hier sei allerdings bemerkt (und nicht wie in unserer ursprünglichen Fassung behauptet), dass die Meldungen und Texte auf stern.de an diesem Freitag lediglich automatisiert von einem Feed einlaufen und nicht händisch von den Mitarbeitern erstellt werden.