Beim Schlittenhang in Sechselberg sorgen aus ganz Deutschland angereiste Enthusiasten für ein Spektakel. Star unter den Ballons ist die der TV-Sendung entsprungene Maus.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Es ist kalt beim Sechselberger Sportplatz, Schnee bedeckt den steilen Schlittenhang am Waldrand. Und doch haben sich am Samstag mehrere hundert Schaulustige auf der weiß gepuderten Wiese mitten im Naturpark eingefunden, um am Nachthimmel trotz frostiger Temperaturen einen magischen Moment zu erleben – auch wenn bei manchem Besucher der Gedanke aufkeimen mag, dass die Farbenpracht auch an einem lauen Sommerabend schön anzuschauen gewesen wäre.

 

Ballonfahrer aus ganz Deutschland, aus Luxemburg und Frankreich sind für das Spektakel angereist. Jetzt, beim traditionellen Ballonglühen, heizen sie ihren Heißluft-Flugobjekten im Miniaturformat ein. Der Begriff „Modellballon“ bedeutet nicht, dass die Luftgefährte in die Hosentasche passen würden. Um die fünf Meter sind auch die mit Flechtkorb und Gasbrenner ausgestatteten Miniatur-Modelle hoch, der Unterschied zum bemannten Vorbild ist neben den Dimensionen vor allem, dass sie nicht zur Personenbeförderung taugen.

Auch der Mann im Korb ist nur ein Modell. Foto: Gottfried Stoppel

Seit 2014 wird in Althütte das Modellballonfeschdle veranstaltet, der Februar-Termin hat in der Szene inzwischen einen festen Platz im Kalender. Ein Wochenende lang ist der 4000-Einwohner-Ort der Nabel der Luftfahrt-Fans. Und bei den Zuschauern ist das Interesse an den leuchtend in den Nachthimmel steigenden Ballons so groß, dass die Anfahrt mittlerweile mit Einbahn-Regelungen und Parkverbotszonen gesteuert werden muss. Dass das Ballonglühen seit einigen Jahren am Sechselberger Sportplatz steigt, liegt nicht nur an der Logistik für die Bewirtung. Das in einer Senke am Waldrand liegende Gelände bietet durch guten Windschutz auch ideale Bedingungen für einen nicht von Böen bedrohten Aufstieg.

Die Kunst des Ballonmanövrierens: Wind und Technik vereint

Manövrieren nämlich lassen sich die Miniaturballone nur durch einen per Fernsteuerung bedienbaren Gaszug. Mit dem Daumen regelt der am Boden stehende Pilot, wie viel heiße Luft über den Brenner in die Hülle geblasen wird – den Rest erledigt der Wind mit seinen in verschiedenen Höhen unterschiedlichen Strömungen. „Wir versuchen, uns den Wind zum Freund zu machen“, sagt der in Backnang lebende Modellballon-Enthusiast Christian Schulz.

Eine helle Flamme sorgt für heiße Luft. Foto: Gottfried Stoppel

Zu den Stars der allein im deutschsprachigen Raum etwa 200 „Modellballöner“ umfassenden Szene gehört der bei Salzburg lebende Bernd Schwab. Das liegt nicht nur am beachtlichen Aktionsradius, mit dem der gelernte Elektromechaniker sein Hobby auslebt. Mit seinen Miniaturmodellen war der 64-Jährige schon in Südtirol und in der Steiermark, er hat sie in Israel in den Himmel steigen lassen und in Thailand den Fernsteuerungs-Brenner bedient. Vor allem aber hat der passionierte Freizeit-Pilot in mühevoller Heimarbeit eine Figur erschaffen, die bei großen und kleinen Zuschauern für Begeisterung sorgt: den orangeroten TV-Star aus der „Sendung mit der Maus“.

Fürs Vernähen waren sieben Kilometer Faden nötig

Gut sechs Monate lang hatte der Elektromechaniker nach dem richtigen Schnittmuster für den Fernseh-Nager gesucht, fürs Vernähen des bunten Ballonstoffs benötigte Schwab etwa sieben Kilometer Faden. Unterwegs ist Schwab auch mit einer Rakete, einem sich orange gegen den Nachthimmel abhebenden Drachen und einem stattliche 15 Meter langen Luftschiff. Für den Zeppelin im Miniformat benötigt der Hobbypilot sogar eine offizielle Zulassung – sobald das Gewicht die 25-Kilo-Marke überschreitet hat, gelten in der Luftfahrt andere Regeln.

Kleiner Passagier für den Miniatur-Ballonkorb. Foto: Gottfried Stoppel

Die Maus, bei der sich bei ausreichend Heißluft aus dem Gasbrenner sogar die Schnurrhaare aufrichten, ist auch am Samstag in Sechselberg am Start, andere Ballone präsentieren sich als Nordmann mit Schnauzbart und Wikingerhelm oder als klassische Werbeträger mit knallbuntem Firmenemblem. Mit „Ballonseide“ übrigens hat die Hülle nichts zu tun, beim verwendeten Material handelt es sich um Polyester. Das kann schnell Feuer fangen, wenn die Flamme des Gasbrenners zu nah an die Haut des Ballons gerät – weshalb die Männer und Frauen mit der Fernbedienung aufkommenden Wind nicht sonderlich schätzen.

Gut eine halbe Stunde reicht das Gas in der im Ballonkorb versteckten Kartusche – dann ist Schluss mit heißer Luft. Die Maus wird sorgsam wieder eingepackt und wartet in einem Sack aus Segeltuch auf magische Momente beim nächsten Modellballon-Treffen.