Täglich kommen etwa 200 bis 300 Besucher in die Räume in der Wernerstraße. Doch vor allem ältere Zeitgenossen haben offenbar die Sorge, beim Einkauf der preisgünstigen Produkte von Nachbarn oder Bekannten gesehen zu werden.

Fellbach - Rita Borodin nimmt einen Joghurtbecher in die Hand. Drei Stück davon bekommen die Kunden für ein paar Cent. „Das ist sehr gute Ware. Dass das Mindesthaltbarkeitsdatum bald abläuft, hat ja nichts zu sagen“, erklärt die Frau, die mit Helmut Kiefer den Tafelladen in der Fellbacher Wernerstraße leitet.

 

Die Supermärkte und der Großmarkt statten uns gut aus

Viele einwandfreie Lebensmittel gibt es für einkaufsberechtigte Kunden. Auch wenn nicht jedes Produkt immer im Angebot ist und nur in begrenzten Stückzahlen abgegeben wird. Zumeist gibt es zwei pro Artikel. „Frischwaren sind nicht das Problem. Heute haben wir beispielsweise viele Auberginen bekommen. Die Supermärkte und der Großmarkt statten uns gut aus, wir haben sogar einen Bäcker, der extra für uns mitbackt“, sagt Helmut Kiefer. Die täglich gelieferte Ware liegt im Bereich von etwa einer Tonne. Doch nicht jeder unterstützt die Tafel wirklich. „Es gibt schon auch Geschäfte, die benutzen uns ein bisschen als Mülltonne. Aber auf schimmlige Zitronen können wir verzichten“, berichtet Rita Borodin.

Andere nutzen die Pause für einen Plausch

Es ist kurz nach 11 Uhr. Die erste Runde hat das Tafelladen-Team bereits hinter sich. Doch viel Zeit, um Pause zu machen, bleibt nicht. Die Kunden warten schon wieder in der Schlange vor der Tür, bis die Regale erneut gefüllt sind. Manche vertreiben sich die Zeit mit einem Besuch im Tafelladen-Shop gleich nebenan, in dem es Kleider, Spielsachen und Haushaltswaren gibt. Andere nutzen die Pause für einen Plausch, wieder andere bringen vor der nächsten Tour den bisherigen Einkauf rasch nach Hause. „Die meisten bleiben jedenfalls da und drehen zwei oder drei Runden im Laden. Manche nehmen dabei immer das Maximum einer Ware mit, so viel, wie sie selbst kaum verbrauchen können“, sagt Rita Borodin. Sie weiß, dass manches davon auch weiterverkauft wird. Während die Verkaufsleiterin ein wenig Ordnung in die Tiefkühltruhe bringt, bestücken einige der in der Mehrzahl ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter den Laden mit frischem Gemüse und Obst. Derweil wird hinten im Lager die gerade gelieferte Warenladung ausgepreist.

Lebensmittel mit kurzer Haltbarkeit gibt es meist genügend

Ein namhafter Produzent hat eine zu Ostern nicht verkaufte Überproduktion an den Tafelladen abgegeben. Süße Schokohäschen, mit Nougat gefüllte Ostereier und in Alufolie gewickelte Lämmchen kommen mitten im Hochsommer in die Regale. Es gibt immer mal wieder besondere Angebote, angesagte Energiedrinks oder auch mal feinen Schinken. Da entbrennt schon mal ein Verteilungskampf zwischen den Kunden, den die Mitarbeiter schlichten müssen.Lebensmittel mit kurzer Haltbarkeit gibt es meist genügend, wenn auch nicht in der Vielfalt und Auswahl wie in regulären Einkaufsmärkten. Aber lange haltbare Produkte, vor allem aus dem Drogeriebereich, landen selten im Tafelladen. Umso dankbarer waren die Fellbacher, dass die Oeffinger Pfadfinder den Erlös der Einweihung des umgestalteten Spielplatzes im Langen Tal im Rahmen der 64-Stunden-Aktion – insgesamt 2000 Euro –als Sachspenden in Form von Seifen, Shampoos oder Deos gespendet haben.

So langsam sind die Regale wieder gefüllt

Wer in den Tafelladen kommt, hat das Recht hier einzukaufen. Die insgesamt mehr als 30 Mitarbeiter sind angehalten, die Berechtigungen nicht nur zu kontrollieren, sondern auch zu protokollieren. 200 bis 300 Kunden kommen täglich, und immer mal wieder versuchen sich welche einzuschmuggeln. Andererseits schätzt Helmut Kiefer, dass mindestens zehn Prozent mehr Fellbacher berechtigt wären, im Tafelladen einzukaufen, aber dennoch nicht kommen. „Vor allem die ältere Generation hat ein Problem damit. Es könnte ja sein, dass sie jemand sieht, der sie kennt.“

So langsam sind die Regale wieder gefüllt. Bald dürfen die Wartenden wieder in den Verkaufsraum herein. Obwohl die Kunden des Tafelladens jeden Cent umdrehen müssen, hält es Rita Borodin für richtig und wichtig, dass die Ware nicht unentgeltlich abgegeben wird. „Sonst würden sie sie einfach mitnehmen und ebenso leicht auch wegwerfen.“