Zum bundesweiten Tag der Archive zeigt das Stadtarchiv Leonberg Grüße aus der Ferne.

Leonberg/Weil der Stadt - „Es ist die SMS des 19. Jahrhunderts“, sagt Bernadette Gramm, die die Ausstellung zum bundesweiten Tag der Archive im Leonberger Stadtarchiv organisiert hat. Gezeigt werden hier unter dem Stichwort „Kommunikation“ alte Postkarten, Ansichtskarten und Auswandererbriefe. Wahre Schätze hat sie gemeinsam mit Ina Dielmann aus dem Archiv gehoben, die auch viele der Postkartentexte von der alten deutschen Schrift in unsere heutige lateinische Schrift „übersetzt“ und abgetippt hat.

 

Der Ursprung der Postkarten waren Postformulare, die man am Postschalter kaufen konnte und die Hälfte des Briefportos kosteten. Die Postkarte wurde 1869 eingeführt, als man eine kürzere Form der Kommunikation benötigte. Sie war zunächst ein wichtiges Alltagsmedium, um sich zu verabreden. Die Vorderseite trug zunächst kein Bild und die komplette Rückseite war der Anschrift vorbehalten. Erst später fanden Fotos von Stadtansichten ihren Weg auf die Karten, die dann zu Ansichtskarten wurden.

„Prachtvolle junge Löwen“

Und hier setzt das Interesse des Leonberger Stadtarchivs an den Ansichtskarten an, denn es geht um die Archivierung historischer Stadtansichten aus dem Altkreis Leonberg. Insgesamt 900 Postkarten sind bereits archiviert, die älteste stammt aus dem Jahr 1899. Mit ihr kündigt der Leonberger Hundezüchter Christian Essig der „hochwohlgeborenen Lina von Peter“ den Versand eines Hundekatalogs an, in dem er „prachtvolle junge Löwen Spitze schwarz“ anbietet, „von echtrassigen Eltern abstammend, damit sie eher eine Wahl treffen könne“. Motiv der Ansichtskarte ist das Schweizerhaus, in dem Essig Hunde züchtete, und eine gezeichnete Landschaftsansicht mit dem Engelbergturm. Für Text war anfangs wenig Platz auf den Karten, er musste auf die Vorderseite neben das Bild geschrieben werden oder wie im Falle von Christian Essig, einfach quer über das Bild.

Christian Wagner ist ein beliebtes Motiv

Aus allen Teilorten sind Ansichtskarten archiviert, darunter viele aus Warmbronn mit dem Dichter Christian Wagner und seinem Geburtshaus als Motiv oder mit dem Gasthaus „Zum Grünen Baum“. Aber auch das Kreiskrankenhaus, das Schloss, die Baustelle des Engelbergtunnels und zahlreiche Stadtansichten aus Eltingen und Leonberg sind erhalten, darunter auch ein „Gruß vom Luftkurort Rappenhof bei Leonberg, 440 Meter über dem Meeresspiegel“.

Fast täglich sind damals in Ermangelung anderer Kommunikationsmedien Postkarten geschrieben worden. Dabei ging es auch um ganz alltägliche Dinge, wie eine etwas ausführlichere Karte aus dem Jahr 1938 belegt, geschrieben von einem Otto an die „werten Schwiegereltern“, dass man leider nicht zur Kartoffelernte kommen könne, „da wir am Sonntag auch schaffen müssen“.

Nicht immer einfach zu entziffern

„Nicht immer können wir den Text vollständig entziffern“, bedauert Ina Diebold. Vor allem bei den längeren Auswandererbriefen, die ebenfalls ausgestellt sind. Das sind Schreiben von nach Amerika ausgewanderten Schwaben, die sich wegen Erbschaftsangelegenheiten gemeldet haben und deren Schriften so im Archiv erhalten sind. Es schreibt Gottlob Christian Beutelspacher, aus Leonberg stammend, 1879 aus Philadelphia an seinen Vetter Wilhelm: „Better late than never!“ Besser spät, als nie, der sich wohl lange nicht bei den Verwandten gemeldet hat und jetzt eine Vollmacht für eine Erbsache schickt.

Nachrichten in die alte Heimat

Nicht immer ist das Leben in der neuen Heimat einfach: „Wir hatten einen harten Winter und zudem gingen die Geschäfte sehr schlecht, was für die armen Leute sehr hart war.“ Er selbst und seine Familie blieben gesund, nur das Pferd wurde krank, was ziemlich teuer war. „Ich musste ein Pferd lehnen und auch theuer dafür bezahlen“, schreibt er.

In Weil der Stadt sind historische Fotos und aktuelle Aufnahmen zu sehen. Foto: factum
Unter dem Motto „Kommunikation“ des bundesweiten Tages der Archive öffneten im Altkreis noch weitere Archive ihre Türen, darunter die Werner-Zeller-Stiftung für Familienforschung im Seedammcenter. Hier lagern 130 Regalmeter Liebesbriefe, Post von der Front, Tagebücher, Schmuckalben und Postkarten. Ziel der Stiftung ist es, Familiengeschichte und Familiengeschichten zu erhalten und dafür zu sorgen, dass Briefe, Kalender und Alben wiedergefunden und Familiennamen zugeordnet werden können. Die ältesten Briefe in diesem Archiv stammen aus dem 18. Jahrhundert.

Weil der Stadt gestern und heute

Auch das Stadtarchiv Weil der Stadt öffnete am Samstag seine Türen. Dort war eine besondere Fotoausstellung zu sehen, in der historischen Fotos aktuelle Aufnahmen vom gleichen Ort gegenüber gestellt waren.

Die ständige Ausstellung im Foyer des Stadtarchivs (Kapuzinerberg 1) wurde überarbeitet. Ein Teil widmet sich dem Thema „150 Jahre Keplerdenkmal 1870-2020“, ein weiterer Bereich präsentiert Archivalien zum Thema „Demokratie und Bürgerrechte“. Das Stadtarchiv ist werktags von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Termine sind auch nach Vereinbarung mit Stadtarchivar Lothar Sigloch möglich, Telefon 0 70 33 / 30 91 88 oder per E-Mail anstadtarchiv@weilderstadt.de.