Die Landeshauptstadt im Fernsehen: Der Gottesdienst in der Stiftskirche und der Festakt in der Liederhalle sind nur geladenen Gästen vorbehalten, beides wird am Donnerstag aber im Fernsehen übertragen.

Stuttgart - Reden hat Joachim Gauck seit seinem Amtsantritt im März 2012 schon viele und zu zahlreichen Anlässen gehalten, eine Ansprache zu einem Tag der Deutschen Einheit fehlt dem Bundespräsidenten bisher allerdings noch. Bei den zentralen Feierlichkeiten im vergangenen Jahr in der bayerischen Landeshauptstadt München hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert als Hauptredner das Grußwort gehalten. Aus dem Ruf „Wir sind das Volk“, so forderte der christdemokratische Politiker seinerzeit, müsse ein „Wir sind Europa“ werden.

 

Womit sich der ehemalige evangelisch-lutherische Pastor und Kirchenfunktionär Gauck am Donnerstag in der Liederhalle beschäftigen wird, bleibt bis dahin wie üblich das gut behütete Geheimnis des Bundespräsidenten und seiner Redenschreiber. Man darf gespannt sein. 1400 Gäste sind zu dem Festakt in der Liederhalle geladen, darunter zahlreiche Prominente. Unter anderem werden die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten Christine Lieberknecht (Thüringen, CDU), Annegret Kramp-Karrenbauer (Saarland, CDU), Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz, SPD), Torsten Albig (Schleswig-Holstein, SPD) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt, CDU) erwartet.

Angeführt wird die Riege der aktiven Politiker von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die allerdings keine allzu guten Erinnerungen an die Landeshauptstadt haben dürfte. Bei ihrem letzten großen öffentlichen Auftritt in der Stadt im Oktober vergangenen Jahres auf dem Marktplatz war die Regierungschefin von Stuttgart-21-Gegnern angesichts ihrer Haltung zu dem Bahnprojekt anhaltend ausgepfiffen und beim Reden unterbrochen worden. Auf derart massive Eingriffe wollen die Projektgegner diesmal offenbar verzichten, Plakate und andere Protestnoten sollen den versammelten Politikern dann aber doch unter die Nase gehalten werden. Das Aktionsbündnis werde die Einheitsfeiern demonstrativ begleiten, sie aber nicht stören, betont Matthias von Herrmann von den Parkschützern. So wolle man das Motto „Zusammen einzigartig“ auf den „einzigartigen Widerstand gegen den Irrsinn von Stuttgart 21“ erweitern. Gleichzeitig hat ein Bündnis „anarchistischer und kommunistischer Gruppen“ angekündigt, am Donnerstag in der City gegen die Feierlichkeiten zu demonstrieren.

Diese beginnen am Vormittag schon vor dem auf zehn Uhr angesetzten Gottesdienst in der Stiftskirche mit einem Konzert der Turmbläser, die um 9.35 Uhr vom Glockenturm und um 9.45 Uhr vor dem Haupteingang die 900 geladenen Gäste mit Chorälen empfangen. Der Gottesdienst selbst wird von drei Chören – darunter die Freiburger Domsingknaben – und vier Bischöfen gestaltet: Landesbischof Frank Otfried July, der die Liturgie hält, Gebhard Fürst, der badische Landesbischof Ulrich Fischer und Robert Zollitsch, der predigen wird. Ein Schwerpunkt sei das Thema Inklusion und der Umgang mit behinderten Menschen, sagt der Mesner Markus Friedrich. Dabei sollen auch Betroffene selbst zu Wort kommen.

Gottesdienst wird auf Marktplatz übertragen

Sowohl der Gottesdienst als auch der Festakt in der Liederhalle sind ausschließlich geladenen Gästen vorbehalten, beide Veranstaltungen werden aber im Fernsehen übertragen (10 Uhr Gottesdienst, ARD/SWR, 12 Uhr Festakt, ZDF). Der Gottesdienst in der Stiftskirche wird zudem auf einer Großleinwand am benachbarten Marktplatz gezeigt; die Stadt stellt dazu rund 500 Stühle vor dem Rathaus auf.

Das restliche Programm der zweitägigen Einheitsfeier ist dann für jedermann. Auf dem Schloßplatz rocken unter anderem Robin Beck und die DDR-Band City; auf dem Karlsplatz dreht sich eine Automobilschau; auf dem Schlossplatz wird Politik gemacht, im Schlossgarten allerlei Sport, und auf dem Marktplatz kochen Vincent Klink und die Ministerpräsidenten-Gattin Gerlinde Kretschmann gemeinsam. Zum Festgelände gehört nicht zuletzt auch die Theodor-Heuss-Straße, auf der sämtliche 16 Bundesländer mit einem Pavillon vertreten sind.