Am zehnten Tag der Stadtgeschichte haben die ehrenamtlichen Teilnehmer das Kriegsende in Stuttgart in den Mittelpunkt gestellt. Bürgermeister Werner Wölfle würdigte deren Engagement, denn: „Eine geschichtslose Stadt wäre eine gesichtslose Stadt.“

Stuttgart - Das Thema zum diesjährigen Tag der Stadtgeschichte war schnell gefunden: In den zahlreichen Diskussionen und Zusammentreffen der ehrenamtlichen Ortshistoriker, die das Arge Netzwerk Stuttgarter Stadtbezirke regelmäßig organisiert, waren die Teilnehmer immer wieder auf das Kriegende in Stuttgart zu sprechen gekommen. „Es wird nicht mehr lange Zeitzeugen geben, die darüber berichten können“, sagt Helmut Doka vom Arge Netzwerk, „deswegen müssen wir festhalten, was an Erinnerungen noch da ist.“

 

Diese Arbeit haben die Ehrenamtlichen im vergangenen Jahr gemacht und ihre Ergebnisse am Samstag beim zehnten Tag der Stadtgeschichte im Stadtarchiv in Bad Cannstatt vorgestellt. Die Ortshistoriker berichteten dabei aus den Stadtteilen Münster, Rot mit Schlotwiese, Feuerbach, Botnang, Bad Cannstatt und Weilimdorf. „Es ist eine ganz wichtige Arbeit, die von den Ehrenamtlichen geleistet wird“, sagt Doka, „das Interesse wird auch bei jungen Menschen immer größer, immer mehr Gruppen bilden sich, und die Anfragen an das Netzwerk häufen sich.“

Geschichtslose Stadt ist eine gesichtslose Stadt

Vielleicht ist auch die gute Zusammenarbeit des Netzwerkes mit den hauptamtlichen Stellen in Stuttgart, die sich mit der Geschichte der Stadt beschäftigen, ein Grund für das stetig wachsende Interesse an der Historie. So ließ es sich auch Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) in Vertretung des Oberbürgermeister Fritz Kuhn nicht nehmen, beim Tag der Stadtgeschichte ein Grußwort zu sprechen. „Wir können alle stolz sein auf unsere Stadt, in der sich so viele historisch Interessierte versammeln“, sagte Wölfle im Stadtarchiv. Eine geschichtslose Stadt sei eine gesichtslose Stadt, weshalb die Arbeit der Ehrenamtlichen wichtig sei. „Die Geschichte einer Stadt kennenzulernen, ist auch ein Teil der Integrationskultur“, betonte der Bürgermeister und bezog sich damit auf die aktuelle Flüchtlingsdebatte. Das Thema, das in diesem Jahr im Mittelpunkt stehe, sei außerdem gegenwärtiger denn je zuvor, so Wölfle: „Es ist wichtig daran zu erinnern, dass auch damals lange Märsche stattgefunden haben.“ Zum Schluss dankte er den Ehrenamtlichen und betonte: „Die nächste Generation braucht Sie und die Erkenntnisse der Geschichte.“

Informationen über das Stadtmuseum aus erster Hand

Dass auch das Stadtmuseum wichtig für die Arbeit der Ortshistoriker ist, ist wenig verwunderlich; dass aber auch die ehrenamtliche Arbeit in den Stadtteilen dem Stadtmuseum weiterhilft, schon eher. Um die Arbeit zu würdigen, war die Leiterin des Stadtmuseums, Anja Dauschek, gekommen. Sie dankte nicht nur den Ehrenamtlichen für ihre Arbeit, sondern brachte die Interessierten im Stadtarchiv mit einem Vortrag über die baulichen Maßnahmen im Stadtmuseum auf den aktuellen Stand. Mit Bildern führte sie durch ein Jahr Baugeschichte und ließ die Anwesenden wissen, wie schwierig die Auswahl der richtigen Exponate sei. „Zu Ihrem Tag der Stadtgeschichte in zwei Jahren würde ich Sie gerne in unseren Vortragssaal einladen“, sagte Dauschek und bat mit einem Augenzwinkern die Teilnehmer, doch die Daumen zu drücken, damit man auch wirklich 2017 eröffnen könne.

Besonders spannende Aufnahmen zeigte Günter Riederer vom Haus des Dokumentarfilms aus den Nachkriegsjahren in Stuttgart. Die tonlosen schwarz-weiß Aufnahmen hätten Verwandte eines US-Soldaten wieder gefunden, die der Amerikaner während seiner Stationierung in der zerstörten Landeshauptstadt gemacht hatte. Obwohl der Kontext der Aufnahmen im Dunkeln bleibe, seien es bedeutende Bilder, so Riederer. Im Film waren unter anderem viele ausgebrannte Häuser zu sehen.