Die Streuobstbestände gehen stark zurück – und mit ihnen die Lebensräume vieler Tiere und Pflanzen. Mit vielen Aktionen in ganz Europa soll die Bedeutung von Streuobstwiesen für die Gesellschaft und für die Tier- und Pflanzenwelt hervorgehoben werden.

Streuobstwiesen prägen die Landschaft im Südwesten. Im Frühjahr verwandeln sie die Wiesen in ein Blütenmeer in Weiß und Rosa. Im Herbst liefern sie knackig frisches Obst in Sorten, die kein Supermarkt vorrätig hat. Streuobstwiesen beheimaten laut dem Naturschutzbund bis zu 5000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Doch sie sind bedroht. Während man 1965 in Baden-Württemberg noch 18 Millionen Obstbäume zählte, waren es laut einer Untersuchung der Universität Hohenheim im Jahr 2019 nur noch 7,1 Millionen Bäume. Mit der einmaligen Landschaft gehen vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen verloren.

 

Der Tag der Streuobstwiese am 29. April, der vor einem Jahr zum ersten Mal europaweit stattfand, richtet das Augenmerk nicht nur auf die Schönheit der blühenden Streuobstwiesen und die regionalen Produkte, die aus den Früchten kreiert werden, sondern soll die Aufmerksamkeit auch auf die Biodiversität und die Bewirtschaftung lenken.

Was ist Streuobst wert?

Früher waren die Streuobstwiesenbesitzer nicht nur daran interessiert, die Wiesen oder Weiden zu nutzen, sondern auch daran, die Früchte der Bäume für die Selbstversorgung oder zum Verkauf zu ernten. Heute lohnt sich der Pflegeaufwand, den eine Streuobstwiese bereitet, für die meisten Bewirtschafter nicht mehr. Sie bekommen meist einen geringen Stundenlohn für ihre harte Arbeit, wie ein bundesweites Monitoring des Vereins Hochstamm Deutschland aus dem vergangenen Jahr zeigt.

Mehr als hundert Streuobstwiesenbesitzer teilten im bundesweit ersten Preisbarometer mit, welche Preise Safthersteller und weitere Abnehmer fürs Mostobst bezahlen. Durchschnittlich erhielten Lieferanten über die gesamte Saison 2021 und deutschlandweit gesehen 9,86 Euro pro 100 Kilogramm für konventionelles Obst und 16,44 pro 100 Kilogramm für Bio-Mostobst.

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Die Bewirtschaftenden erzielen über den Mostobstpreis in der Mehrheit der Fälle nicht einmal den Mindestlohn und eine angemessene Wertschätzung für ihre wertvolle Arbeit, erklärt der Verein Hochstamm Deutschland, der sich für den Erhalt von Streuobstwiesen einsetzt und seinen Sitz in Baden-Württemberg hat. Ein Teilnehmer des Monitorings erzählt: „Bei den aktuellen Preisen kommt man etwa auf einen Stundenlohn von vier Euro, Nebenkosten wie Grundsteuer und Beiträge an die Berufsgenossenschaft und natürlich Benzin und Geräte nicht eingerechnet.“

Saft von heimischen Streuobstwiesen

In Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt erhalten private Stücklebesitzer, die ihr Streuobst abgeben, zum tagesaktuellen Obstpreis von der Stadt noch Geld dazu. Bereits seit mehr als 20 Jahren gibt es den Apfelsaft LE. Dafür kauft die Stadt Leinfelden-Echterdingen das Obst privater Streuobstbesitzer und legt pro 100 Kilogramm Obst fünf Euro als Mehrerlös bezogen auf den Tagespreis der Saftindustrie oben drauf. Auch in Filderstadt gibt es eigenen Saft. Angestoßen vom Umweltschutzreferat wird dort zum Schutz der Streuobstwiesen seit 1996 das heimische Obst in flüssiger Form in diversen Läden verkauft. Jedem Mostobstanlieferer werden pro Doppelzentner vier Euro zuzüglich vergütet. Im vergangenen Jahr wurden etwa 21 000 Kilogramm Äpfel abgegeben und zu Filderstädter Apfelsaft verarbeitet.

Das ist zum Tag der Streuobstwiese auf den Fildern geplant

Zum Tag der Streuobstwiese haben sich die Stadtbibliothek und das Umweltschutzreferat Filderstadt etwas Besonderes ausgedacht: Für Familien mit Kindern kann der Obstlehrpfad Filderstadt Olaf in Bonlanden per Actionbound, einer interaktiven Handy-Rallye, erkundet werden. Der Streuobstlehrpfad befindet sich in Bonlanden zwischen Herrenholz und dem Hofgut Gutenhalde. Dort gibt es Informationen zur Historie des Streuobstanbaus, des Lebensraums Streuobstwiese, der Streuobstprodukte und der besonderen Obstsorten, die es hier zu finden gibt. Der QR-Code zum Actionbound ist von diesem Freitag an auf der städtischen Homepage angegeben. Wer das richtige Lösungswort findet, darf sich als Belohnung eine Kiste Filderstädter Birnensaft als Preis in der Stadtbibliothek abholen.