An der Universität Stuttgart gewähren 120 Institute und Labore beim Tag der Wissenschaft am Samstag einen spannenden Blick in die Zukunft.

Stuttgart - Thomas Ertl macht Unsichtbares sichtbar. Und das auch noch dreidimensional. Die Kollision von zwei Tropfen wird zum farbigen Bild von exotisch aussehenden grün-roten Früchten. Wenn mit dem Laser auf eine Diesel-Einspritzung geschossen wird, ergießt sich eine blaue Fontäne. Und ein Virus mit seinen Molekülen erscheint ganz harmlos als bunter Ball aus blauen und roten Perlen. Wie aus abstrakten Daten Bilder werden, führt der Professor am Visualisierungsinstitut Visus der Universität Stuttgart am Pfaffenwald auf der so genannten Power Wall vor: Eine sechs Mal zwei Meter große Projektionsleinwand mit der höchsten denkbaren Auflösung, hinter der mit zehn Projektoren und 40 Rechnern tatsächlich jede Menge Power steckt.

 

„Die Datenflut wird immer größer und das menschliche Gehirn kann 80 Prozent der visuellen Eindrücke erfassen“, erklärt Ertl den Besuchern. Daher hätten Forscher begonnen, die Vorteile von Bildern in einer eigenen Wissenschaft zu ergründen, denn „ein Bild sagt bekanntlich mehr tausend Worte“. Zum Beispiel bei der Gestalt von Proteinen, die auch der Doktorand Christoph Müller mit seiner computergesteuerten und kabelfreien Brille aus dem Bereich „Augmented Reality“ (erweiterte Realität) sichtbar macht.

Aber die Biologie ist nicht die einzige Wissenschaft, die profitiert. Ertl führt vor, dass man der Struktur von Texten, zum Beispiel der Ilias, durch so genanntes close reading auf die Schliche kommt. Und dann holt er aus dem Google-Earth-Programm per Flugsimulation den Uni-Campus mit einer punktgenauen Landung und allen modellierten und dreidimensionalen Gebäuden auf seinen Bildschirm. „Das können Sie mit jedem Punkt der Erde machen“, versichert er. Zum Beispiel mit Manhattan. Oder dem explodierten Vulkan Mount St. Helens. Bis die Mega-Bildschirme in den heimischen Wohnzimmern allerdings so viele Stückchen spielen, muss Ertl auf die Zukunft vertrösten.

Auch der Kehrwoche hat man sich in der Uni angenommen

Wie bedeutend die Visualisierung auf die Zukunft der Arbeit, Motto des Wissenschaftstages, ist, ist keine Frage. Genau wie das „Eye Tracking“, mit dem das Verhalten des Konsumenten erforscht wird: Wohin geht sein begehrlicher Blick, was will er haben? Und am Touch Tisch, der gerade an Bord der MS Wissenschaft durch Deutschland schippert und im September auch nach Bad Cannstatt kommt, sehe man den Einfluss durch Visual Computing auf unsere Arbeitswelt.

Antonia und Jette wollen unbedingt auf dem Flow Brush, den der Doktorand Kuno Kurzhals vorführt, malen, Levi Dirscherl, neun Jahre alt, guckt virtuell in die Kuppel des Planetariums, und der achtjährige Jürgen Trieselmann ist mit kindlichem Forscherdrang eigens aus Biberach gekommen.

Keine Visualisierung braucht der Schwabe, um den Dreck und die Notwendigkeit der Kehrwoche zu erkennen. Auch dieser Arbeit hat man sich in der Uni angenommen: Beim 25. Konstruktionswettbewerb wurden Kehrmaschinen mit allem Drum und Dran von Fahrwerk, mechanischem Aufbau bis Computersteuerung entwickelt. Unter den elf teilnehmenden Gruppen konnte Professor Wolfgang Schinköthe vom Institut für Feinwerktechnik den Studierenden Miro Hollstein, Stephanie Mrzyglod, Maximilian Ziegler und Benedict Ehrhardt den ersten Preis überreichen.